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Ticker: Der 25. Verhandlungstag im „Hanna-Prozess“

„Wie soll das gehen?“ Hydrologe bezweifelt, dass Wasser Hannas Verletzungen verursachte

Sebastian T. (22) und seine Anwälte: Gegen ihn läuft seit bereits drei Monaten ein Mordprozess am Landgericht Traunstein.
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Sebastian T. (22) und seine Anwälte: Gegen ihn läuft seit bereits drei Monaten ein Mordprozess am Landgericht Traunstein.

Im Prozess gegen Sebastian T. (22), der am 3. Oktober 2022 die Medizinstudentin Hanna W. (†23) ermordet haben soll, sind weitere Experten geladen: Der Hydromechaniker Prof. Andreas Malcherek und der forensische Traumatomechaniker Prof. Dr. Jiri Adamec. Sie sollen begutachten, wie es zu den eigenartigen Verletzungen an Hannas Körper gekommen sein könnte.

Das Wichtigste in Kürze:

Update, 16.31 Uhr - Zu viele gleichartige Verletzungen

Nun möchte Richterin Aßbichler mit den Experten die Fotos von Hannas Leichnam noch einmal durchgehen. Vor allem die massive Unterblutung am Rücken wirft Fragen auf, denn die Haut über der Einblutung ist weder abgeschürft noch verkratzt. „Dass sowas durch einen Fluss passiert sein soll: Wie soll das gehen?“, fragt Prof. Malcherek. Auch am Oberarm Hannas zeigt sich das gleiche Bild: Malcherek meint, die Verletzungen könnten durch „weichen, harten Druck“ entstanden sein. 

Der Hydrologe gibt zu bedenken, dass sich das gleiche Verletzungsbild an mehreren Körperstellen zeige. Gerade das sei merkwürdig. Die Vorsitzende Richterin holt nun die Säcke mit Hannas Kleidungsstücken hervor: Zuerst wird Hannas schwarze Jacke inspiziert, bei der ein Ärmel auf links gedreht war, als sie gefunden wurde. Malcherek sagt, dass ein Abziehen der Jacke durch ein Hängenbleiben an Gestrüpp nur im Bereich des Bärbachs passiert sein könnte. 

Das Fazit des 25. Verhandlungstages

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Kopfverletzungen Hannas wohl kaum durch das Treiben in Bärbach und Prien entstanden sein können. Diese sollten laut dem Rechtsmediziner aber stark geblutet haben. Zwar können diverse Verletzungsmöglichkeiten durch das Abtreiben nicht ausgeschlossen werden, doch laut dem Hydrologen sei es unwahrscheinlich, dass so viele gleichförmige Verletzungen im Wasser durch unterschiedlichste Hindernisse entstanden seien.

Abschließend stellt die Verteidigung noch mehrere Beweisanträge. Unter anderem geht es um die Anhörung weiterer Zeugen zur Sichtung des Angeklagten auf seinem Heimweg von seiner Joggingrunde. Auch ein thermodynamisches Gutachten zur Temperatur des Smartphones von Hanna W. soll noch erstellt werden. Außerdem geht es noch um die Jogginghose, die Sebastian T. bei seinem Lauf getragen haben soll. Dann unterbricht die Vorsitzende Richterin die Verhandlung. Am 23. Januar wird der Prozess um 9 Uhr fortgesetzt.

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Update, 16.05 Uhr - Verursachte die Halskette die Strangulationsmale?

Nach der Mittagspause demonstriert Prof. Malcherek anhand einer Barbie-Puppe und eines schleusenartigen Hindernisses, wie Hannas Körper sich verhalten haben könnte, wenn er mit dem Kopf voran in die Metallstäbe eines Rechens geschwemmt worden wäre. „Wie sie beide Stäbe massiv mit den Schultern gerammt haben soll, ist mir unverständlich“, schließt der Hydrologe. Rechtsmediziner Adamec gibt zu bedenken: „Wenn wir diese Situation diskutieren, dann sind Knochenbrüche nicht plausibel. Die Energie im Totwasser reicht einfach nicht aus.“

Lediglich die Schürfverletzungen an der rechten Halsseite und der Halswirbelbruch Hannas könnten durch die Metallstäbe entstanden sein. Aus Sicht des Rechtsmediziners ist es äußerst unwahrscheinlich, dass die Halswirbelfraktur von einem Hängenbleiben ihrer Halskette an Geäst herrührt. Prof. Dr. Adamec betont auch, dass genau dort, wo die meisten Hindernisse im Flussbett zu finden seien, die Fließgeschwindigkeit geringer sei. Prof. Malcherek hatte die geschätzte Fließgeschwindigkeit der Prien auf etwa acht Kilometer pro Stunde nach unten korrigiert.

