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Markus Söder zu Besuch in Rosenheim

Söder will „Kettensäge“ ansetzen: Wo der Ministerpräsident Einschnitte fordert – OVB-Interview

Im exklusiven OVB-Interview in Rosenheim erklärte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, warum die CSU sich so vehement gegen die Grünen ausspricht.
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Im exklusiven OVB-Interview in Rosenheim erklärte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, warum die CSU sich so vehement gegen die Grünen ausspricht.

Die Grünen gehören in die Opposition, mit den Taliban muss man verhandeln und beim Brenner-Nordzulauf braucht es endlich Tempo. In Rosenheim gibt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine klare Richtung vor, wie er sich Deutschlands Zukunft unter Unions-Führung vorstellt. Das OVB-Exklusiv-Interview.

Rosenheim – Bayern als eigener Staat: Dieses Gedankenspiel des bayerischen Ministerpräsidenten bei seiner Rede auf der CSU-Bezirksversammlung im Rosenheimer Ballhaus entlockte vielen Besuchern ein Schmunzeln. So könne man selbst mit den Taliban verhandeln, um für die schnelle Rückführung von abgelehnten und straffällig gewordenen Asylbewerbern aus Afghanistan zu sorgen, macht Markus Söder deutlich. Ein Wunschdenken, welches den Haupt-Streitpunkt im aktuellen Bundestagswahlkampf allerdings sehr deutlich macht. Warum es sich so oft nur noch um Migration dreht, wie er Streits wie bei der Asylunterkunft in Rott verhindern will und wie er zum Brenner-Nordzulauf steht, hat Markus Söder im exklusiven OVB-Interview erklärt.

Markus Söder mit ausschweifendem Bayern-Lob

Herr Ministerpräsident, die Schlagzeile nach der Bezirksversammlung könnte lauten: Markus Söder stellt Gedankenspiele über eine Sezession Bayerns an.

Markus Söder: Bayern ist mit Abstand das stärkste Bundesland. Wir haben von allen Ländern den größten Ausbau Erneuerbarer Energien, die meisten Forschungsinvestitionen, das höchste Bruttoinlandsprodukt, die niedrigste Arbeitslosigkeit, erstklassige Bildungsergebnisse und die niedrigste Kriminalitätsrate. Aber auch wir leiden unter der Rezession in Deutschland und der Benachteiligung durch die Ampel. Das werden wir wieder ändern.

Warum?

Söder: Die Ampel und insbesondere die Grünen haben große Fehler in der Wirtschaftspolitik gemacht. Das hat den Industriestandort Deutschland insgesamt geschwächt – und damit auch Bayern. Deswegen ist bei der Bundestagswahl ein echter Richtungswechsel nötig.

Sind diese bayerischeen Stärken jemals so auf die Probe gestellt worden wie zurzeit?

Söder: Es ist schon sehr ernst. Noch nie hatten wir in der Bundesrepublik eine Rezession drei Jahre in Folge. Dazu kommen wachsende Insolvenzquoten, steigende Arbeitslosigkeit und eine Deindustrialisierung gerade in der Autoindustrie. Auch die internationale Handelspolitik wird härter und der Druck aus den USA steigt. Unser Wohlstandsmodell wird auf die Probe gestellt – und wenn der Wohlstand wackelt, wackelt die Demokratie. Deshalb muss sich etwas ändern. Dazu gehören mehr Investitionen in Technologie und Wissenschaft, das Senken von Unternehmenssteuern und der Erbschaftsteuer sowie der Mehrwertsteuer in der Gastro und der Abbau der Bürokratie. Unsere Wirtschaft muss neu durchstarten. Dazu braucht es insbesondere ein klares Bekenntnis zu Familienunternehmen und Mittelstand.

Dass sich das Klima verschärft, ist nicht zu übersehen.

Söder: Insbesondere die zunehmende Überforderung durch die Migration bedroht den inneren Zusammenhalt und Frieden im Land. Auch da braucht es einen grundlegenden Richtungswechsel: Wir müssen die Migration begrenzen und Straftäter konsequent abschieben – und damit unsere Kommunen wieder entlasten.

Söder: „‚Wir schaffen das‘ hat nicht funktioniert“

Bei aller Bestürzung über den Anschlag in München: Ist es bei solchen Problemen angemessen, dass sich der ganze Wahlkampf gerade nur noch um Migration zu drehen scheint?

