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Bürgerversammlung Feldkirchen-Westerham

Sicherheits-Sorgen wegen Flüchtlingsunterkunft? Rathauschef Zistl kontert mit Maibaum-Vergleich

Geflüchtete aus der Ukraine werden 2022 am Bahnhof Rosenheim in einen Bus gebracht, der die Menschen in eine Unterkunft bringen soll. Woher die Flüchtlinge stammen, die in die Unterkunft nach Westerham kommen sollen, dazu konnte Bürgermeister Johannes Zistl keine Angaben machen.
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Bild rechts: Flüchtlinge aus der Ukraine werden 2022 am Bahnhof Rosenheim in einen Bus gebracht, der die Menschen in eine Unterkunft bringen soll. Woher die Flüchtlinge stammen, die in die Unterkunft nach Westerham kommen sollen, dazu konnte Bürgermeister Johannes Zistl keine Angaben machen.

Ist die geplante Flüchtlingsunterkunft für bis zu 160 Personen in Westerham ein Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung? Diese Frage stand am Donnerstagabend (7. November) bei der Bürgerversammlung im Raum. Bürgermeister Zistl konterte mit einem kuriosen Vergleich.

Feldkirchen-Westerham – Dass der seitens des Landratsamtes Rosenheim geplante Bau einer Flüchtlingsunterkunft für bis zu 160 Personen an der Walter-Gessner-Straße die Bürger in Feldkirchen-Westerham umtreibt, wurde am Donnerstagabend (7. November) bei der Bürgerversammlung erneut deutlich. So äußerte eine Bürgerin erhebliche Bedenken in puncto Sicherheit. Die Bürgermeister Johannes Zistl (Ortsliste Vagen) wiederum zu entkräften versuchte – und dabei einen kuriosen Vergleich zu bayerischem Brauchtum anstrengte.

„Wir wollen Geflüchtete aufnehmen – da hat sich nichts geändert. Aber nicht in dieser Größenordnung, nicht an dem Platz und vor allem nicht für eine Nutzungsdauer von elf Jahren“, stellte Bürgermeister Zistl klar, als er auf die seitens des Landratsamtes Rosenheim geplante Containeranlage an der Walter-Gessner-Straße im Gemeindeteil Westerham zu sprechen kam. Bereits im April hatte die Behörde die Pläne für die Unterkunft, in der 160 Personen Platz finden sollen, auf einer Informationsveranstaltung vor 400 Bürgern aus der Gemeinde präsentiert.

Baurechtliche Schachzüge und eine Ober-sticht-Unter-Entscheidung

Was darauf folgte? Baurechtliche Schachzüge, eine Ober-sticht-Unter-Entscheidung mit Verweis auf das Baugesetzbuch sowie juristische Schritte. Denn nachdem der Gemeinderat den Bebauungsplan für das Areal änderte und eine sogenannte Veränderungssperre für das Gebiet verhängte, um die Unterkunft zu verhindern, genehmigte das Landratsamt im Juni als übergeordnete Instanz dennoch den Bauantrag für die Containeranlage. Die Behörde berief sich dabei auf den Paragrafen 246, Absatz 14, Satz 1 des Baugesetzbuch (BauGB), der es ermöglicht, in bestimmten Fällen bei derartigen Bauwerken von baurechtlichen Vorgaben abzuweichen.

Was die Gemeinde wiederum mit einer Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht in München erwiderte. Wobei die Kommune nicht gegen die Einrichtung per se, sondern gegen die geplante Nutzungsdauer des Areals von elf Jahren klagt. Aktuell letzter Höhepunkt: Nachdem auf dem Areal die Bauarbeiten für die Unterkunft angelaufen waren, wandte sich die Gemeinde Feldkirchen-Westerham per Eilantrag ans Verwaltungsgericht, über den aktuell aber noch nicht entschieden ist.