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Update, 14.43 Uhr - Wurde Hannas Hose vom Fluss abgezogen? Hydrologe wirft viele Fragen auf

Der Hydrologe Prof. Malcherek nimmt sich dann jedes einzelne Wehr und jede Mühle an der Prien vor. Bei einigen Abflüssen gibt es zwar Rechen und Verletzungsmöglichkeiten, aber die Abstände zwischen den Metallstäben, die Öffnung der Schleusen und die Wasserkräfte schließen Verletzungen in der Gestalt, wie sie an Hannas Leichnam festgestellt wurden, an den meisten Hindernissen fast vollständig aus. 

Nur am Kraftwerkskanal zur Kaltenbacher Mühle gibt es einen Grobrechen, bei dem die Metallstäbe einen Abstand von 52 Zentimetern aufweisen. In dem Wasser vor dem Rechen – Malcherek nennt den Bereich „Totwasser“ – wird die mittlere Fließgeschwindigkeit der Prien, also ein Meter pro Sekunde, nicht erreicht. Die Geschwindigkeit liege dort bei maximal 0,5 Meter pro Sekunde, was übertragen einen Wert von 1,8 Kilometer pro Stunde ergäbe. 

Hose weggespült und Slip saß richtig?

Der Rechtsmediziner Prof. Dr. Jiri Adamec sieht bei diesem Tempo keine Möglichkeit, dass beide Schulterdächer durch den „Aufprall“ an den Metallstäben gebrochen werden hätten können. Der Abstand zwischen den gebrochenen Schulterdächern habe 31 Zentimeter betragen, was nicht zu den Abständen der Metallstäbe passt. Der Körper hätte also erst mit einer Schulter „anknallen“müssen, dann mit der zweiten. Durch die Bremswirkung des ersten Stoßes, sei die Wahrscheinlichkeit eines Bruchs am zweiten Schulterdach aber auch auszuschließen.

Dann wird gerätselt, wie die Hose Hannas vom Fluss „ausgezogen“ werden hätte können. Prof. Malcherek sagt, dass dies durch Scherkräfte geschehen hätte müssen. Diese entstünden, wenn Wasser und Körper unterschiedliche Geschwindigkeiten aufweisen – beispielsweise bei einem Sprung vom 5-Meter-Turm. Der Experte wirft aber die Frage auf, wie es möglich sei, dass Hannas Slip völlig „unverrutscht“ an ihrem Körper saß.

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Update, 13.07 Uhr - Abtreiben als Ursache für Kopfverletzungen ausgeschlossen

Jetzt wird der Hydrologe Prof. Andreas Malcherek in den Zeugenstand gerufen. Er soll sein Gutachten zu den Wasserkräften und den Bewegungen von Hannas Leichnam in Bärbach und Prien präsentieren. Weil beide Fließgewässer am 3. Oktober 2022 die Spitze eines Hochwasserpegels erreicht hatten, kann nicht auf bloße Statistiken zurückgegriffen werden. Laut Prof. Malcherek hatte der Bärbach zum Tatzeitpunkt einen Pegel von 50 bis maximal 70 Zentimetern. Seine Fließgeschwindigkeit habe etwa 1,5 Meter pro Sekunde betragen – maximal 2 Meter pro Sekunde. 

Der Fluss Prien habe eine mittlere Fließgeschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde gehabt. Diese Zahl habe aber nicht viel mit der Realität zu tun, denn die Geschwindigkeit an der Wasseroberfläche, in der Mitte eines Flusses und in Wasserwalzen sei viel höher als die am Rand und am Boden des Gewässers. Prof. Malcherek erklärt, wie sich ein Körper bewegt, wenn er in den Bärbach fällt. Er sagt, dass er sich im Flussbett früher oder später mit dem Kopf nach vorne drehe – auch wenn er mit den Füßen voran im Bach landete.