Söder: Wir adressieren alle großen Themen und kümmern uns um die drängendsten Sorgen, gerade auch in der Wirtschaft und Verteidigungspolitik. Aber die schrecklichen Anschläge wie zuletzt in München und Aschaffenburg zerreißen einem das Herz. Der Staat muss wieder mehr auf Recht und Ordnung setzen. Inzwischen gibt es eine lange Serie an Gewalttaten: Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg und München. So kann es nicht weitergehen. Wir spüren eine wachsende Kriminalität. Viele Menschen fühlen sich im eigenen Land nicht mehr sicher. Der Satz „Wir schaffen das“ hat nicht funktioniert. Er muss jetzt heißen: „Wir ändern das“. Und zwar rasch und konsequent. Wir brauchen ein Ende der illegalen Migration und die konsequente Abschiebung von Straftätern auch nach Syrien und Afghanistan. Die Migration überfordert uns zudem logistisch und finanziell. Viele Gemeinden, auch im Landkreis Rosenheim, klagen zurecht über hohe Belastungen.

Was sagt Ihnen denn zum Beispiel Landrat Lederer über diesen Streit? Etwa über die Unterkunft in Rott?

Söder: In Bayern gibt es diese Diskussionen an vielen Orten. Ich verstehe sie sehr gut. Es zeigt den Kern des Problems: Es ist einfach zu viel. Als Freistaat unterstützen wir die Kommunen so gut wie möglich und tragen beinahe alle Kosten. Zudem planen wir ein neues Ankerzentrum in München, um die ländlichen Räume zu entlasten. Die Kosten für Migration betragen inzwischen in Deutschland aber fast 50 Milliarden Euro pro Jahr – das ist ungefähr so viel wie der Verteidigungsetat. Die Zahlen müssen insgesamt runter.

Sie haben kürzlich den Fünf-Punkte-Plan mit mehr Befugnissen für die Sicherheitsbehörden vorgestellt. Hätte der den Anschlag in München verhindern können? Der Täter war nicht illegal da, er hat gearbeitet, ist nicht auffällig gewesen.

Söder: Allein in Bayern sind fast 2000 Personen aus Afghanistan ausreisepflichtig, knapp 200 sind schwere Straftäter. Sie alle müssen unser Land verlassen. Die Bundesregierung muss dafür umgehend Verhandlungen mit den Taliban aufnehmen. In Österreich geht das – warum nicht auch bei uns? Es braucht wöchentliche Abschiebeflüge, und zwar ohne 1000 Euro Abschiebegeld. Zudem brauchen unsere Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse. Dazu gehören Vorratsdatenspeicherung, biometrische Abgleiche und eine stärkere Kontrolle von Internetseiten. Deutschland muss bei Sicherheit und Geheimdiensten zulegen, auch um die Abhängigkeit von den USA zu reduzieren. 

Gravierende Eingriffe.

Söder: Ein Schutz für das eigene Land und unsere Sicherheit! Das sind wir unserer Bevölkerung schuldig.

Markus Söder: Dem BKA fehlt der Werkzeugkasten

Brauchen wir sowas wie ein FBI?

Söder: Wir haben das BKA – aber dem fehlt der Werkzeugkasten. Leider haben die Grünen hier notwendige Fortschritte blockiert. In Deutschland gibt es viele Sicherheitskameras auf Marktplätzen und an Bahnhöfen – aber die Daten können kaum abgeglichen werden. Die Grünen haben in der Ampel durchgesetzt, dass der BKA-Präsident über jeden Einzelfall persönlich entscheiden muss. Völlig absurd! Damit blockieren wir uns selbst.

Die Grünen haben Sie schon sehr ins Herz geschlossen.

Söder: Es geht nicht um Sympathie, sondern um Fakten. Robert Habeck hat eine inkompetente Wirtschaftspolitik gemacht. Die Energiepreise sind gestiegen, teure Milliarden-Subventionen für einzelne Unternehmen waren Flops, der Automobilmarkt wurde durch die Streichung der E-Prämie in den Grundfesten erschüttert und Mittelstand und Handwerk wurden stark belastet. Im Bereich Migration haben die Grünen nach der schrecklichen Gewalttat in Aschaffenburg sogar eine Ausweitung der Migration beschlossen. Bei Initiativen für mehr Sicherheit haben die Grünen dagegen immer ein Veto eingelegt. All das macht deutlich, dass ein Richtungswechsel mit den Grünen nicht möglich ist. Die Grünen gehören in die Opposition statt auf die Regierungsbank.

Nach seiner Rede im Rosenheimer Ballhaus erntete Markus Söder Standing Ovations.

