Hochwasser in der Region vor 125 und 70 Jahren
„Ein Hilfeschrei ertönt aus zahllosen Orten unseres schönen Kreises Oberbayern!“
Gerade erst hat den Landkreis Rosenheim eine schlimme Hochwasserkatastrophe heimgesucht. Aber auch vor 125 und 70 Jahren blieb die Region jeweils nicht von solchen Verheerungen verschont, wie ein Blick ins Zeitungsarchiv zeigt.
Rosenheim - „Ein Hilfeschrei ertönt aus zahllosen Orten unseres schönen Kreises Oberbayern und wir säumen nicht, diesen herzbewegenden Jammerschrei überallhin zu rufen, wo unsere Leser wohnen. Hab und Gut von vielen Tausenden armer, schwer um ihre Existenz ringender Leute in Dörfern und Städten ist vernichtet, beschädigt und bedroht. Flüsse und Bäche wurden zu reißenden Strömen, die durch alle Thäler des bayerischen Alpenvorlandes mit brausenden Wogen Vernichtung und Verderben trugen. Es gibt kein Maß, mit dem die Größe des Unglücks gemessen werden könnte. Von allen unseren Landsleuten, die heute leben, erinnert sich keiner eines so furchtbaren Schicksalsschlages“, schreibt der „Rosenheimer Anzeiger“ am 17. September 1899.
„Einen traurigen Anblick bietet das sonst so idyllische Salzachthal, Infolge des andauernden Regens schwollen die Wassermassen der Salzach derartig an, daß sie ein e n Wasserstand erreichte, wie es, soweit Aufzeichnungen vorliegen, seit Jahrhunderten nicht mehr der Fall war“, berichtet wiederum der „Wendelstein“ aus Tittmoning. „Die Katastrophe kam über Nacht. Vom 14. auf den 15. September 1899 gingen in ganz Oberbayern Unwetter mit heftigen Regenfällen nieder. Neuschnee auf den Bergen tat ein übriges und ließ Flüsse und Seen über die Ufer treten“, berichtet das Stadtarchiv in einem Beitrag zur Flut in jenem Jahr, „
Hochwasser in der Region vor 125 und 70 Jahren: „Ein Hilfeschrei ertönt aus zahllosen Orten unseres schönen Kreises Oberbayern!“
„Mehrere Personen ertranken in den Fluten an der Aisinger Landstraße. Der gesamte Eisenbahnverkehr von und nach Rosenheim war wegen einstürzender Bahnbrücken und überspülter Gleise lahmgelegt. Erst im Laufe des 15. September beruhigte sich die Wetterlage etwas. Über Notstege oder mit Booten konnten die Rosenheimer ihre Häuser erreichen und mit den anstehenden Aufräumarbeiten beginnen.“. Ein dramatisches Unglück ereignete sich nahe Mühldorf am Inn: „Die Fluthbrücke der Isen nächst Frixing war von den andrängenden Wassermassen so zugerichtet, daß die Belastung eines Eisenbahntrains dieselbe nicht mehr zu tragen vermochte“, schreibt der „Anzeiger“.
„Nachdem der Güterzug von Neumarkt kommend die Brücke passierte, wurde mit großer Verspätung der Personenzug nach Neumarkt, der fahrplanmäßig um 11 Uhr 10 Min. Nachts abgehen sollte. Nachts 1 ein Viertel Uhr abgelassen, mit wenigen Passagieren besetzt, der aber seine unglückselige Fahrt an der sonst nicht beachteten Stelle enden mußte. Sofort nach Bekanntwerden des großen Unglückes wurde von Seite der Bahnverwaltung Mühldorf Alles aufgeboten und sofort ein eigener Train mit Requisiten abgeschickt. Ein weiterer Hilfszug wurde von Seite der kgl. Bahnverwaltung der freiw. Feuerwehr gestellt, welchen Herr Bezirksamtmann Loritz und Herr Dr. Ferchl nebst den Herren der Bahn bestiegen.“
Hochwasser 1954: Bewährungsprobe für den Bundesgrenzschutz und Weingeschenk aus Italien
Eine bayernweite Hochwasserkatastrophe ereignte sich auch im Jahr 1954. Die zuvor noch misstrauisch empfangene neue Garnison des Bundesgrenzschutzes in Rosenheim gewann die Herzen der Menschen durch ihre Hilfe bei der Bewältigung der Katastrophe: „Unser Einsatzkommando ist praktisch fünf Tage nicht aus den Klamotten gekommen“, zitiert das Oberbayerische Volksblatt einen Offizier der Einheit am 13. Juli. „Viel Schweiß kostete für die Grenzjäger die Verladung und der Abtransport der in den hochwassergefährdeten Lagerhallen an der Brückenstraße befindlichen 600 Tonnen Getreide, das mit Hilfe mehrerer Lkws an einen sicheren Ort verfrachtet wurde. [....] Wertvolle Hilfsdienste leisteten die Grenzjäger außerdem in Pfarrkirchen, am Chiemsee-Rasthaus und in Sachrang, wo eine weggespülte Prienbrücke durch eine behelfsmäßige Stahlrohrkonstruktion ersetzt wurde.“
Bilder: 70 Jahre Bundesgrenzschutz/Bundespolizei in Rosenheim - Die ersten vier Jahrzehnte




Im Nachgang dieses Hochwassers fiel auch eine kuriose Episode: Die Stadt Padua hatte, veranlasst durch Hochwassermeldungen aus dem Rosenheimer Gebiet, bereits im Juli ein Telegramm gesandt, in dem angesichts der seinerzeitigen Rosenheimer Hilfe für die Hochwassergeschädigten in Oberitalien mitgeteilt wurde, dass man im Sinne der Gegenseitigkeit der guten Beziehungen zwischen den beiden Städten nunmehr für Rosenheim eine Hilfsaktion starten würde. Schließlich traf eine Delegation mit einem Lkw, beladen mit hunderten Flaschen Wein ein und die Stadt sah sich vor der Frage: Was tun damit?
hs