Unfall-Theorie scheint vom Tisch

Trotz des rauen Flussbetts des Bärbachs und der scharfkantigen Treppen in der Prien schließt der Hydrologe aus, dass die Kopfverletzungen Hannas durch das Abtreiben in den Fließgewässern entstanden sein könnten. Durch das Hochwasser sei die Verletzungsgefahr an den Treppen geringer und ein 90-Grad-Aufschlag des Kopfes auf den Boden sei sehr unwahrscheinlich, da ein Leichnam sich nicht einmal in Wasserwalzen komplett drehen würde. 

Die im Wasser wirkenden Scherkräfte träfen dem Experten zufolge nicht im 90-Grad-Winkel auf einen Körper und würden nur zu Schürfwunden und Kratzern führen – aber nicht zu gleichförmigen 90-Grad-Einschlägen auf einer Seite des Kopfes. Auch die Theorie, dass der Leichnam sich mit dem Kopf nach vorne in einem Abfluss verhängt haben könnte und so den symmetrischen Bruch beider Schulterdächer erklären würde – verwirft der Experte. 

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Update, 11.28 Uhr - Nur 600 Meter Distanz zwischen Tatort und Wohnhaus

Der Zeuge von der Kripo Rosenheim wird weiter zu den Handydaten des Angeklagten befragt. Es geht um ein Fitnessvideo, das Sebastian T. im Zeitraum vor dem vermeintlichen Mord angesehen haben soll. Dieses habe er um 1.20 Uhr in der YouTube-App an seinem Smartphone aufgerufen, aber nur 10 Prozent – also nur 1.31 Minuten – davon angesehen. Bei der Vorlage einer Excel-Datei mit rund 16.000 Protokolleinträgen möchte Verteidigerin Regina Rick wissen, ob die Einträge kurz vor der Nutzung der App „Clash of Clans“ auch zeitlich als „kurz vorher“ einzuordnen sind. 

Bei den fraglichen Daten geht es um eine aktive Suche in der YouTube App – eine Aktion, die logischerweise VOR dem Betrachten eines Videos durchgeführt wird. Datenmäßig kann der Zeuge die Frage Ricks aber nicht beantworten, da die Listen nur direkt von den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Anschließend wird ein weiterer Zeuge vom Landeskriminalamt in München befragt, wie groß die Distanz zwischen dem vermeintlichen Tatort und dem Wohnhaus des Angeklagten ist: Sie soll etwa 600 Meter betragen. Ein Beamter, der die Strecke ablief, habe dafür 3,40 Minuten benötigt.

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Update, 10.42 Uhr - „Er hat sich verraten“ Schulfreundin kommentierte Artikel

Der Zeuge von der Kripo Rosenheim soll auch noch etwas zur Auswertung des Handys der Schulfreundin von Sebastian T. aussagen. Es geht um ein Foto, das auf dem Smartphone sichergestellt wurde. Die beste Freundin des Angeklagten hatte am 15. Oktober 2023 einen Screenshot vom Ausschnitt eines Online-Artikels zu diesem Mordprozess erstellt. Diesen hatte sie mit einem Kommentar an ihre Schwester gesandt: 

„T. hat sich verraten“, schreibt die Schulfreundin unter den Screenshot, der die Aussage einer Zeugin zitiert. Diese hatte als Polizeibeamtin Sebastian T. vernommen. Der Angeklagte habe ihr gegenüber geäußert, dass der Täter vielleicht mit einem Auto unterwegs war und Hanna W. „vielleicht zu etwas zwingen wollte und er ihr dann eine drüber gehaut hat, vielleicht irgendwas, was im Auto war oder ein Stein.“

Erst am letzten Verhandlungstag hatte Staatsanwalt Wolfgang Fiedler eine Stellungnahme vor Gericht abgegeben, dass das Auto Sebastian T.s untersucht worden sei. „Das Ergebnis ist aber noch nicht da, weil einiges zur Rechtsmedizin gefahren worden ist“, so Fiedler. Verteidigerin Regina Rick hatte sich massiv über die Maßnahme beschwert, während Richterin Aßbichler diese als eine völlig normale polizeiliche Maßnahme bezeichnete.