Was den Spielraum für Koalitionsverhandlungen einschränkt.

Söder: Ein Votum für Grün könnte viele Wähler zur AfD treiben. Auch im Bundesrat gäbe es mit Grün keine klaren Mehrheiten. Und: Die Mehrzahl der Deutschen plädiert gegen Schwarz-Grün. Deshalb sagen wir als CSU klar Nein zu den Grünen.

Hier gibt es auch viele Mittelständler, die jetzt auf die Entwicklungen in der Weltpolitik und Weltwirtschaft mit großen Sorgen schauen. Die Amerikaner setzen uns unter Druck. Wie können wir die EU stärker machen, damit sie eine Antwort geben kann?

Söder: Zunächst muss Deutschland wieder leistungsfähiger werden, um in Europa ernst genommen zu werden. Derzeit sind wir weitgehend isoliert. Deutschland kann mehr – aber das geht nur mit einer starken Wirtschaft. Dazu braucht es erstens günstige Energie mit niedrigeren Stromsteuern und einer Renaissance der Kernenergie. Anders werden wir den steigenden Energiebedarf durch Digitalisierung, KI und E-Mobilität nicht decken. Zweitens brauchen wir Steuersenkungen in der Breite: Unternehmenssteuern, Gastronomiesteuer, Belastungen der Landwirtschaft und Erbschaftsteuer müssen runter. Gerade für eine Region wie Oberbayern ist die Erbschaftsteuer in der jetzigen Form ein großer Nachteil, weil die Steuern aufgrund des hohen Zuzugs immer wieder steigen. Eine erfolgreiche Region darf doch für ihre Leistung nicht noch bestraft werden. Und drittens müssen wir die Bürokratie fundamental kappen. In Bayern sind wir auf einem guten Weg, das braucht es jetzt auch für den Bund. An der ein oder anderen Stelle müsste durchaus die Kettensäge ran.

Iron Dome für Deutschland? Ministerpräsident mit klaren Forderungen

Wo Sie die Kettensäge nicht anlegen wollen, ist die Bundeswehr. Im Gegenteil, aufstocken und aufrüsten heißt die Devise, so wie es CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn gerade in Rosenheim gesagt hat. Wie wollen wir das bezahlen?

Söder: Wir müssen unsere Schwerpunkte anders setzen. Die Ausgaben für Migration, das unsägliche Heizgesetz und das Bürgergeld belaufen sich aktuell auf bis zu 130 Milliarden Euro pro Jahr. Da können wir massiv rangehen. Da schafft stufenweise Spielraum für andere Bereiche. Wir brauchen in der Tat eine Vollausstattung der Bundeswehr mit zusätzlich 300 Kampfpanzern und 500 Schützenpanzern, einer Drohnen-Armee mit 100.000 Drohnen, 2000 Patriots und 1000 neue Taurus nur für die Bundeswehr. Wir brauchen einen wirksamen Raketenschutz, wie ihn Israel hat.

Also einen Iron Dome?

Söder: Genau in so einer Art. Deshalb sollten die Taurus auch unserem eigenen Schutz dienen. Gleichzeitig braucht die Bundeswehr mehr Personal und eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Wir sollten wieder auf bis zu 500.000 einsatzfähige Soldaten und Reservisten kommen, um unsere Landes- und Nato-Grenzen schützen zu können.

Söder zum Brenner-Nordzulauf: „Müssen ihn uns leisten“

Das wird teuer. So wie unser Rosenheimer Großprojekt: der Brenner-Nordzulauf. Werden wir uns den überhaupt noch leisten können?

Söder: Wir müssen ihn uns leisten, sonst droht ein Verkehrsinfarkt. Die Verkehrssituation in der Region wird sich nur verbessern, wenn wir mehr Tempo machen und beim Bau zu Österreich aufschließen. Dabei soll mit Rücksicht auf die Bevölkerung so viel wie möglich unterirdisch gebaut werden. Der Flächenbedarf der möglichen Neubaustrecke muss aufgrund der Flächenknappheit und der kleinstrukturierten Landwirtschaft in der Region unbedingt weiter minimiert werden. Stadt und Landkreis Rosenheim haben da klare Forderungen an den Bundestag gerichtet. Da sind wir mit der vorliegenden Planung noch nicht zufrieden. Aber ohne den Ausbau der Schiene wird es nicht möglich sein, bei der Infrastruktur stark zu bleiben.

Was hören Sie denn eigentlich von den Italienern und von den Österreichern?

Söder: Mehr Tempo fänden alle gut.

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