„Bürgerfreundliche ABS Salzachtal e.V.“
„Ja zum Bahnausbau - Aber nicht so mit uns“ - Verein will Anwohner-Interessen bei ABS38 vertreten
Schon seit zwei Jahren gibt es den „Bürgerfreundliche ABS 38 Salzachtal e.V.“. Die Ausbaustrecke „ABS38“ der Bahn, die auch von Tüßling nach Freilassing über Fridolfing und Kirchanschöring führt, ist ihr zentrales Thema. Sie wollen die Interessen von Anwohnern, was beispielsweise Lärmschutz betrifft, vertreten. Wir haben nun mit ihnen gesprochen, um sie euch vorzustellen.
Fridolfing/Kirchanschöring - „Ja zum Bahnausbau - Aber nicht so mit uns. Wir fordern einen bürgerfreundlichen und nachhaltigen Ausbau“ - ist gleich das erste, das man auf einem großen Banner auf der Website „Bürgerfreundliche ABS 38 Salzachtal e.V.“ zu sehen bekommt. „Unser zentraler Punkt ist: Es ist ein Jahrhundertprojekt. Und das bedeutet auch: Alles was da geplant und letztlich umgesetzt wird, sollte langfristig gedacht sein. Auch und vor allem, was den Schutz der Anwohner vor Lärm, Erschütterungen und weiteren Nachteilen durch den Bahnbetrieb angeht“, betont Vorsitzende Franziska Straßer, „Wir fordern einen zukunftsfähigen Bahnausbau.“
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Ein Video der Bürgerinitiative zu ihren Forderungen:
„Wie alles angefangen hat? Nun, der jetzige Verein wurde im März 2023 gegründet. Aber wir sehen uns als Fortsetzung von Interessensgemeinschaften in unseren beiden Gemeinden, die es schon in den 90er-Jahren gab“, berichtet Straßer, „Leute von damals sind auch jetzt dabei. Da das Thema viele von uns umtreibt, haben wir beschlossen uns zusammenzuschließen und als Verein zu organisieren. So können wir einheitlich mit der Bahn, Vertretern der Gemeinden, Politik und Regierung aber auch den Medien unseren Standpunkt kommunizieren.“ Straßer selbst ist im Marketing tätig. „Viele unserer Mitglieder bringen weitere Kompetenzen und Kenntnisse mit.“
„Bürgerfreundliche ABS 38 Salzachtal e.V.“: „Ja zum Bahnausbau - Aber nicht so mit uns“ - Verein will Anwohner-Interessen bei ABS38 vertreten
„Die Ausbaustrecke München–Mühldorf–Freilassing (ABS 38) ist mehr als eine einfache Baumaßnahme, sie umfasst ein ganzes Bündel aufeinander abgestimmter Teilprojekte, die sich vom Großraum München über den Südosten Bayerns bis zur deutsch-österreichischen Grenzregion erstrecken. Auf einer Länge von 145 Kilometern wird die Strecke durchgehend elektrifiziert und in weiten Teilen zweigleisig ausgebaut. So vielfältig wie die einzelnen Baumaßnahmen, so weitreichend sind die Ziele, die der Ausbau verfolgt“, beschreibt die Deutsche Bahn wiederum in ihrem Webauftritt zur ABS38 das Projekt. Dort findet man auch Angaben zu den geplanten Maßnahmen in den Bereichen Schall- und Erschütterungsschutz sowie zum Umweltschutz – „Aspekte, die bei den Planungen für die ABS 38 für die Anwohnerinnen und Anwohner und damit auch für die Bahn einen besonders hohen Stellenwert besitzen“, wie die Bahn betont. Konkret zum Abschnitt 3.4, der die beiden Gemeinden umfasst, heißt es, dieser solle „zweigleisig ausgebaut und durchgehend elektrifiziert werden. Teil des Abschnitts sind zwei Kommunen (Fridolfing, Kirchanschöring) mit den Haltepunkten Fridolfing sowie Kirchanschöring (km 41,902 und km 46,115) und insgesamt 14 Brückenbauwerken.“
Seit Anfang 2023 gibt es also den Verein. Auf ihrer Website kann man sich ihre Forderungen einsehen. Daneben sind sie auch beispielsweise auf Facebook aktiv. Dort werden immer wieder die zentralen Forderungen der Initiative in Posts erklärt, die Diskussion in den Kommentaren dazu scheint sachlich abzulaufen. „Als einen unserer größten Meilensteine sehen wir, wie weit wir bei der Kommunikation unter uns Betroffenen beziehungsweise auch mit Leuten, die nicht bei uns aktiv sind gekommen sind. Aber auch beim Austausch mit den Bürgermeistern und Behörden und nicht zuletzt der Deutschen Bahn“, berichtet Straßer, „Der Austausch mit der Bahn ist auch sehr konstruktiv, wir und deren Vertreter verstehen einander. Daneben auch noch die Straßenunterführungen der Kreisstraßen in Fridolfing und Kirchanschöring anstatt dem ursprünglich geplanten beschrankten Bahnübergang. Außerdem die geplante Barrierefreiheit bei den beiden Bahnhöfen.“
