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Zwischen Lob und Mahnung

„Handfeste Demokratie“: Wie der Haushalt Wasserburgs Stadtrat zusammen rücken lässt

Die Fraktionsvorsitzenden des Wasserburger Stadtrats (im Uhrzeigersinn): Georg Machl, Norbert Buortesch, Friederike Kayser-Büker und Christian Stadler, sowie Bürgermeister Michael Kölbl
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Die Fraktionsvorsitzenden des Wasserburger Stadtrats (im Uhrzeigersinn): Georg Machl (Fraktion CSU/Wasserburger Block), Norbert Buortesch (Fraktion Bürgerformung/Freie Wähler Reitmehring/ÖDP), Friederike Kayser-Büker (Fraktion SPD) und Christian Stadler (Fraktion Grüne), sowie Bürgermeister Michael Kölbl debattierten über den Haushalt.

Die Haushalts-Sitzung des Wasserburger Stadtrats: Traditionell ist sie geprägt von den Reden der Fraktionen. Warum es dieses Jahr trotz Mahnungen und düsterer Aussichten auch viel Lob gab.

Wasserburg – Einmal im Jahr nehmen sich die Fraktionen in Wasserburg Zeit, um ihre Politik und Positionen zu platzieren. Ende Januar, bei der Besprechung des Haushalts im Stadtrat ist es traditionell so weit. 20 Minuten sprechen die Fraktionsvorsitzenden, anschließend folgt eine Debatte, die es auch mal in sich haben kann. Man erinnere sich an vergangenes Jahr, als der damalige Fraktionsvorsitzende der CSU/Wasserburger Block Heike Maas zum Rundumschlag ausholte. Doch während das Jahr 2024 im Wasserburger Stadtrat mit Empörung startete, hätte es heuer kaum friedlicher sein können. Die Fraktionen waren voll des Lobes, gegenüber der neuen Kämmerei, gegenüber den Stadtwerken, gegenüber dem Bürgermeister, aber auch gegenüber der eigenen Arbeit im Stadtrat.

Kämmerei mahnt: dauernde Leitungsfähigkeit gefährdet

Dabei war es gleich am Anfang ein eher düsteres Bild, das neuer Kämmerer Robert Mayerhofer und sein Stellvertreter Marco Binder von 2025, aber vor allem von den folgenden Jahren, zeichneten. Zwar sprachen sie grundsätzlich von einer guten Ausgangslage, mit hohen Rücklagen (17,3 Millionen Euro), niedrigen Schulden (vier Millionen Euro) und ohne nötigen Defizitausgleich an die Stadtwerke. Dennoch konnte die Mindestzuführung an den Vermögenshaushalt bei der Aufstellung nur mit Mühe erreicht werden.

Mayerhofer und Binder sprachen von einer Hiobsbotschaft in Form einer E-Mail, die die Verwaltung am 23. Dezember gegen 17 Uhr erreicht hatte, bei der deutlich wurde, dass sich die Gewerbesteuereinnahmen in 2025 wohl auf nur zwölf Millionen Euro statt auf 14 Millionen Euro belaufen werden. Und das bei nötigen „Hammerausgaben“, wie Binder erklärte.

Darunter das Feuerwehrhaus, der Wertstoffhof, die Kläranlage und die Erweiterung der Grundschule am Gries. „Wir haben theoretisch viele Einnahmen, aber es gibt ein Ausgabenproblem“, meinte auch Mayerhofer. Denn neben den hohen Investitionen kommen auch steigende Personalausgaben und hohe Folgekosten für die Instandhaltung der Gebäude hinzu. So kostet die Sanierung des Parkhauses Überfuhrstraße die Stadt allein 1,5 Millionen. Wie Atlas in der griechischen Mythologie müsse die Stadt viele Pflichtaufgaben schultern und es seien Stärke und Ausdauer gefragt, ansonsten könne die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt nicht erhalten werden. „Wir müssen unseren Akku im Auge behalten, ansonsten sind wir nicht mehr handlungsfähig“, erklärte Mayerhofer auch im Hinblick auf eine drohende Verschuldung von 37 Millionen Euro im Jahr 2029.

Düstere Aussichten – und dennoch war auch die Kämmerei gegenüber dem Stadtrat voll des Lobes und dankte den Gremiumsmitgliedern mehrfach. Konstruktiv habe man zusammengearbeitet, gerade als die Hiobsbotschaft verkündet wurde. Ohne zu zögern sei von Seiten des Gremiums der Rotstift ausgepackt worden und die Streichliste der Ausgaben durchgeführt worden.

