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Am Landgericht Traunstein

Mord-Vorwurf contra Unfall-Theorie? Was von den Plädoyers im Hanna-Prozess zu erwarten ist

Was stieß Hanna am 3.Oktober 2022 in Aschau zu? Ist Sebastian T. schuld an ihrem Tod?
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Was stieß Hanna W. zu? War Sebastian T. schuld an ihrem Tod? Darum geht es in den Plädoyers.

Der Tag 34 ist ein vorentscheidender Tag im Mordprozess um den gewaltsamen Tod von Hanna in Aschau. Staatsanwalt, Nebenklage und Verteidigung halten am Freitag (8. März) ihre Plädoyers am Landgericht Traunstein. Was von diesen zu erwarten ist.

Aschau im Chiemgau/Traunstein – Es gibt die Redensart, wonach man sich auf hoher See wie vor Gericht derselben fundamentalen Unsicherheit gegenübersehe. Dennoch – auch vor Gericht gilt: Das eine kommt vom andern. Was von den Prozessbeteiligten in den über 30 Verhandlungstagen am Landgericht zu hören war, lässt darauf schließen, was am Freitag, 8. März, in den Plädoyers zu hören sein wird (ab 9.30 Uhr).

Verteidigung setzt wohl weiter auf die Unfall-Theorie

Auf ihrer Unfalltheorie wird die Verteidigung mit Regina Rick und den beiden Pflichtverteidigern Harald Baumgärtl und Dr. Markus Frank beharren. Bis zuletzt zielten die Beweisanträge darauf ab, dass der Angeklagte Sebastian T. zum angeblichen Tatzeitpunkt am Mobiltelefon „Clash of Clans“ gespielt habe und dass die Verletzungen Hannas durch das Treiben in der Prien entstanden seien. Der Tatort sei kein Tatort, weil dort weder Blut festgestellt worden sei noch die Suchhunde angeschlagen hätten.

Bis zum Ende der Beweisaufnahme forderte die Verteidigung unter anderem, dass ein neuer Gutachter sich des kilometerlangen Treibens von Hanna in der Prien annehmen sollte. Wasserkundler Prof. Dr. Andreas Malcherek und der Biomechaniker Prof. Dr. Jiri Adamec hatten die Verletzungen jedoch so beurteilt: Einzeln und für sich betrachtet als Verletzungen in Folge eines Unfalls theoretisch denkbar. Im Ganzen und in ihrer Kombination nicht plausibel für einen tödlichen versehentlichen Sturz mit tödlichem Ausgang. Ein Gutachten, das vor allem Regina Rick quasi mit einem Gegengutachter aufheben wollte.

An der Glaubwürdigkeit des JVA-Zeugen hängt viel

Es steht ein weiterer Beweis gegen die Unfallthese. Und auch auf ihn wird die Verteidigung viel Energie verwenden: auf den Mithäftling von Sebastian T. in der Untersuchungshaft in Traunstein. Der Mann hatte ziemlich überzeugend ausgesagt, dass Sebastian T. ihm gegenüber den Angriff auf Hanna eingeräumt habe. Doch warum wartete er mit dieser Mitteilung zehn Monate lang, bis kurz nach der Eröffnung des Mordprozesses? Und wie sehr bewegte ihn die Aussicht auf einen Prozess-Bonus? Immerhin war ihm klar, dass Richterin Jacqueline Aßbichler auch über seinen Fall zu urteilen haben würde.

Der Staatsanwalt wird auf JVA-Zeugen bauen

Staatsanwalt Wolfgang Fiedler wird dagegen auf den Mithäftling bauen. Eine Wende, die so überhaupt nicht absehbar gewesen war. Ins Gefängnis gebracht hatte Sebastian T. eine Aussage seiner ehemaligen Schulfreundin. Die hatte in der Vernehmung durch die Polizei beinahe beiläufig ausgeplaudert, dass Sebastian T. noch am Abend des 3. Oktober 2022, des Tages also, an dem Hanna gestorben war, ihr eine Frage gestellt habe: Ob sie gehört habe, dass in Aschau eine junge Frau umgebracht worden sei.

Eine Tatsache, von der zu diesem Zeitpunkt nur der Täter wissen konnte. Und so nahm die Polizei Sebastian T. fest. In der Hauptverhandlung vor der Zweiten Jugendkammer wurde die junge Frau jedoch ihrer Nervosität nicht mehr Herr. Und so verhedderte sie sich inflationär in Widersprüche. Für bare Münze wird Staatsanwalt Fiedler nun viel lieber den Mithäftling nehmen: Der äußerte sich sachlich, präzise und nachvollziehbar.

Kann der Zeuge sich über Zeitungen informiert haben? Daran scheiden sich die Geister. Dass er sein Wissen zumindest nicht gänzlich aus Medien erhalten haben kann, belegt besonders ein Detail: Sebastian T. habe ihm von vielen Zurückweisungen durch Frauen erzählt und davon, wie ihm das wehtue. Das war zum Zeitpunkt seiner Aussage noch nicht öffentlich bekannt. Folgt Staatsanwalt Wolfgang Fiedler im Plädoyer der Aussage des Mithäftlings, könnte er Sebastian T. gefährliche Körperverletzung plus Mord vorwerfen.

Dass sich Richterin Aßbichler und Staatsanwalt Fiedler zu Beginn des Jahres darüber ausgetauscht hatten, hatte Anwältin Rick zum Anlass für einen Befangenheitsantrag genommen, dem allerdings nicht stattgegeben wurde. „Staatsanwaltschaft und Gericht haben im Prinzip schon Anfang Januar im zu erkennen gegeben, wie sie die Sache sehen“, sagte Rick. Damit werde sich demnächst der Bundesgerichtshof befassen.

Plädoyer über die menschlichen Dimensionen

Seinen Schlussvortrag wird am Freitag auch Walter Holderle halten, als Vertreter der Nebenklage der Anwalt von Hannas Eltern. Er wird über den Prozess sprechen, das Gericht und die Ermittler für ihren Fleiß und ihre Präzision loben. Auch über Hanna und ihre Eltern wird er sich vermutlich äußern.

Bei ihm dürfte es nicht nur um Paragrafen gehen, sondern auch um die menschlichen Dimensionen der Aschauer Tragödie. Einfach zu verstehen, schwierig im Gerichtssaal zu schildern: Holderles Part ist der emotionalste Teil dieses Tages der Plädoyers.

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