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Update, 9.55 Uhr - „Clash of Clans“-Alibi geplatzt

Am 25. Tag im Mordprozess gegen Sebastian T. (22) wird in einem kleineren Gerichtssaal verhandelt. Dicht gedrängt sitzen die Familie des Angeklagten, Zuschauer und die geladenen Experten in einer Hälfte des Raumes. Kurz nach dem Betreten der Jugendkammer und der Fortsetzung des Prozesses gibt die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler bekannt, dass erst am 12. Januar das Ergebnis einer Interpol-Anfrage eintraf. Das Ergebnis ist ein weiterer Meilenstein in der Beweisführung gegen Sebastian T. 

Es ging bei den angefragten Daten um die Uhrzeit, zu der der Angeklagte an seinem Handy das Spiel „Clash of Clans“ gespielt habe. Weil die Verteidigung im Rahmen eines Beweisantrags angegeben hatte, dass Sebastian T. das Spiel zur Tatzeit benutzt habe, sollte dies genauer untersucht werden. Hierzu wird der erste Zeuge, ein Beamter von der Kripo Rosenheim in den Zeugenstand gerufen. Er sagt, dass das finnische Unternehmen über die Suche nach der Telefonnummer von Sebastian T. einen Account gefunden habe und die Spielzeiten festgestellt werden konnten.

Sebastian T. spielte erst ab 2.42 Uhr das Handyspiel

Die Daten belegen, dass Sebastian T. am 3. Oktober erst ab 2.42 Uhr „Clash of Clans“ spielte – und zwar über einen Zeitraum von etwa acht Minuten. Das Smartphone des Angeklagten sei dabei über einen Festnetz-Router eingeloggt gewesen. „Es steht also fest, dass nicht ab 2.30 Uhr gespielt wurde. Die Behauptung der Verteidigung war damit falsch“, so Richterin Aßbichler. 

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Vorbericht

Traunstein; Aschau i. Chiemgau – Tag 25 im Mordprozess gegen Sebastian T. (22) beginnt, und noch immer ist unklar, wie es zum Verletzungsbild von Hanna W.s (†23) Leichnam kam. Als im November dazu mehrere Mediziner und Experten befragt wurden, war die Hoffnung auf eindeutige Beweise noch groß. Tatsächlich konnte aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass viele der Verletzungen an Hannas Leichnam auch durch das Abtreiben im hochwasserführenden Bärbach und der reißenden Prien entstanden sein könnten.

Frau Dr. Weimann, die die erste Leichenschau am Fundort durchführte, hatte zwar noch von „deutlichen Griffspuren“ an Hannas Armen gesprochen, doch die obduzierende Rechtsmedizinerin Prof. Dr. Mützel musste diese Feststellung relativieren: Laut ihr handle es sich nicht um typische Griffverletzungen. Mützel listete noch viele weitere Hämatome und Schürfwunden auf, die allesamt durch das Abtreiben entstanden sein könnten. Bei drei Riss-Quetsch-Wunden im vorderen linken Bereich von Hannas Kopf bemerkte sie aber, dass diese weitgehend „gleicher Gestalt“ waren, weshalb ein Entstehen durch Abtreiben von ihr als unwahrscheinlich gedeutet wurde.

Extrem seltene Verletzung der Schulterdächer

Sollten die Verletzungen durch Schläge mit einem Stein entstanden sein, dann müsste für jeden Schlag derselbe benutzt worden sein, schloss Mützel. Auch die Strangulationsmale im Gesicht und an der linken Halsseite des Leichnams könnten auch nach Hannas Ertrinken entstanden sein: Laut Mützel sei es theoretisch möglich, dass sich ihre Halskette an einem Ast verfing, und durch ihren 70 Kilogramm schweren Körper eine gewisse Zugkraft entstand. Erste Berechnungen zur Fließgeschwindigkeit von Bärbach und Prien ergaben 10 Kilometer pro Stunde.

Am auffälligsten war der symmetrische Bruch beider Schulterdächer, so Prof. Dr. Jiri Adamec, forensischer Traumatomechaniker am Institut für Rechtsmedizin in München. Laut ihm handelt es sich um eine extrem seltene Verletzung. Es sei außerdem unwahrscheinlich, dass diese von einem beidseitigen Aufprall an einem Hindernis im Wasser herrühre. Zur Identifikation solcher Objekte in den Fließgewässern hatte der Biomechaniker einen Drohnenflug begleitet. Nun soll er für seine Diagnose noch ein Gutachten des Hydromechanikers Prof. Andreas Malcherek heranziehen.

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