Bürgermeister lobt Stadtrat und bezeichnet sich als „Optimist“

Das betonte auch Bürgermeister Michael Kölbl (SPD) in seiner Ansprache. „Sachlich, konzentriert, demokratisch und kompromissfähig“ habe sich das Gremium in diesem Jahr gezeigt, insbesondere angesichts der besonderen Herausforderung, dass sich plötzlich die Gewerbesteuereinnahmen reduziert hätten. In den Vorberatungen habe der Stadtrat selbst Einsparmöglichkeiten von rund einer Million Euro ausgearbeitet. „Das ist nicht selbstverständlich“, erklärte Kölbl, „zeigt aber die Arbeitsfähigkeit und die Annahme der Verantwortung durch den Stadtrat.“

Bürgermeister Michael Kölbl lobte bei seiner Haushaltsrede ausdrücklich den Stadtrat.

Der Bürgermeister betonte nochmals, dass nicht die fehlenden Einnahmen der Stadt Wasserburg zu schaffen machen würden, sondern die Ausgaben. „Die Schere öffnet sich immer mehr“, so der Rathauschef. Dabei handle es sich um ein strukturelles, bundesweites Thema. Dennoch müsse die Stadt in den nächsten Jahren Kostendisziplin walten lassen durch maßvolle Kür bei den freiwilligen Ausgaben, kreativen Lösungen und einer seriösen Abschätzung der Folgekosten von Investitionen. Kölbl betonte aber auch, dass er „von Grund auf Optimist“ sei. Es werde „von alleine“ kommen, dass nicht alle Vorhaben im aktuellen Finanzierungszeitraum umgesetzt werden könnten. „Vor diesem Hintergrund bin ich zuversichtlich, dass die Herausforderungen gemeinsam gemeistert werden können.“

CSU/Wasserburger Block mahnen vor hohen Schulden

Georg Machl, Fraktionsvorsitzender der CSU/Wasserburger Block, mahnte allerdings. Auch er bezog sich auf die „Hiobsbotschaft“ der geringeren Gewerbesteuer im Dezember und sprach vom Auspacken des Rotstiftes, „denn mittlerweile reichen zwölf Millionen Euro Gewerbesteuer neben den sonstigen Einnahmen nicht mehr aus, um den Verwaltungshaushalt auszugleichen und die gesetzliche Mindestzuführung von nur 50.000 Euro zu erwirtschaften.“

Georg Machl, Fraktionsvorsitzender von CSU und Wasserburger Block, mahnte vor zu hohen Schulden.

Er betonte, dass die vergangenen Jahre gezeigt hätten, dass manche Projekte erst später realisierbar seien, weshalb das Ergebnis am Ende des Jahres meist besser sei als im aktuellen Haushaltsplan veranschlagt. „Trotzdem muss sich jeder im Klaren sein, dass die nächsten Jahre sehr schwierig werden“, meinte Machl. Über Stellen wie Klimaschutzmanager oder Stadtmanager müsse deshalb diskutiert werden.

Auch die Folgekosten von Investitionen müssten stets im Blick behalten werden und freiwillige Ausgaben, wie der geplante Calisthenics Park oder die Fahrradverleih-Station, müssten nach dem Motto: „Brauchen wir das wirklich oder ist es nur ‚nice-to-have‘?“, hinterfragt werden. „Unser Ziel muss eine sichere Haushaltsplanung für die Zukunft sein, welche nicht aus dem Prinzip Hoffnung besteht“, so Machl.

Bunte Fraktion spricht von „historischen, turbulenten Zeiten“

Lob an die Verwaltung gab es ebenfalls seitens Norbert Buortesch von der Fraktion Bürgerformung/Freie Wähler Reitmehring/ÖDP. Es sei „bewundernswert“, wie es die neue Kämmerei trotz neuer Besetzung und trotz der Tatsache, dass der erste Entwurf im Dezember „wie ein Kartenhaus“ zusammengefallen sei, geschafft habe, dieses Zahlenwerk aufzustellen. Buortesch sprach von „historischen, turbulenten Zeiten“, in denen es wichtiger denn je sei, Flagge für die Demokratie zu zeigen.

Norbert Buortesch von der Fraktion Bürgerformung/Freie Wähler Reitmehring/ÖDP sprach von „historischen, turbulenten Zeiten“.