Planungen sollen langfristig gedacht sein
„Wir haben beispielsweise durchaus Verständnis dafür, dass die Verantwortlichen des Projekts uns gerne bei bestimmten Forderungen entgegenkommen würden. Aber dass es aufgrund der finanziellen Grenzen nicht möglich ist, die ihnen seitens der Bundesregierung gesetzt werden“, so Straßer. Dies sei beispielsweise bei aktuellen Diskussionen um Verbesserungen der Planungen, was den Schall- und Erschütterungsschutz angeht, der Fall, „Unsere bevorzugte Lösung einer Tieferlegung des Gleises wird aktuell als nicht möglich eingeschätzt. Da würden wir dann gerne einmal den künftigen Bundesverkehrs- aber gerne auch gleich den Finanzminister einladen, sich ein Bild vor Ort zu machen.“ Denn hier komme es wieder auf den eingangs genannten Punkt der langfristigen Lösungen zurück. „Ja, eine Schallschutzmauer kann helfen. Aber bei den Planungen dafür sollte man dann auch wieder bedenken, wie sich das auf das Umfeld auswirkt“, gibt Straßer zu bedenken.
„In Kirchanschöring ist man stolz darauf, was mit der Dorferneuerung erreicht wurde. Und dann soll da nun so ein, seiner Natur nach massives, Bauwerk hinein. Das sollte man entsprechend planen, damit es sich in die Umgebung einfügt.“ 2021 war 40-jähriges Jubiläum der Erneuerung gefeiert worden. Heuer wiederum werden es 20 Jahre sein, seit Kirchanschöring 2005 im Bundesentscheid „Unser Dorf soll schöner werden, unser Dorf hat Zukunft“ die Goldmedaille erhielt. Dabei wurden grundlegende und umfassende Maßnahmen für die dörfliche Lebensqualität prämiert. „Das war ein krönender Meilenstein unserer Bemühungen“, betonte Bürgermeister Hans-Jörg Birner (CSU) damals im Gespräch mit unserer Redaktion. Jüngst gab es außerdem im April 2020 eine Auszeichnung als „Kommune der Zukunft“ durch die Universität Göttingen.
Mit Kritik nicht alleine
Der Verein ist mit Kritik am Vorgehen bei der ABS38 bei weitem nicht allein. „Die Städte und Gemeinden entlang der Ausbaustrecke 38 haben sich mehrfach sowohl gemeinsam als auch einzeln an die DB Netz und an die Bundespolitik durch das Bundesverkehrsministerium und Bundestagsabgeordnete gewandt, um hinsichtlich der kommunalen Belange Gehör zu finden. Leider bisher – außer Lippenbekenntnisse - ohne Erfolg. Stattdessen wurden seitens der DB Netz die Planungen einfach nach Richtlinien fortgeführt und die Kommunen unter Druck gesetzt, ihre ‚Verlangen‘ zu äußern“, so Andreas Bratzdrum (CSU), Erster Bürgermeister der Stadt Tittmoning anlässlich eines Dialogforums mit den Anrainergemeinden Mitte des vergangenen Jahres. „Wir sind ja grundsätzlich froh, dass die Bahn den Dialog sucht. Und uns ist auch bewusst: Letztlich ist sie nur Ausführende der Weisungen des Bunds“, betonte auch er.
„Es haben sich durchaus auch schon Leute aus den anderen von der ABS38 betroffenen Landkreisen bei uns gemeldet“, berichtet Straßer, „Wir sind ja schlicht die einzige Interessensvertretung, die es aktuell gibt. Aber wir haben unseren Ursprung hier in Fridolfing und Kirchanschöring und da liegt auch unsere Expertise, was die örtlichen Verhältnisse angeht. Wenn jemand aus den Nachbarlandkreisen bei sich vor Ort aktiv werden will, helfen wir aber gerne, soweit es uns möglich ist.“ Aktuell habe der Verein 178 Mitglieder. „Es werden immer mehr, beispielsweise wird auch Pendlern bewusst, dass das Thema sie angeht.“ Abschließend betont Straßer noch einmal: „Wie gesagt: Wir sind für die Bahn und sehen die Notwendigkeit des Projekts grundsätzlich ein. Aber es muss dabei langfristig geplant und Lösungen geschaffen werden, mit denen wir Anwohner hier gut leben können.“ (hs)