„Zu Boden geschmettert“ – jetzt wieder da
Wie Phönix aus der Asche: Wasserburger Geschäft öffnet nach Großbrand wieder
Der Großbrand an Fronleichnam 2023 hat Nanette Weichmann „zu Boden geschmettert“: Ihr Geschäft am Weberzipfel wurde zerstört. Gut ein Jahr danach ist es wie „Phönix aus der Asche“ wieder auferstanden. Ein Besuch bei der glücklichen Inhaberin.
Wasserburg – Noch etwas eingezwängt zwischen Kran und Gerüsten ist der neue Werkstattladen von Nanette Weichmann. Doch die Schaufenster präsentieren wieder das Porzellan, für das die Töpferin bekannt ist. Auch die Regale sind gut gefüllt. Am Verkaufstresen steht strahlend die Inhaberin: „Ich bin wieder da, endlich!“
Ein ganzes Jahr lang musste sie auf den Moment der Neueröffnung warten – übrigens nicht am Weberzipfel 12, das Haus, in dem der Brand ausbrach, das abgerissen werden musste und derzeit wieder aufgebaut wird, sondern nebenan: Hausnummer 10. Ihre Vermieterin, die Familie Heilmaier, hat Weichmann den neuen Platz für ihren Laden ermöglicht: zu den gleichen guten Konditionen. „Ich bin den Heilmaiers sehr dankbar, dass sie so großzügig und hilfsbereit sind. Sie ermöglichen mir, dass ich mein handgefertigtes Porzellan zu verträglichen Preisen anbieten kann.“
„In den ersten Wochen viel geweint“
Die Neueröffnung setzt für Weichmann das Ende unter eine schwere Zeit. „Ich war verzweifelt, sehr traurig, habe in den ersten Wochen viele Taschentücher benötigt“, erinnert sie sich. Eine Freundin hatte sie an Fronleichnam 2023 frühmorgens angerufen: „Das Haus brennt“, rief sie ihr zu. „Ich bin im Schlafanzug aufs Fahrrad und hingefahren. Dann habe ich stundenlang im Hinterhof ausgeharrt, bis die Flammen gelöscht waren“, erinnert sie sich. Nicht nur das Gebäude am Weberzipfel 12, auch die beiden Nachbarhäuser waren stark beschädigt worden.
Ihren Laden durfte Weichmann zwei Wochen lang nicht betreten, er war aufgrund der Ermittlungen der Kripo versiegelt worden. Dann kam der erlösende Anruf der Polizei: Sie durfte wieder hinein: für eine Stunde. Drinnen bot sich ihr ein Bild des Schreckens: Das Löschwasser hatte Laden und Werkstatt geflutet: Schimmelbefall an den Wänden. „Es hat mir das Herz zerrissen“, berichtet sie. Gemeinsam mit Familienmitgliedern, Freunden und sogar Stammkunden, ausgestattet mit Masken als Schutz gegen die Sporen, räumten sie das Geschäft aus. Kasse, Möbel, Bücher und der Großteil des Porzellan-Sortiments hatten den Löschangriff überlebt. Auch die beiden Brennöfen wurde, wenn auch beschädigt, gerettet.
Gerührt über große Hilfsbereitschaft
Ein Jahr lang wurde alles eingelagert, es begann eine sich endlos ziehende Trocknungsphase, auch im Nachbarhaus, in das sie mit ihrem Porzellangeschäft nun umgezogen ist. Vor wenigen Tagen nun die Neueröffnung: „Bei mir sah es aus wie in einer Gärtnerei, so viele Blumen habe ich bekommen“, berichtet die 55-Jährige glücklich. Gerührt ist sie außerdem nach wie vor über die große Hilfsbereitschaft nach dem Brand, über die vielen tröstenden Gesten und lieben Worte sowie die gute Nachbarschaft. Ein Anwohner war sogar als Lebensretter tätig gewesen.
„Ich bin noch ganz gut davon gekommen“, findet sie angesichts der Tatsache, dass andere Hausbewohner ihr ganzes Hab und Gut verloren haben und obdachlos geworden waren. „Ich war schon zu Boden geschmettert. Da kann man sich vorstellen, wie es denjenigen erging, die im Brandhaus gewohnt haben.“
Weichmann hat die einjährige Zwangspause überstanden, doch ihr fehlte das kreative Tun in der Töpferwerkstatt sehr. „Ein Jahr lang habe ich in meinem Kopf vor mich hin gebrütet. Viele Ideen, die ich dabei entwickelt habe, setze ich jetzt um.“ Jede neue Vase, jedes neue hauchzarte Schälchen, jeder neue Teller helfen, nach vorne zu schauen. „Der Schrecken von damals ist vorbei. Ich bin wieder aufgestanden.“
