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Frauenpower in der Auffangstation

Ausgesetzt in der Region Rosenheim: Wo Boa, Gecko und Waschbär eine neue Heimat finden

Uschi Ackermann (links), Witwe von Feinkost-Papst Gerd Käfer und engagierte Tierschützerin, begleitete die Wasserburger Bestseller-Autorin und Schauspielerin Marie Theres Relin (Mitte) zur Auffangstation für Reptilien. Hier arbeitet Jen Vogl, der ein Boa-Weibchen herbeischleppte.
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Uschi Ackermann (links), Witwe von Feinkost-Papst Gerd Käfer und engagierte Tierschützerin, begleitete die Wasserburger Bestseller-Autorin und Schauspielerin Marie Theres Relin (Mitte) zur Auffangstation für Reptilien. Hier arbeitet Jennifer Vogl, die ein Boa-Weibchen herbeischleppte.

Eine Python machte in diesem Sommer Übersee unsicher: Exotische Reptilien sorgen auch in der Region Rosenheim regelmäßig für Aufregung. Die Wasserburger Bestseller-Autorin Marie Theres Relin weiß, wo die Tiere unterkommen: bei ihrer Freundin Jennifer Vogel von der Reptilienauffangstation in München. Zu Besuch bei Boa und Gecko mit der Tochter von Maria Schell.

Wasserburg/München – Wasserburgs Bestseller-Autorin Marie Theres Relin (“Szenen keiner Ehe“) liebt Tiere, doch bei ihrem Besuch in der Auffangstation für Reptilien in München gab es nicht nur süße Tierbabys und eine riesige Boa zu streicheln, sondern auch viel Wissen – über tierische Frauenpower. Ihr Bericht:

Der Jungferngecko.

„Ich zäume jetzt mal das Pferd von hinten auf, obwohl es hier um ganz andere Vierbeiner geht: Der Jungferngecko zum Beispiel braucht kein männliches Pendant, geschweige denn den Heiligen Geist, um sich fortzupflanzen. Lepidodactylus lugubris, so ihr wissenschaftlicher Name, sind hauptsächlich weibliche Tiere, die sich klonen können. Sie legen Eier und nach circa 30 Tagen schlüpfen die Jungen. Die Parthenogenese ist eine weibliche Revolution, die im Patriarchat stillschweigend nicht weiter erforscht wird. Verständlich, man stelle ich mal vor, wir Frauen könnten uns klonen – und tschüss, Schatz!“

Eine Boa.

Das Komodowaran-Weibchen hingegen kann notgedrungen – hat es eben keinen Mann zur Hand – trotzdem Eier legen. Allerdings schlüpfen dann nur männliche Nachkommen. Das andere Geschlecht klonen, was die Natur sich alles einfallen lässt!

Und die weibliche Boa ist selbstbestimmt und entscheidet, wann sie ihren Nachwuchs gebären möchte. Sind die Eier bei der Paarung noch nicht produziert, kann das Boa-Weibchen sogar das Sperma – wie auf einer Samenbank – bis zu zwei Jahre einlagern. So kann es passieren, dass ein Schlangenliebhaber völlig überfordert ist, weil plötzlich ganz viele Baby-Boa-Schlangen gleichzeitig das Licht der Welt erblicken und das, obwohl Boa-Mama und Boa-Papa seit Jahren getrennt voneinander in unterschiedlichen Terrarien leben. Da ist guter Rat teuer.

Eine Schlange mit bis zu 60 Babys

„Wissen schützt Tiere“, weiß Jennifer Vogl (31), Presselady der Reptilienauffangstation in München. Sie kann ihre Kenntnis derart gut vermitteln, dass sogar ich alles verstehe und nun die errungenen Weisheiten großzügig wie Butter aufs Brot schmiere. „Hier ist noch wichtig zu erwähnen“, erklärt Jen, „dass die Abgottschlange ovovivipar ist. Das bedeutet, die Eier werden bereits im Mutterleib ausgebrütet und man hat im schlimmsten Fall bis zu 60 Babys, die dann plötzlich da sind. Bei Arten, die Eier legen, hätte man zumindest die Chance, diese frühzeitig und vor der wirklichen Entstehung der Jungtiere zu entsorgen.“

Eine dreibeinige Bartagame namens Ernie.