Wie jedes Jahr erhalte die Stadt Einnahmen, auch wenn sie in diesem Jahr geringer ausfallen würden, und mit diesen finanziellen Mitteln umzugehen, sei eine große Verantwortung, so der Fraktionsvorsitzende. Auch er sprach von der Notwendigkeit, nachhaltig zu bauen und zu wirtschaften. „Das heißt auch schon bei der Investition Folgekosten für unseren Geldbeutel und unsere Umwelt im Auge zu behalten.“ Doch trotz dieser Mahnung lud Buortesch den Stadtrat in seiner Rede auch in seine Traumvorstellung von Wasserburg ein. Unter anderem mit einem Stadtbus, der besser an weitere Ortsteile, allen voran Attl und Reitmehring Süd, angebunden sei, einem Kulturzentrum am Salzstadel, einem Trainingsplatz für die Fußballer am Badria und vielen Photovoltaik-Anlagen auf den kommunalen Dächern, war seine Vorstellung.

Grüne fordern: Energiekosten senken

Auf Photovoltaik-Anlagen und die Notwendigkeit Energiekosten zu senken, fokussierte sich auch Christian Stadler, Fraktionsvorsitzender der Grünen, in seiner Rede. Jedes Jahr aufs Neue würde sich das Gremium gegenseitig erzählen, dass der Verwaltungshaushalt „viel zu hohe Fixkosten aufweist, was uns bei schwankenden Einnahmen extrem anfällig macht“, kritisierte er. Unter diese würden auch die Energiekosten der öffentlichen Einrichtungen fallen, die zusammengerechnet bei etwa einer Million liegen würden. Ganz sicher also kein „Nice-to-have“, aber bei den richtigen Investitionen auch kein „Must-have“.

Christian Stadler, Fraktionsvorsitzender der Grünen, forderte mehr Photovoltaik-Anlagen, um die Energiekosten zu senken.

Der eingeschlagene Weg, Photovoltaik-Anlagen, priorisiert dort zu errichten, wo sie zum einen technisch einfach, zum anderen ertragreich seien, sei richtig. Doch anschließend sollte sich die Stadt auch ertragreichen Anlagen widmen, die etwas mehr Aufwand erfordern. Denn um Kosten zu senken, werde es bei der Mittelschule beispielsweise nicht ausreichen, sich auf die Mensa zu fokussieren. Zudem sprach Stadler noch einen Dank an die Kämmerei aus, die einen „grundsoliden“ Haushalt geplant habe. „Wir schaffen es bei allen Schwierigkeiten, unsere Pflichtaufgaben zu erfüllen und in zukunftsträchtige Projekte zu investieren“, stellte Stadler fest. Das klinge nach wenig, bedeute aber in den heutigen Zeiten schon sehr viel.

SPD-Fraktion warnt vor möglicher Haushaltssperre

Dank und Lob an die Verwaltung, aber insbesondere an den Stadtrat kam auch von Friederike Kayser-Büker, Fraktionsvorsitzende der SPD. Es seien „sehr konstruktive Vorberatungen“ gewesen, die den Stadtrat angesichts der drohenden Problematik verminderter Gewerbesteuereinnahmen hätten zusammenrücken lassen. „Fast schade, dass diese konstruktive Arbeitsweise über die Parteigrenzen hinweg, für die Bevölkerung durch die nicht-öffentlichen Sitzungen nicht erlebbar war“, meinte Kayser-Büker.

Friederike Kayser-Büker, Fraktionsvorsitzende der SPD im Wasserburger Stadtrat, mahnte vor kommenden harten Jahren.

Denn in Zeiten der politischen Polarisierungen biete der Stadtrat handfestes demokratischen Tun, in dem das Gremium gemeinsam diskutiere und entscheide für das Wohl der Stadt. Mit einem „blauen Auge“ sei die Stadt dieses Jahr davon gekommen, „Es ist gerade noch einmal gut gegangenen und die kommenden, harten Jahre werden nicht durch eine Haushaltssperre in 2025 eingeläutet“, so Kayser-Büker. Das könne sich aber ändern, warnte sie. „Unsere Handlungsspielräume für freiwillige Aufgaben, werden zukünftig sehr eingeschränkt sein“, meinte die Fraktionsvorsitzende, mahnte aber dennoch davor, „zu vorsichtig“ mit den Investitionen umzugehen. Ratshauskonzerte, Badriazzo, all das, das sei „kein Sahnhäubchen“. „Es ist Lebenselixier“, so die Fraktionsvorsitzende.

Nach den Reden wurden der Haushalt einstimmig verabschiedet.

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