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Behörde setzt sich über Entscheidungen der Gemeinde hinweg

Kommt‘s zur Klage? Landratsamt gibt grünes Licht für Flüchtlingsunterkunft in Westerham

Das Landratsamt Rosenheim hat jetzt die Baugenehmigung für eine Flüchtlingsunterkunft auf diesem Areal in Westerham (rechts) erteilt. Die ersten von bis zu 160 Bewohnern sollen noch im Jahr 2024 dort einziehen.
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Das Landratsamt Rosenheim hat jetzt die Baugenehmigung für eine Flüchtlingsunterkunft auf diesem Areal in Westerham (rechts) erteilt. Die ersten von bis zu 160 Bewohnern sollen noch im Jahr 2024 dort einziehen.

Den Widerständen der Gemeinde Feldkirchen-Westerham zum Trotz: Das Landratsamt Rosenheim hat jetzt den Bauantrag für eine Flüchtlingsunterkunft für bis zu 160 Personen in Westerham genehmigt. Seitens der Kommune steht nun eine Klage gegen die Entscheidung im Raum.

Feldkirchen-Westerham – Weder die Ablehnung des vom Landratsamt Rosenheim eingereichten Bauantrags durch die Gemeinde Feldkirchen-Westerham noch die Änderung des Bebauungsplans und die Verhängung einer Veränderungssperre für das Areal an der Walter-Gessner-Straße haben Wirkung gezeigt: Das Landratsamt hat jetzt trotz des Widerstands der Gemeinde den eigenen Bauantrag für eine Containeranlage für 160 Flüchtlinge durchgewunken. Die Gemeinde will nach eigenen Angaben nun prüfen, ob sie Klage gegen die Entscheidung einreicht.

Auf Einladung der Gemeinde hatte Rosenheims Landrat Otto Lederer Mitte April rund 400 interessierte Bürger Feldkirchen-Westerhams bei einer Infoveranstaltung darüber informiert, dass der Landkreis die Errichtung einer Containeranlage für bis zu 160 Personen in Westerham plant. Nur wenige Tage später hatte dann der Bauausschuss der Gemeinde über den seitens des Landratsamtes eingereichten Bauantrag zu entscheiden – und lehnte diesen in Hinblick auf die Überschreitung von Baugrenzen ab. Im Gremium herrschte Einigkeit darüber, dass die Gemeinde zwar durchaus die Unterbringung von 160 Flüchtlingen stemmen könne, die geplante Einrichtung dort aber zu groß sei.

In einem weiteren Schritt entfernte der Gemeinderat in seiner Sitzung Ende April einen Passus aus dem dort geltenden Bebauungsplan, nach dem dort auch „Anlagen für soziale Zwecke“, also auch eine Flüchtlingsunterkunft, erlaubt seien und verhängte für das Gebiet zudem eine sogenannte Veränderungssperre, die Bauten, die sich letztlich nicht exakt an den Bebauungsplan halten, verhindern soll.

Auf OVB-Anfrage stellte das Landratsamt Rosenheim jedoch bereits Anfang Juni klar, dass die seitens der Kommune ergriffenen Maßnahmen bei einer Entscheidung der Behörde wohl keine Rolle spielen werde. Die Aufsichtsbehörde verwies gegenüber dem OVB auf den Paragraphen 246, Absatz 14, Satz 1 aus dem Baugesetzbuch (BauGB), der es erlaube, dass „unter bestimmten Umständen von den Vorschriften des Baugesetzbuches oder aufgrund dieses Gesetzbuches erlassenen Vorschrift in erforderlichem Umfang abgewichen werden“ könne, wie Landratsamt-Sprecherin Simone Beigel damals mitteilte. Das sei der Fall, wenn dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

Baugenehmigung wird nun durch Rechtsbeistand der Kommune geprüft

Worte, denen das Landratsamt jetzt Taten folgen ließ: Zwar hatte die Behörde der Gemeinde per Anhörungsbogen die Möglichkeit gegeben, Stellung zu nehmen und deren Argumente gegen die Unterkunft darzulegen. Aber: „Keine zwei Wochen nach dem Versand der Anhörung ist am 25. Juni die erteilte Baugenehmigung in der ursprünglich beantragten Form des Landratsamts bei uns eingegangen“, teilte Gemeinde-Sprecherin Karolin Lohwasser gegenüber dem OVB mit. „Diese wird nun durch unseren Rechtsbeistand überprüft und im Anschluss entscheiden wir, ob ein weiterer Klageweg bestritten wird.“ Der Feldkirchen-Westerhamer Gemeinderat hatte bereits im Vorfeld per Beschluss Bürgermeister Johannes Zistl die Möglichkeit eröffnet, gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen eine derartige Entscheidung des Landratsamtes einzuleiten.

Auch zum Anhörungsbogen und den darin dargelegten Argumenten nahm die Kommune Stellung. „Nach rechtlicher Beratung wurde darin inhaltlich noch einmal versichert, dass die Gemeinde bereit ist, die Geflüchteten aufzunehmen“, so Lohwasser, „allerdings an mehreren Standorten und in kleineren Einheiten“. Die Gemeinde verwies in dem Schreiben an die Aufsichtsbehörde zudem darauf, dass „der geplante Ausbau der Aiblinger Straße berücksichtigt werden und möglich sein“ müsse.

Zudem sei dem Landratsamt mitgeteilt worden, „dass die geplante Fläche als Wohnquartier für Geflüchtete ungeeignet ist, da die ohnehin begrenzten Flächen im Gewerbegebiet dringend für Gewerbetreibende benötigt werden“. Lohwasser: „Wichtigster Punkt, auch aus rechtlicher Sicht, bleibt darüber hinaus, dass vor allem eine deutlich kürzere Befristung der Genehmigung als die geplanten zehn Jahre gewahrt werden sollte.“

Landratsamt-Sprecherin verweist auf „Unterkunftsengpass“ im Landkreis

Auf OVB-Anfrage bestätigt das Landratsamt, dass die Baugenehmigung erteilt wurde und beruft sich bei der Entscheidung auf die Gesetzgebung, die diesen Schritt trotz der Maßnahmen der Kommune ermöglicht. In Hinblick auf die Unterbringung von Flüchtlingen hob Sibylle Gaßner-Nickl, Sprecherin des Landratsamtes einen „Unterkunftsengpass“ hervor und ergänzte: „Die Standortentscheidung begründet sich im Wesentlichen mit der objektiven Eignung des Grundstücks, gleichzeitig fehlen weitere Immobilienangebote in der Gemeinde.“ Den Wunsch der Kommune, die dort geplante Unterkunft zu verkleinern sowie die Flüchtlinge auf mehrere Standorte im Gemeindegebiet zu verteilen, lehnte die Behörde in Hinblick auf einen Mangel „alternativer Unterbringungsmöglichkeiten“ ab.

Und wie geht es nun weiter? Mit der zugestellten und am Freitag, 28. Juni, im Amtsblatt veröffentlichten Baugenehmigung kann die Gemeinde nach Angaben von Gaßner-Nickl nun innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe Klage erheben. Die Bagger könnten trotz einer möglichen Klage aber sofort anrollen, wie die Sprecherin des Landratsamtes klarstellte: „Mit Erteilung der Baugenehmigung kann der Antragsteller ab sofort mit den Arbeiten beginnen.“

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