Das große Starbulls-Exklusivinterview, Teil 1
„Werden nicht gegen Abstieg spielen“: Deshalb starten die Starbulls selbstbewusst in die DEL2
Am 15. September starten die Starbulls Rosenheim in die neue DEL2-Saison. Und zwar mit großen Zielen. Wieso sich die Starbulls-Vorstände sicher sind, dass sie nicht gegen den Abstieg spielen werden, haben sie im OVB-Exklsuivinterview verraten.
Rosenheim – Die Starbulls Rosenheim sind nach sechs langen Jahren in der Oberliga endlich wieder zurück in der DEL2. Es war ein langer Weg, den die gesamte Organisation zurücklegen musste, es wurden viele unpopuläre Entscheidungen getroffen und in einem Thema sind sich die beiden Vorstandsmitglieder Marcus Thaller und Christian Hötzendorfer einig: „Aufgestiegen sind wir nicht an einem Tag, an diesem legendären Abend am 29. April, in der Sekunde als Brad McGowan das entscheidende Tor erzielte, sondern der Prozess, dass es überhaupt soweit kommen konnte, dauerte Jahre.“ Die OVB-Sportredaktion sprach mit Marcus Thaller und Christian Hötzendorfer über viele Themen. Im ersten Teil des großen Interviews vor dem Start in die neue Saison geht es um das Saisonziel, um Sponsoren, die Zusammenstellung der Mannschaft, den Dauerkartenverkauf und den Zuschauerschnitt.
Enorme Investitionen in den letzten Jahren
Mal ganz direkt gefragt: Sind die Starbulls bereit für das Abenteuer DEL2?
Marcus Thaller: Ich spreche jetzt mal nicht über die Mannschaft. Den sportlichen Teil überlasse ich Christian Hötzendorfer. Von der gesamten Organisation haben wir enorm investiert, damit wir professioneller werden. Mitte August kam noch eine zusätzliche Kraft für Social Media und damit haben wir mittlerweile sechs Leute in der Geschäftsstelle. Vor sechs Jahren hatten wir da noch eine Mitarbeiterin. Der Standort hat sich in den letzten Oberliga-Jahren enorm entwickelt. Man sieht es im Stadion. Das waren Investitionen von der Stadt und den Starbulls Rosenheim, die wir nicht für die Oberliga gemacht haben, sondern für den Zeitpunkt, wenn wir wieder in der 2. Liga sind. Wir haben die Infrastrukturen geschaffen, um die nächsten Schritte zu gehen. Jetzt profitieren wir von den Maßnahmen. Man hat es in der abgelaufenen Saison gemerkt, da greift jetzt ein Rädchen ins andere. Jetzt wollen wir noch professioneller werden. Mit mehr Personal und Service. Mehr Service gegenüber Sponsoren und den Fans.
Christian Hötzendorfer: Es war sicher nicht einfach, eine gute Mannschaft zusammenzubringen, wenn du so spät dran bist. Die anderen Vereine hatten den Vorteil, dass sie im Januar oder Februar mit Spielerverhandlungen beginnen konnten. Wir und Weiden waren in ganz Deutschland die letzten beiden Mannschaften, die überhaupt noch Eishockey gespielt haben. Dann fängst du relativ spät an, mit den Spielern zu sprechen. Da haben Trainer Jari Pasanen und Geschäftsführer Daniel Bucheli eine Toparbeit geleistet. Wir haben alle vier Sturm- und Verteidigungsreihen, die wir besetzen wollten, besetzt. Wir freuen uns auf den Start. Jetzt kann es losgehen.
Wie schwer ist es, Spieler zu so einem späten Zeitpunkt zu verpflichten?
Hötzendorfer: Schwer, sehr schwer, weil bei 80 Prozent unserer Angebote an Spieler, die wir verpflichten wollten, waren auch andere Vereine dran. Speziell einer hat immer gesagt: Egal was Rosenheim zahlt, wir bieten mehr. Wir haben uns allerdings auch sehr gut vorbereitet, aber jeden Spieler, den wir für fähig halten, dass er uns einen Beitrag leisten kann, den musste ich überzeugen, dass er möglicherweise auch in die Oberliga geht.
Und es hat trotzdem geklappt, eine starke Truppe zusammenzustellen.
