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Symbol für die Altenpflege-Krise

Seniorenheim ohne Senioren: Jetzt ist es aus für St. Konrad in Wasserburg – so geht es weiter

Das Seniorenheim St. Konrad: Im Herbst hingen noch die Balkonkästen, mittlerweile sind alle Bewohner ausgezogen. Wie es nun weitergeht, erklären (im Uhrzeigersinn von oben) Heimleiter Franz Bachleitner, Bürgermeister Michael Kölbl, der stellvertretende Abteilungsleiter Heime bei der Caritas, Clemens Kraus, und Wasserburgs Seniorenreferentin Friederike Kayser-Büker.
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Das Seniorenheim St. Konrad: Im Herbst hingen noch die Balkonkästen, mittlerweile sind alle Bewohner ausgezogen. Wie es nun weitergeht, erklären (im Uhrzeigersinn von oben) Heimleiter Franz Bachleitner, Bürgermeister Michael Kölbl, der Bereichsleiter für die Seniorenheime der Caritas, Clemens Kraus, und Wasserburgs Seniorenreferentin Friederike Kayser-Büker.

Das Seniorenheim St. Konrad gibt es nicht mehr: Das sechsstöckige Haus im Wasserburger Stadtteil Burgerfeld steht leer. Ein Einschnitt mit Folgen. Wie es jetzt weitergeht. Und warum der Fall Wasserburg ein Symbol für ein dramatisches Problem ist, das uns alle angeht.

Wasserburg/Edling – Kein Stimmengewirr mehr auf den Stockwerken, keine hin- und her eilenden Pflegekräfte, kein Geschirr-Geklapper beim Mittagessen: Das Seniorenheim St. Konrad steht leer. Die letzten sechs verbliebenen Bewohnerinnen und Bewohner sind ausgezogen. Sie haben laut Trägerin, der Caritas, ein neues Zuhause gefunden: fünf im ebenfalls von der Caritas betriebenen Haus „Sonnengarten in Edling“ und eine Person im Altenheim St. Franziskus in Kolbermoor, teilt Franz Bachleitner, Leiter in St. Konrad, auf Anfrage mit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten ebenfalls gewechselt: Die meisten würden nun am Standort Edling tätig sein, nur wenige seien zu anderen Caritas-Seniorenheimen oder zu einem neuen Arbeitgeber gewechselt, berichtet Bachleitner.

Franz Bachleitner, Leiter des Heims St. Konrad in Wasserburg.

Wasserburger Seniorenheim wird zum 31. Januar abgemeldet

Das Haus in Wasserburg wird nach seinen Angaben zum 31. Januar bei der Heimaufsicht im Landratsamt Rosenheim abgemeldet. Bis dahin sind Bachleitner und drei weitere Mitarbeitende, eine Kraft für Verwaltung und Hauswirtschaft sowie der Hausmeister, vor Ort mit der vollständigen Abwicklung beschäftigt. „Dazu gehört die Räumung des Inventars, das an andere Caritas-Altenheime verteilt wird“, so Bachleitner. Den Erstzugriff auf technische oder mobilare Ausstattungen haben nach seinen Angaben das Haus „Sonnengarten“ in Edling sowie die Altenheime in Haag und Rosenheim. „Was dort nicht benötigt wird, wird über einen Marktplatz im Intranet an alle anderen Altenheime des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising verteilt“, berichtet er.

Steht mittlerweile leer: das Seniorenheim St. Konrad in Wasserburg.

So geht es mit der Immobilie weiter

Was sich viele Wasserburger fragen: Was passiert mit der Immobilie im Burgerfeld? Der Caritasverband ist Eigentümer des Gebäudes, nicht aber des Grundstücks. Für letzteres gebe es einen Erbpachtvertrag mit einer Stiftung, so Bachleitner weiter. Nach der vollständigen „besenreinen“ Räumung kümmere sich die Immobilien-Abteilung weiter um die Angelegenheit. Diese müsse über die Nutzung entscheiden. Damit das Gebäude keinen Schaden nehme, übernehme der Hausmeister weiterhin notwendige Erledigungen wie das regelmäßige Spülen der Wasserleitungen und ein moderates Heizen, so Bachleitner.

Bürgermeister Michael Kölbl.

Ziel: Gespräche mit Stadt, Caritas und Landratsamt

Bürgermeister Michael Kölbl kündigt zur Zukunft des Hauses auf Anfrage an, dass im neuen Jahr zeitnah ein Gespräch zwischen der Caritas, dem Landratsamt und der Stadt Wasserburg stattfinden soll. Was sich die Kommune wünscht, ist bekannt: eine Nutzung als Wohnheim für Schüler oder Studierende, die die Berufs- oder Krankenpflegeschule und die Akademie der Sozialverwaltung besuchen. „Ich hoffe sehr, dass es in diese Richtung gehen wird“, so Kölbl.