„Ja, der Bauwerber darf bauen, diese Baugenehmigung ist gültig, solange bis ein Urteil etwas anderes sagt“, stellte Bürgermeister Zistl im Rahmen der Bürgerversammlung fest. „Unser Eilantrag soll den Nutzen haben, schneller zu einem Ergebnis zu kommen.“ Denn der Schwebezustand, in dem die sich die Gemeinde befinde, da sie nicht wisse, ob die Unterkunft komme, oder nicht, mache die Kommune „ein Stück weit handlungsunfähig“. Und sorgt zudem dafür, dass Feldkirchen-Westerham derzeit keine weiteren Flächen für mögliche Asylunterkünfte ans Landratsamt meldet: „Dann hätten wir beides“, so Zistl, der davon ausgeht, dass dann nicht nur die Unterkunft in Westerham, sondern auch weitere entstehen würden.

Bürgermeister Zistl: „Diesen Ausnahmetatbestand zweifeln wir an.“

Auch die Gründe, wieso Feldkirchen-Westerham mit einer Nutzungsdauer von elf Jahren nicht leben könne, erläuterte Zistl vor den rund 100 Bürgern. „Wir brauchen die Fläche dringend fürs Gewerbe, wir haben Wartelisten“, sagte der Rathauschef, der betonte, dass das Gesetz vorsehe, dass eine derartige Flüchtlingsunterkunft eigentlich für maximal sechs Jahre vorgesehen, ein längerer Zeitraum nur im „Ausnahmetatbestand“ möglich sei. „Und diesen Ausnahmetatbestand zweifeln wir an.“

Was passiere, wenn die Kommune seitens des Verwaltungsgerichts Recht bekäme, dazu konnte der Rathauschef keine Antwort geben. „Ich weiß nicht, ob der Investor noch Interesse hat, wenn das Verwaltungsgericht beispielsweise sagt, wir machen fünf oder sechs Jahre draus“, so Zistl. „Ich werde mich auch nicht an Spekulationen beteiligen.“ Er gehe allerdings davon aus, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts – einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht – „Strahlkraft für andere Gemeinden“ haben könnte.

Auf die Frage aus dem Publikum, inwieweit die Gemeinde denn wisse oder Einfluss habe, wer dort wohnen werde, stellte Zistl klar: „Auf die Belegung haben wir keinerlei Einfluss.“ Selbst der Einfluss des Landratsamtes sei extrem begrenzt: „Auch das Landratsamt weiß erst wenige Stunden davor, welche Zielgruppe in dem Bus sitzt, der da kommt.“ Zistl verwies aber darauf, dass die „Mischung“ beispielsweise in der neuen Container-Wohnanlage in Bruckmühl „sehr gut“ funktioniere: „Da wurden zunächst ukrainische Flüchtlinge eingesetzt und dann nach und nach diese Anlagen langsam gefüllt, damit da auch so eine Art Wohngemeinschaft entstehen kann.“

„Das steht so im Konzept.“

Bürgermeister Johannes Zistl zur Einrichtung eines Sicherheitsdienstes in der Flüchtlingsunterkunft

Beim Thema Sicherheit konnte der Bürgermeister den Bürgern wenig Konkretes mit auf den Weg geben. Auf die Frage einer Bürgerin, was die Gemeinde tun werde, „um die Bürger zu schützen“, verwies Zistl darauf, dass es bei einer Einrichtung in einer derartigen Größenordnung „einen Sicherheitsdienst und eine Pforte gibt, wo sehr genau geschaut wird, wer kommt und wer geht“, denn „das steht so im Konzept“.

Laut Polizei „wenig Probleme“ mit Asylunterkünften

Ihm selbst sei aber versichert worden, dass von Flüchtlingsunterkünften „überhaupt kein Sicherheitsrisiko“ ausgehe, was er mit einem kuriosen Vergleich garnierte: „Wenn ich den Angaben Glauben schenken darf, sind alleine bei den Maibaum-Stüberln dieses Jahres mehr Anzeigen passiert, als im ganzen Asylbereich im ganzen letzten Jahr zusammen.“ Auch die Polizei in Bad Aibling spreche in Hinblick auf Straftaten im Zusammenhang mit Asylunterkünften von „wenig Problemen“ und „Einzelfällen“.

Nach Einschätzung des Feldkirchen-Westerhamer Bürgermeister sei es daher viel wichtiger, nach Ankunft der Flüchtlinge die Integration voranzutreiben, um erst gar keine Konflikte entstehen zu lassen. Zistl: „Wenn die Geflüchteten kommen, dann wird es unsere Aufgabe sein, die Helferkreise, die Ortsräte zu aktivieren.“

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