Zweiter Eilantrag der Gemeinde
Gericht gibt Feldkirchen-Westerham recht: Was passiert jetzt mit der Flüchtlings-Unterkunft?
Der Streit um die Flüchtlingsunterkunft Feldkirchen-Westerham geht nach einer Klage der Gemeinde in die nächste Runde. Das Verwaltungsgericht München stimmte zum zweiten Mal einem Eilantrag gegen die Errichtung der Container zu. Das steckt dahinter.
Feldkirchen-Westerham – Rund um die geplante und umstrittene Flüchtlingsunterkunft in Feldkirchen-Westerham bleibt es nach wie vor spannend. Denn erneut hat die Gemeinde einen Eilantrag gegen die geplante Errichtung gestellt. Das teilte Bürgermeister Johannes Zistl (OLV) in der jüngsten Gemeinderatssitzung mit. „Wir haben im Eilantrag Recht bekommen und es wurde erneut ein Baustopp verhängt“, erklärt der Rathauschef. Doch wie kam es dazu?
Das Landratsamt Rosenheim teilte den Bürgern aus Feldkirchen-Westerham Mitte April 2024 das erste Mal mit, dass an der Walter-Gessner-Straße eine Container-Wohnanlage errichtet werden soll. Die Anlage soll einen Ort schaffen, wo bis zu 160 Flüchtlinge unterkommen können. Doch nur wenige Tage nach Bekanntgabe versuchte die Kommune, die Unterkunft in dieser Form durch baurechtliche Entscheidungen zu verhindern. Zunächst ohne Erfolg.
Ziel der Klage betrifft die Nutzungsdauer
Denn trotz der Argumente seitens der Kommune erteilte die Aufsichtsbehörde die Baugenehmigung. Daraufhin reichte die Gemeinde eine Klage beim Verwaltungsgericht München ein. Immer wieder betonte Bürgermeister Johannes Zistl, dass es dabei nicht gegen die Unterbringung der Flüchtlinge in seiner Gemeinde gehe. „Wir nehmen die Verantwortung, Flüchtlinge aufzunehmen, gerne an“, teilte Zistl damals dem OVB mit.
Vielmehr erachte man die geplante Größenordnung der Unterkunft am dortigen Standort für überdimensioniert. Und auch die lange Nutzungsdauer von elf Jahren sei ein Grund, gegen die geplante Container-Wohnanlage vorzugehen. „Es ist mindestens fraglich, ob eine Befristung auf einen derart langen Zeitraum wirklich noch erforderlich und verhältnismäßig im Sinne der gesetzlichen Vorschriften ist“, erklärte Zistl in einer Gemeinderatssitzung Ende Juli. Die Gemeinde fühle sich hierdurch in ihrer Planungshoheit zu stark eingeschränkt. „Ziel der Klage ist ausdrücklich nicht die Verhinderung der Anlage, sondern die Verringerung der Nutzungsdauer“, so Zistl.
Zweiter Eilantrag wurde stattgegeben
Während also die Gemeinde Feldkirchen-Westerham auf den Verhandlungstermin der Mitte Juli 2024 eingereichten Klage wartete, begannen am 15. Oktober 2024 die Erdarbeiten auf dem Grundstück. Da die Baugenehmigung, vor allem im Hinblick auf die zu lange Nutzungsdauer, noch nicht gerichtlich überprüft wurde, reichte die Gemeinde als „logische Folge des Baubeginns“ einen Eilantrag bei Gericht ein. Das Gericht erachtete Anfang Dezember 2024 den Eilantrag als zulässig, womit die Bauarbeiten an der Walter-Gessner-Straße in Westerham nicht weitergeführt werden durften.
Der vom Gericht genannte Grund: Die ursprüngliche Baugenehmigung enthielt einen Verfahrensfehler. Es fehle eine Erklärung, in der sich das Landratsamt verpflichtet, die Flüchtlingsunterkunft wieder zurückzubauen und die Bodenversiegelung zu beseitigen, wenn die Einrichtung nicht mehr genutzt wird oder wenn die auf elf Jahre befristete Geltungsdauer der Baugenehmigung ausläuft. Das Landratsamt Rosenheim korrigierte den Fehler und erteilte eine neue Baugenehmigung.
Erneut ging die Gemeinde mit einem Eilantrag dagegen vor. Erneut bekam sie Recht. „Dieses Mal aber nicht wegen eines Verfahrensfehlers, sondern weil das Gericht der Meinung ist, dass wir in unseren Rechten verletzt wurden“, erklärte Johannes Zistl in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Dabei gehe es um die lange Nutzungsdauer, was dem Bürgermeister Hoffnung auf die Hauptverhandlung mache. „Das könnte weitreichende Folgen bayernweit haben“, sagt Zistl.
Statement vom Landratsamt Rosenheim
Doch wie steht die Gegenseite dazu? Das Landratsamt Rosenheim hatte nach dem ersten Eilantrag Ende Dezember 2024 die Baugenehmigung zurückgenommen. „Grund für diesen Beschluss war, dass das Landratsamt Rosenheim im Baugenehmigungsverfahren keine Angabe einer Rückbauverpflichtung durch den Vorhabensträger gefordert und die Rückbauverpflichtung auch nicht gesichert hatte“, sagt Pressesprecherin Sibylle Gaßner-Nickl, auf OVB-Anfrage. Im Nachgang wurde eine entsprechende Verpflichtungserklärung zum Rückbau abgegeben. Somit konnte das Landratsamt Rosenheim erneut eine Baugenehmigung mit entsprechenden Auflagen zur Sicherstellung des Rückbaus erteilen.
Doch nun wurde dem zweiten Eilantrag der Gemeinde stattgegeben. „Grund für diesen Beschluss war, dass durch die Befristung der Baugenehmigung ab Nutzungsaufnahme die Dauer der Beeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit wegen eines fehlenden Enddatums nicht konkret absehbar ist“, erklärt Gaßner-Nickl. Es sei möglich, dass sich der Bau über einen längeren Zeitraum hinweg ziehen könnte, „ohne dass die Nutzungsfrist je zu laufen begänne“. Die Zukunft des Flüchtlingsheims an der Walter-Gessner-Straße in Westerham ist nun Sache des Gerichts.