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Rosenheimer Firma bietet neue Art von Marketing

„Da kommen Geschichten heraus,die in keiner Akte stehen“ - Das große Potential von „History Marketing“

Links: Ramona Rösch und Roman Krüger von „Untold History Marketing“ aus Rosenheim. Rechts: Krüger mit „Untold“-Geschäftsführer & Creative Director Peter Döring beim Betrachten von Archivmaterialien der früheren Papierfabrik.
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Links: Ramona Rösch und Roman Krüger von „Untold History Marketing“ aus Rosenheim. Rechts: Krüger mit „Untold“-Geschäftsführer & Creative Director Peter Döring beim Betrachten von Archivmaterialien der früheren Papierfabrik.

Seit April 2024 bietet „UNTOLD“ aus Rosenheim „History Marketing“ - also grob übersetzt „auf Firmengeschichte basiertes Marketing“ an. Wir haben mit zwei Historikern der Agentur darüber gesprochen, wie ihre Arbeit konkret aussieht.

Rosenheim - „Mithin die schönste Aufgabe sind für mich Gespräche mit Zeitzeugen. Da kommen Geschichten heraus, die in keiner Akte stehen“, schwärmt Roman Krüger, „Wir lassen die Zeitzeugen vor allem über sich und ihre Arbeit, und nicht unbedingt in erster Linie über das Unternehmen sprechen. Manche bringen auch Erinnerungsstücke mit, die dann näher erklärt werden: ‚Schauen Sie, in meinem ersten Jahr hier habe ich jeden Monat meinen Arbeitsplatz fotografiert.‘ Ein Techniker bringt Skizzen mit, die er in der Lehre gezeichnet hat. Jemand anderes den ersten Arbeitsvertrag oder ein altes Fotoalbum. Das ist teilweise sehr emotional, aber immer sehr schön.“

Als wir Krüger und seine Kollegin Ramona Rösch treffen, geschieht das auch an einem historischen Ort in Rosenheim. Denn „UNTOLD History Marketing“ ist in der ehemaligen Papierwarenfabrik an der Brückenstraße beheimatet. Einst war dies der Sitz der „Niedermayr Papierwarenfabrik AG“, die 2002 ihre operative Tätigkeit aufgab,wie das Stadtarchiv zu berichten weiß. „Das ehemalige Fabrikgebäude wurde einige Jahre später verkauft. 2010 wurde schließlich mit der Sanierung des Gebäudes begonnen, das als bemerkenswerter Industriebau des frühen 20. Jahrhunderts unter Denkmalschutz steht.“ Hier wurden einst tonnenweise Tüten und Säcke aus Papier gefertigt, unter anderem auch für Zement.

Rosenheimer Agentur bietet neue Art von Marketing: „Da kommen Geschichten heraus, die in keiner Akte stehen“ - Das große Potential von „History Marketing“

„Gleich unser erster Auftrag war, den Bestand der ehemaligen Papierfabrik zu sichten und zu archivieren“, so Krüger. Wir sitzen zu dritt im ehemaligen Chefbüro des Unternehmens, welches nun ein Besprechungsraum ist, umgeben von holzgetäfelten Wänden. „Die Papierfabrik ist im Archivbestand auf einer ganzen Reihe von historischen Fotografien aufgetaucht. Das hat als Historiker natürlich seinen ganz besonderen Charme, wenn man den Ort, um den es geht, auch direkt anschauen und selbst erkunden kann: ‚Ah, hier stand einmal diese Maschine. Dort wurden die fertigen Tüten und Säcke gelagert.‘ Das ist ja nicht immer möglich.“

Nach seinem Studienabschluss in Düsseldorf 2013 war Krüger zunächst für 11 Jahre bei einem „History Marketing“- Unternehmen in Baden-Württemberg beschäftigt. Seit Mai 2024 ist er nun Teamleiter von „UNTOLD“ in Rosenheim. Seine Kollegin Ramona Rösch, Account-Managerin bei „UNTOLD”, machte ihren Abschluss 2015 an der Universität in Stuttgart. Beide waren bei demselben Unternehmen beschäftigt, bevor sie in Rosenheim loslegten. Gemeinsam mit fünf weiteren Unternehmen bildet „UNTOLD” nun eine Agenturgruppe, die unterschiedliche Kompetenzen vereint. „Ich war aus privaten Gründen nach Rosenheim gezogen und der Leistungsbereich History Marketing war die perfekte Ergänzung für das Portfolio der Gruppe rund um die Digitalagentur TWOFOUR, die Filmproduktion BEECH und weitere Spezialagenturen”, erklärt Roman Krüger, “Wir können hier alles aus einer Hand anbieten: Neben der wissenschaftlichen Arbeit im History Marketing, wie zum Beispiel Archivierungen, Gutachten, Zeitzeugeninterviews und Recherchen, setzen wir mit unserem Team auf Wunsch auch Bücher, Filme oder Webseiten um.“

Gibt es dafür eigentlich genug Kunden?

