Vorgeschmack auf kommendes Chaos?
„Mir graut‘s“: Warum viele die Auflösung des Bahnübergangs Reitmehring herbeisehnen und fürchten
Zwei Wochen Leidenszeit in Reitmehring sind vorbei: Der Bahnübergang ist wieder offen. War das nur ein Vorgeschmack auf das kommende Chaos – mit zweijähriger Mammut-Baustelle, wenn Brücke und Tunnel auf der B 304 gebaut werden. Droht der Region ein Ausnahmezustand?
Wasserburg – Die meisten Pendler auf der B 304 Richtung München sind erleichtert, auch für viele Reitmehringer stellt die Tatsache, dass die letzte Klage gegen den Plan zur Auflösung des Bahnübergangs abgewiesen worden ist, eine gute Nachricht dar. Schließlich durchschneidet die Anlage den Stadtteil und ist eine ärgerliche Staufalle. Doch das Verkehrschaos rund um die zweiwöchige Sanierung des Bahnübergangs mit Austausch von Gleisen und Weichen, die einherging mit einer Sperre und Umleitung, hat Spuren hinterlassen. Das wurde bei der Bürgerversammlung in der Aula der Grundschule Reitmehring sehr deutlich. Der Saal war voll und das Thema drückte der Veranstaltung sowie den Wortmeldungen den Stempel auf.
Denn viele der 30.000 Fahrzeuge, die den Übergang laut Bahn täglich überqueren, haben die Baustelle nicht großräumig über Haag umfahren, wie es die Umleitungsregelung vorsah, sondern bretterten durch die Antonius-Siedlung oder durch die Seestraße. Es kam laut Anliegern zu „unzumutbaren Zuständen“: 40-Tonner, die durch die Meggle-Siedlung donnerten, Sattelschlepper, die Straßen verstopften und sich festfuhren, um dann auf enger Straße zu rangieren, Pkw, die die Seestraße als Rennstrecke missbrauchten. Vor allem Familien fürchteten um die Sicherheit ihrer Kinder, für viele ist es der Schulweg.
Drohen zwei Jahre Chaos in Reitmehring?
Dass die Sanierung des Bahnübergangs mit Sperrung für zwei Wochen zwar ärgerliche Vorfälle produziert hat, aber für diese kurze Zeitspanne „mal auszuhalten“ war, darin waren sich die betroffenen Reitmehringer mit Dritter Bürgermeisterin Edith Stürmlinger einig. Doch eine große Sorge schwang mit: Wenn der Bahnübergang aufgelöst wird, stattdessen Tunnel, Brücke und Kreisverkehr gebaut werden, drohen dann zwei Jahre Chaos? „Mir graut‘s davor“, brachte Rolf Oehler die Stimmung vieler auf den Punkt.
Bürgermeister Michael Kölbl versicherte: „Zwei Jahre Schleichwege von Lkw und Pkw durch Viehhausen oder die Seestraße: Das geht nicht.“ Die Forderung der Reitmehringer: „Eine gescheite Umleitungsregelung“. Darauf verweist stets auch die Firma Meggle, die genau deswegen vor dem Verwaltungsgerichtshof geklagt hat: Das Unternehmen ist nicht grundsätzlich gegen die Auflösung des Bahnübergangs, sondern fürchtet, dass es während der zweijährigen Bauzeit abgeschnitten wird. Werktäglich fahren laut Kölbl etwa 300 Lkw Meggle an.
Schilder schlecht lesbar und falsch aufgestellt
An einer stringenten Umleitungsregelung mit Reglementierung von Verstößen hat es während der Baustellenzeit in den vergangenen gut zwei Wochen gehapert, berichteten viele Gäste der Versammlung: Die Schilder mit dem Verweis auf die Umleitungen seien schlecht lesbar gewesen, zum Teil falsch aufgestellt worden, es hätten Lkw-Fahrverbots-Hinweise gefehlt. Außerdem bemängelten viele, dass während der Baustellenzeit nicht ausreichend kontrolliert worden sei: etwa zur Frage, ob Tempo 30 in der Antonius-Siedlung eingehalten wurde. Dort gilt zwar diese Geschwindigkeitsbegrenzung, sie darf laut Kölbl jedoch nicht überwacht werden, weil sie zwar von der Stadt gewünscht, aber von den Behörden nur geduldet sei. Der Bürgermeister forderte die betroffenen Anlieger auf, ihre Sorgen und Forderungen niederzuschreiben und an die Verkehrsbehörden wie Landratsamt, Staatliches Bauamt sowie Polizei weiterzuleiten, um den Druck zu erhöhen.
In Viehhausen soll sich die Situation verbessern, wenn die Schranke kommt. Hier ist die Klage gegen die Anlage zurückgezogen worden. Mit der Installation geht auch der Bau eines Fuß- und Radweges einher. Da die Planfeststellung auch hier jetzt rechtskräftig ist, gehe es nun erneut in die Grundstückverhandlungen, so Kölbl. Die Bahn habe das Recht, ein Besitzeinweisungsverfahren einzuläuten, um die notwendigen Flächen für die Schranken sowie Verbreiterung in diesem Bereich für einen Geh- und Radweg zu einem Preis, der nach Gutachtengrößen ermittelt werde, zu erhalten. Wenn dieses Verfahren erfolgreich beendet sei, werde die Stadt ihrerseits in die Grundverhandlungen für die Weiterführung des Geh- und Radweges eintreten, kündigte Kölbl an. Doch all dies dauert noch. Eine Anliegerin forderte deshalb, dass die Stadt in der Übergangszeit das mobile Geschwindigkeitsmessgerät mit Warnfunktion per Blinklichter aufstellt in Viehhausen. Das wurde ihr zugesagt.