Jennifer lud mich zu einer Führung in die Reptilienauffangstation ein. „Eine Wissensbegierige kommt selten allein“, dachte ich mir und nahm Tierschützerin Uschi Ackermann (75) mit, die Witwe von Feinkost-Papst Gerd Käfer, die mit ihrem Mops Sir Henry in den Medien Schlagzeilen machte. Auch für sie war es der erste Besuch im Exotenhaus. Jen, die nicht nur ein Händchen für Tiere hat und sich daheim um eine Königspython mit neurologischer Störung und eine dreibeinige Bartagame namens Ernie kümmert, hat zudem auch ein Gespür für Menschen. „Erst gibt’s mal was Niedliches für den Einstieg“, lacht sie charmant und bringt uns zu einem Waschbären, der von seiner ehemaligen Besitzerin zum Kuscheltier gefüttert wurde. Rund wie eine Kugel ist er derart behäbig, dass er nicht mehr klettern kann. Mit putzigen, menschenähnlichen Pfötchen lässt er sich mit Weintrauben füttern.

Ein Albino-Waschbär.

„Waschbären wurden als invasive Tierart eingestuft und dürfen nicht ausgewildert werden. So müssen wir Plätze finden, wie in Wildparks“, erklärt Jen und bringt uns zu fünf Albino-Waschbären, die uns ganz nah begutachten, so als seien wir hinter Gittern. „Diese Tiere sind bei starkem Sonnenschein quasi blind. Sie sind extrem lichtempfindlich. Und sehr schwer zu vermitteln.“ Aber süß sind sie! Der Einstieg in die Tierwelt, ein Volltreffer.

Winzige Geckos und gigantische Boas

Nach diesem herzergreifenden Erlebnis sind wir bereit für die Reptilien. „Hier ist der Jungferngecko“, sagt Jen „Die Besitzerin wusste nicht von der jungfräulichen Vermehrung und hatte dann plötzlich vierzig Stück davon – nun sind nun bei uns.“ Winzige Tiere mit großen Glupschaugen und niedlichen Haftpfoten. Nun kommt Joni mit einer gigantischen Boa ums Eck, er arbeitet im Rahmen eines FÖJ in der Station. Selbst zu dritt ist es nicht einfach, die gigantische Boa zu halten, ich komme mir ziemlich tollpatschig vor. Und nachdem ich jetzt weiß, dass bei der Boa „my body, my choice“ gilt, habe ich noch mehr Respekt. Joni holt zum Vergleich eine männliche Boa aus dem Gehege. Ein mickriges Männchen liegt in meinen Armen, da kommen schon fast Muttergefühle auf.

Weiter geht’s zur Auffangstation in der Innenstadt. Schlangen, Schildkröten, Spinnen, Geckos, Chamäleons, ja auch zwei Krokodile müssen hier umsorgt werden. Alles Tiere, die nicht artgerecht gehalten, überzüchtet oder eingeschleppt wurden oder deren Besitzer verstorben sind. Eine sympathische junge Crew aus teilweise auch ehrenamtlichen Mitarbeitern sorgt für das Wohlergehen und die medizinische Versorgung der Tiere. Das kostet. Ein großer Neubau will finanziert werden, aber auch einige Operationen stehen an und die dreibeinige Schildkröte braucht eine Prothese zur Fortbewegung. 

Mit Spinne und Schlange ins Klassenzimmer

In Kooperation mit der Akademie für Zoo- und Wildtierschutz touren Jen und ihre Kollegen demnächst für ein Schulprojekt einmal im Monat mit Spinne und Schlange durch die Klassenzimmer. Die Aufklärungsarbeit und Nähe zum Tier sollen Vorurteile und Ängste abbauen. Vielleicht auch mal in Wasserburg? Ich bin begeistert und geplättet. Frauenpower auf der Auffangstation, was habe ich alles gelernt! Wissen schützt Tiere!“

Führungen können gebucht, Tierpatenschaften übernommen werden: Infos zur Auffangstation für Reptilien, München e.V., gibt es unter www.reptilienauffangstation.de.

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