Neue Heimat an Oberer Breitensteinstraße
Nach Streit um Flüchtlingsunterkunft in Kolbermoor: Erste Bewohner mit Verspätung eingezogen
Mit einmonatiger Verspätung sind die ersten beiden Familien in die neue Flüchtlingsunterkunft an der Oberen Breitensteinstraße in Kolbermoor eingezogen. Wer die Neu-Kolbermoorer sind – und welchen Besuch sie bereits empfangen haben.
Kolbermoor – Monatelang wurde gestritten, teilweise sogar auf der Straße protestiert: Nun sind die ersten Bewohner in die neue Kolbermoorer Flüchtlingsunterkunft an der Oberen Breitensteinstraße eingezogen. Zunächst haben im ehemaligen Seniorenheim „Haus Mangfall“ zwei Familien eine neue Heimat gefunden, weitere sollen folgen. Nach früheren Angaben des Landratsamtes Rosenheim könnten dort 80 Menschen beherbergt werden, gerechnet werde aber eher mit „einer Regelbelegung von 50 bis 65 Personen“.
Es war einer der großen Aufreger der vergangenen Monate in der Stadt an der Mangfall: Nachdem die Bewohner des Seniorenheims „Haus Mangfall“ an der Oberen Breitensteinstraße im Frühjahr in neue Räumlichkeiten am Conradtypark gezogen waren, hatte der Inhaber des Gebäudes die Umnutzung vom Altenheim zur Flüchtlingsunterkunft beantragt. Was der Bauausschuss der Stadt in seiner Mai-Sitzung jedoch abgelehnt hatte und als Begründung die Stellplatzsatzung ins Feld führte, die mit der neuen Nutzung nicht vereinbar sei.
Stadt legt falsche Stellplatzsatzung zugrunde
Eine Entscheidung, die das Landratsamt Rosenheim wenig später kassierte: Denn die Stadt hatte nach Ansicht der Aufsichtsbehörde bei seiner Entscheidung eine falsche Stellplatzsatzung zugrunde gelegt. So erklärte das Landratsamt Mitte Juni die Ablehnung der Nutzungsänderung durch den Bauausschuss als unzulässig und stellte damit die Weichen für die Nutzung des Komplexes als Unterkunft für Flüchtlinge.
Eine Entscheidung, die wiederum einige Anwohner sowie AfD-Vertreter in Rage brachte. So bezeichnete Andreas Winhart, AfD-Landtagsabgeordneter aus Bad Aibling, die Entwicklungen an der Oberen Breitensteinstraße als „Polit-Posse“ und brandmarkte Kolbermoors Bürgermeister Peter Kloo (SPD) als „Bürgerverräter“, weil sich der Rathauschef „ohne Not klar gegen die Interessen seiner eigenen Bürger im betroffenen Ortsteil“ stelle. Die Auseinandersetzung rund um die geplante Flüchtlingsunterkunft gipfelte schließlich Ende Juni in einer AfD-Kundgebung unter dem Titel „Bürgerwillen respektieren – Bürger informieren!“, der sich wiederum eine Gegendemo antifaschistischer Gruppierungen entgegenstellte.
Bürgermeister Peter Kloo: „Da wird es keine Probleme geben.“
Mittlerweile hat sich die aufgeheizte Stimmung in Kolbermoor wieder merklich abgekühlt, wie Bürgermeister Peter Kloo gegenüber dem OVB betont. „Seit der Kundgebung ist es rund um dieses Thema ruhig geworden“, sagt der Rathauschef, der glaubt: „Letztlich ist das Ganze ja auch nur von ein paar Schreihälsen aufgebauscht worden.“ Der Einzug der ersten Flüchtlinge sei nach seinen Informationen „absolut problemlos verlaufen“. Auch in Hinblick auf weitere Zuzügler ins ehemalige „Haus Mangfall“ ist sich der Bürgermeister sicher: „Da wird es keine Probleme geben.“
Aktuell sind dort nach Angaben des Landratsamtes Rosenheim zwei Familien untergebracht, die am Donnerstag, 10. August, eingezogen waren. Eigentlich sollten die ersten Bewohner dort bereits Mitte Juli ein neues Zuhause finden. Dieser Termin sei aufgrund mehrerer Faktoren wie beispielsweise Hürden beim Umzug oder ausstehenden Handwerkerarbeiten nicht haltbar gewesen. „Wann weitere Flüchtlinge dort unterkommen können, hängt von den Handwerkern ab“, stellt Michael Fischer, Sprecher des Landratsamtes, klar.
Bei den aktuellen Bewohnern handelt es sich nach Angaben der Behörde um zwei Familien – eine dreiköpfige Familie mit afghanischem und ukrainischem Hintergrund sowie eine vierköpfige Familie aus Nigeria. Vor allem für die Familienväter ergibt sich durch den Umzug nach Kolbermoor ein Standortvorteil, arbeiten doch beide laut Landratsamt in einem festen Anstellungsverhältnis innerhalb des Stadtgebiets.
Familien empfangen ihre ersten Besucher
Mittlerweile haben beide Familien auch die ersten Besucher empfangen – und zwar unter anderem Mitglieder des Helferkreises. Susanne Weber, bei der Diakonie für Flüchtlings- und Integrationsberatung zuständig, hat die Familien bereits zwei Mal besucht, um ihnen unter die Arme zu greifen. „Wir versuchen, den Menschen das Ankommen zu erleichtern“, umschreibt sie ihre Hilfeleistung. So habe sie eine der beiden Familien, die Kinder im Kindergartenalter hat, beispielsweise bei der Anmeldung für eine Betreuungseinrichtung geholfen. Wobei Weber betont, dass diese Familien nicht bevorzugt würden, sondern ihnen beispielsweise „beim Ausfüllen von Formularen“ unter die Arme gegriffen werde.
Zudem würden die Neu-Kolbermoorer bei den Besuchen auch über ihre Pflichten aufgeklärt, wie Weber berichtet. „Ein großes Thema ist da der Bereich Müllentsorgung und Mülltrennung“, verrät die Diakonie-Mitarbeiterin. „Aber auch über das Thema Lärm wird gesprochen.“ Dass durch die neuen Nachbarn innerhalb der Siedlung Unruhe entstehen könnte, glaubt Weber indes nicht. Die beiden Familien seien jedenfalls sehr dankbar ob der neuen Bleibe: „Ich habe das Gefühl, dass sie sehr froh sind, jetzt dort untergekommen zu sein.“