Bürgermeister Michael Kölbl: Schließung ein „großer Wermutstropfen“

Doch er bleibt auch dabei: Die Schließung des Seniorenheims St. Konrad sei ein großer Wermutstropfen. Angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft, in der jetzt die Generation „Baby-Boomer“ dem Ruhestand entgegengehen würden, brauche eine Stadt wie Wasserburg mehr stationäre Plätze statt weniger. „Es wird eine Riesenherausforderung, den Pflegebedarf abzudecken, ambulant wie auch stationär“, prophezeit Kölbl. So sieht es auch Seniorenreferentin Friederike Kayser-Büker. Mit der nun vollzogenen Schließung des Seniorenheims St. Konrad breche in Wasserburg eine „große Struktur“ weg. Es werde schwer, die Lücke zu schließen. Im Wasserburger Heim lebten bis zu 80 Senioren.

Sie sind in der Mehrzahl umgezogen nach Edling. Diese Einrichtung hatte im Frühjahr und Sommer dieses Jahres jedoch für Schlagzeilen gesorgt: Die Caritas hatte sich selbst bei der Heimaufsicht angezeigt, weil der Verdacht von „eklatanten Pflegemängeln“ im Raum stand. Grund waren die damaligen großen Personalprobleme. Wurde St. Konrad in Wasserburg dem „Sonnengarten“ in Edling geopfert, um hier die Lage zu stabilisieren? Das war eine zentrale Frage. Fest steht: Der Caritasverband verwies stets darauf, dass eine Sanierung des Heimes in Wasserburg, das noch bis 2031 eine Betriebserlaubnis gehabt hätte, wirtschaftlich nicht darstellbar sei. Deshalb würden die Häuser zusammengelegt: in Edling.

Empfang in Edling: Einrichtungsleiter Michael Klotz begrüßt das Ehepaar Weigel, das aus Wasserburg in den „Sonnengarten“ gewechselt ist.

Leitung im Seniorenheim Edling: Lage „gut und stabil“

Hier bezeichnet Michael Klotz, neuer Leiter dieses Heimes, die Lage auf Anfrage als „gut“ Alle Pflegeplätze seien belegt, die Zahl der Gäste in der wieder eröffneten Tagespflege steige kontinuierlich. „Mit der Ankunft der bis zuletzt in St. Konrad verbliebenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist die personelle Besetzung im Altenheim stabil. Jetzt geht es darum, dass die Mitarbeitenden aus St. Konrad und aus Sonnengarten zu einem guten Team zusammenfinden“, nennt Klotz als weiteres Ziel. 

Clemens Kraus, stellvertretender Geschäftsleiter des Bereichs Altenheime im Caritasverband München und Oberbayern.

Clemens Kraus, stellvertretender Geschäftsleiter des Bereichs Altenheime beim Caritasverband für die Erzdiözese in München und Freising, betont: „In 2025 werden uns die allgegenwärtigen Themen, wie zum Beispiel die Personalknappheit oder die Herausforderungen des Gesundheitswesens in Politik und des Gesetzgebers, weiter begleiten – wir schauen aber auch positiv nach vorne und freuen uns darauf in Edling weiter in der Region Wasserburg präsent und am Werk zu sein und das Haus in eine stabile Zukunft zu führen.“

Friederike Kayser-Büker, Fraktionsvorsitzende der SPD im Wasserburger Stadtrat und Seniorenreferentin.

Seniorenreferentin Kayser-Büker: „Dramatische Situation“

Wasserburgs Seniorenreferentin Kayser-Büker spricht von einer nach wie vor dramatischen Situation rund um die Versorgung betagter Menschen, auch im Wasserburger Raum. Und kritisiert das System: Angesichts der demografischen Entwicklung müsse die Sicherstellung von Pflegeplätzen eine staatliche Aufgabe werde, so wie es schließlich auch bei den Kita-Plätzen sei. Der Staat müsse die Rahmenbedingungen für verlässliche Strukturen stellen, für die Finanzierung müssten dann Wege gefunden werden. Die Expertin des Stadtrates ist überzeugt, dass sich Betreiber von Seniorenheimen professionell aufstellen müssen: mit Konzepten, bei denen auch die Bildung von Rücklagen im Vordergrund stehe. „Es geht nicht, dass Betreiber schnell abschöpfen und dann verkaufen, wir brauchen Einrichtungen mit nachhaltigen Konzepten.“

Dass es auch in Wasserburg zu einer Krise durch den Wegfall eines Heimes kommen könnte, wie es dann im Frühjahr/Sommer 2024 tatsächlich geschehen sei, davor habe sie immer gewarnt. „Und ich bleibe dabei, die Art und Weise, wie die Schließung kommuniziert wurde, ist eines Caritasverbandes nicht würdig“, nimmt sie noch einmal Bezug auf die Kritik aus dem Stadtrat rund um Bekanntwerden der Entscheidung. Kayser-Büker betont, sie sei froh, dass sich die Einrichtung in der Nachbargemeinde Edling stabilisiert habe. Und dankbar darüber, dass das Betreuungszentrum in Wasserburg Senioren von St. Konrad aufgenommen hätte und in der Innstadt sogar zwei Häuser betreibe. „Seniorenheime sind keine Selbstläufer, das hat uns das Beispiel St. Konrad gezeigt.“

  

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