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Spannungsgeladenes Treffen mit Minister

„Zwei Lokomotiven fahren aufeinander zu“: Wie Aiwanger den Rotter Flüchtlings-Streit lösen will

Ernste Gesichter: Landrat Otto Lederer, Landtagsabgeordneter Sepp Lausch (Freie Wähler) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger beim Treffen in Rott.
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Ernste Gesichter: (von links) Landrat Otto Lederer, Landtagsabgeordneter Sepp Lausch (Freie Wähler) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger beim Treffen in Rott.

Spannungsgeladene Atmosphäre in Rott, wo am Mittwoch (19. Februar) Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bei der Spedition Hein zu Gast war. Das Besuchsende verzögerte sich um über eine Stunde. Eine Zeit, in der nach außen drang, es werde intensiv um einen Kompromiss für die geplante große Flüchtlingsunterkunft gerungen. So ist es ausgegangen.

Rott am Inn – Betriebsbesichtigungen gehören zum Programm eines Wirtschaftsministers, erst recht, wenn er sich im Wahlkampf befindet. Trotzdem war der Ortstermin von Hubert Aiwanger bei der Spedition Hein in Rott am Inn mehr als „nur“ eine Betriebsbesichtigung. Denn das Transportunternehmen steht auch für ein Problem, das nicht nur in Rott, sondern auch in anderen Orten des Landkreises Rosenheim viel Ärger bereitet: In direkter Nachbarschaft soll in einer leeren Industriehalle eine große Ankunftseinrichtung für Geflüchtete entstehen.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger im Gespräch mit Spediteur Günther Hein.

Dort, wo die Lkw der Spedition ein- und ausfahren, befindet sich auch der Eingang zur geplanten Unterkunft. Spediteur Günther Hein und Sohn Korbinian fürchten Beeinträchtigungen für ihren Betrieb, sogar eine Existenzgefährdung. Die Firma Hein hat Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts eingereicht, auch die Gemeinde Rott und eine weitere Anliegerin gehen diesen juristischen Weg. Damit sind sie nicht allein: Im Landkreis Rosenheim sind es mittlerweile schon drei Kommunen, die diesbezüglich gegen das Landratsamtvorgehen: Stephanskirchen und Riedering sowie, ganz neu, Kolbermoor.

Die Gesprächsrunde im Büro der Firma Hein in Rott: Im Gesprächs-Duell Bürgermeister Daniel Wendrock (links) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (zweiter von rechts).

Um 16.10 steht fest: kein großer Wurf

Um 16.10 Uhr dann der Start der Pressekonferenz. Die Mienen der Beteiligten im Firmengebäude zeigten jedoch schnell, dass ein großer Wurf nicht gelungen ist. Stattdessen: Mal wieder die Vereinbarung, weiterzuverhandeln. In zwei bis drei Wochen soll es neue Gespräche zwischen Freistaat, Regierung von Oberbayern, Landratsamt und Gemeinde Rott geben., so Aiwanger.

„Ein intensiver Positionsaustausch der Argumente“ sei es gewesen, berichtete Rotts Rathauschef Daniel Wendrock. Es bleibe dabei, dass die Gemeinde die Unterkunft an dieser Stelle und in der geplanten Form ablehne, aber Kompromissvorschläge erarbeitet habe. Er fühle sich vom Freistaat und von Aiwanger gehört. Der Minister habe sich sehr viel Zeit für das Gespräch genommen, auch das sei ein gutes Zeichen.

Hubert Aiwanger (Mitte), eingerahmt von Korbinian (links) und Günther Hein. Der Wirtschaftsminister nahm bei seinem Besuch auch eine E-Lade-Säule für Lkw in Betrieb.

Aiwanger, bekannt für aufmerksamkeitsstarke Auftritte, zeigte sich ungewohnt zurückhaltend in der Bewertung des Treffens. Er sehe angesichts der Klage gegen die Baugenehmigung, dass hier „zwei Lokomotiven aufeinander zufahren: die Gemeinde und der Freistaat“ – eine Konfrontation, die es notwendig mache, einen Kompromiss zu finden. Wenn nicht, drohe ein Gewerbetrieb (die Spedition Hein ist das zweitgrößte Unternehmen in Rott) den Ort zu verlassen.

Aiwanger setzt auf politische Lösung

Wie ein Kompromiss aussehen könnte, dazu wollte sich Aiwanger nicht detailliert auslassen: Er verwies jedoch auf Alternativ-Standorte, die die Kommune vorgeschlagen hat, und auf das Angebot des Gemeinderates, 180 Geflüchtete für fünf Jahre, vertraglich gesichert, aufzunehmen. Das Landratsamt hatte etwa 270 bis 300 Personen in zwei Stufen gefordert: in der bereits vor eineinhalb Jahren angemieteten Immobilie. Ob diese überhaupt für eine Unterkunft geeignet ist (die Gemeinde nennt die geplante Nutzung menschenunwürdig), will der Minister nicht bewerten. Das müsse das Gericht entscheiden. Noch besser sei es, jedoch vorher eine politische Lösung zu finden.

Landrat: Spielraum bei Analyse der Wirtschaftlichkeit?

Landrat Otto Lederer betonte, neue Bewegung könne in die Thematik kommen, wenn das Kriterium der Wirtschaftlichkeit der sieben Alternativ-Standorte, die Rott vorgeschlagen hat, flexibler gehandhabt werde. Die Regierung von Oberbayern hatte die Konzepte „nach den Buchstaben des Gesetzes“, so Lederer, überprüft und die Alternativen gegenüber der Industriehalle als weniger wirtschaftlich eingeschätzt. Deshalb waren diese Vorschläge vom Tisch. Wenn bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit einer Unterkunft abweichende Herangehensweisen möglich seien, könnten diese Spielräume auch in Rott genutzt werden, deutete Lederer an. Aiwanger betonte, es gebe nicht die eine, in Stein gemeißelte Lösung für ganz Bayern. Es komme auf die Situation vor Ort an. „Wenn der innere Frieden in einer Kommune wie Rott auf dem Spiel steht, muss der Konflikt vor Ort abgedämpft werden.“

Lederer und Wendrock, in puncto Vorgehensweise des Landratsamts in Rott stets auf Konfrontationskurs, betonten in einem Punkt ihre Einigkeit: Rotts Bürgermeister appellierte im Beisein von Aiwanger erneut dafür, gesetzliche Regelungen für eine paritätisch faire Verteilung von Geflüchteten auf die Kommunen in den Landkreisen zu schaffen.

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