„Man mag sich erstmal fragen: Wie viele Kunden kann es für so ein Angebot hier in einer eher ländlichen Region Bayerns geben?“, meint Ramona Rösch, „Aber man vergisst schnell, was für eine große Zahl an Traditionsunternehmen, teilweise Familienbetriebe mit langjähriger Geschichte, es hier gibt.“ Außerdem würde sich der Kundenstamm von „UNTOLD“ bei weitem nicht auf Unternehmen beschränken, so die Historikerin. Es seien auch Stiftungen, Banken, Sparkassen oder kommunale Betriebe, wie Stadtwerke und Versorger, darunter.

„Der Firmengeschichte wird im klassischen Marketing oft nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt, dabei ist sie so wichtig, um die Glaubwürdigkeit und Authentizität einer Marke zu transportieren. Es gibt viele Vorurteile, dass Geschichte trocken und langweilig sei - vor allem, wenn man an verstaubte Akten und Berichte von Jahresversammlungen denkt.“ Vielmehr aber, betonen beide Historiker, stünde hinter jeder Firma eine lange Kette von bemerkenswerten und spannenden Ereignissen, die ein Unternehmen erst zu dem machen, was es ist und die das Fundament bilden, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Die Geschichte so aufzubereiten, dass sie eine Marke bereichert und formt, sei die eigentliche Kunst des History Marketings.

Manchmal etwas verstaubtes Image von Geschichtsschreibung auffrischen

Man nehme beispielsweise die ehemalige Papierfabrik Niedermayr, wie es das Stadtarchiv beschreibt: Michael Niedermayr aus Hinterhör bei Altenbeuern hatte 1871 die Buchdruckerei und Verlagshandlung des „Rosenheimer Anzeigers“ erworben, einen der Vorgänger des Oberbayerischen Volksblatts. 1892 verlegte er dann Verlag und Druckerei in ein durch ihn neu errichtetes Wohn- und Geschäftshaus an der Promenadestraße, heute Prinzregentenstraße, die Tütenfabrik verblieb jedoch in der Hafnerstraße. Letzterer Geschäftszweig war allerdings so erfolgreich, dass sein Sohn Robert, der das Unternehmen 1907 übernahm, sich zu einem großen Fabrikneubau entschloss. So entstand 1911/12 an der damaligen äußeren Rathausstraße, heute Brückenstraße 1, das imposante Industriegebäude. Aktuell kann man die Arbeit von „UNTOLD“ übrigens auch im OVB sehen: Anlässlich des jüngsten Verlagsjubiläums gestalteten sie eine Serie, in der man nun die ersten Ausgaben der Zeitung, damals noch als „Wochenblatt“ sehen kann.

Unsere Reihe mit Blicken ins Zeitungsarchiv auf der Themenseite:

Alle bisher erschienen Artikel aus der jeden Samstag erscheinenden Reihe „In alten Zeitungsbänden gestöbert“, aber auch diverse zusätzliche Artikel über spektakuläre Kriminalfälle, bekannte Persönlichkeiten der jüngeren Zeitgeschichte sowie andere bedeutende Ereignisse, nacherzählt an Hand von alten Zeitungsartikeln findet Ihr ab sofort auf dieser Themenseite.

Wo sehen Ramona Rösch und Roman Krüger die eigene Firmengeschichte von „UNTOLD” hingehen? „Wir hoffen, dass wir in den nächsten Jahren eine Menge Unternehmen und andere Institutionen und Einrichtungen in der Region unterstützen dürfen, ihre Geschichte spannend aufzubereiten“, meint Krüger. Seine Kollegin Rösch ergänzt: „Und, dass wir mithelfen können, das manchmal etwas verstaubte Image von Geschichte aufzufrischen. Dass wir zeigen können, dass “History Marketing” nicht nur eine einmalige Investition ist, die man für das Jubiläum oder die Festschrift tätigt, sondern dass die aufbereitete Geschichte eine wertvolle Ressource darstellt, die die Identität eines Unternehmens schärfen und die Außenwahrnehmung dauerhaft positiv beeinflussen kann.“ (hs)

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