Thaller: Wir haben einen unglaublich guten Ruf als Standort. Das liegt nicht nur daran, dass Rosenheim eine schöne Gegend ist. Das ist ein Faktor, ja. Aber wir haben in den letzten Jahren sehr hart gearbeitet. Das spricht sich in Europa und in Nordamerika herum. Rosenheim ist ein Standort, wo du hingehen kannst, an dem alles passt und die Spieler vernünftig betreut werden. Die Wohnungen und Autos stimmen. Da steckt viel Verwaltungsaufwand dahinter.
Junge Talente „können sich sehen lassen“
Was hat am meisten Kopfzerbrechen bereitet?
Hötzendorfer: Von der Kaderplanung her war die Situation in der 2. Liga mit den U24-Spielern eine der schwierigsten Aufgaben. Ein junger Spieler hat das Ziel, so hoch wie möglich zu spielen, aber was wir für junge Talente nach Rosenheim bekommen haben, das kann sich in der Kürze der Zeit sehen lassen.
Und bei Kontingentspielern müssen ja auch bestimmte Dinge beachtet werden.
Hötzendorfer: So ist es. Da stellen sich einige Fragen. Wie sieht das Gesamtpaket aus? Bringt der Spieler eine Familie mit? Mit Kindern, allein oder mit Frau oder Freundin? Was hat er privat vor? Wir haben zum Beispiel gelernt, dass Nordamerikaner keine Hunde, sondern fast schon Elefanten dabei haben. Da muss man dann für den Hund einen extra Flieger organisieren und den Hund dann aus Amsterdam abholen. Die Spieler sollen sich ja auch wohlfühlen.
Thaller: Das wirkt sich dann auch auf die Qualität der Leistung aus. Wenn du aber einen Spieler um dich herum hast, der den ganzen Tag rumjault, dann fällt dir nicht nur ein Rechtsaußen, sondern die ganze Reihe aus.
„Wir werden nicht gegen den Abstieg spielen“
Die Mannschaft passt, das Umfeld auch. Wie lautet das Saisonziel?
Hötzendorfer: Wir wollen definitiv angreifen. Wir wollen und werden nicht gegen den Abstieg spielen. Wir haben darauf hingearbeitet, dass wir finanziell gut aufgestellt in der 2. Liga an den Start gehen können. Das Minimalziel ist ein Pre-Playoff-Platz.
Thaller: Wir sind jetzt in einer anderen Situation. Die letzten Jahre war immer der Druck drauf Meister zu werden. Wir gehen mit Respekt an die Sache heran. Wir wollen mindestens Platz zehn und höher und dann sieht man, wie weit uns die Flügel tragen. Wir sind ja auch wer, wir haben die Zuschauer-Euphorie im Rücken mit diesem total authentischen und ehrlichen Interesse. Da ist alles dabei: Fanclubs, Familien, Sponsoren. Bei uns im Stadion sind Fans im Alter von fünf bis 90 Jahren.
Wie gerade erwähnt: Die Euphorie ist da, die Mannschaft ist komplett. Was erwartet denn die Gegner, die nach Rosenheim kommen?
Hötzendorfer: Die Vorbereitungsphase war und ist hochprofessionell. Jede Mannschaft, die hierher fährt, muss gegen uns erst einmal gewinnen. Manche lachen vielleicht und sagen, das ist ein altmodischer Spruch, wenn man erklärt: Die Gegner müssen sich schon fürchten, wenn sie über den Irschenberg fahren. Landshut muss da zwar nicht drüber, aber die wissen auch, dass Rosenheim keine Laufkundschaft ist. Ich freue mich schon auf die ganzen Duelle, die wir hier auf dem Eis haben.
Die Fans anscheinend auch, denn der Dauerkartenverkauf lief und läuft bombastisch.
Thaller: Wir haben nach dem Meistertitel und der Euphorie von einer vierstelligen Zahl geträumt, die wir erreichen wollen. Jetzt steuern wir auf die 2000 zu. Das ist echt unglaublich, was da an Dauerkarten weggegangen ist. Wir haben nach dem Aufstieg schnellstmöglich geschaut, dass wir in den Buchungsprozess reinkommen, um diese Euphorie mitzunehmen. Die hielt nicht nur in der ersten Woche an, als wir das Buchungsfenster aufgemacht haben, sondern über die komplette Zeit hinweg.
Knackt ihr die 2000er-Marke?
Thaller: Wir sind gespannt, wie weit das geht. Die Erfahrung zeigt, dass bei den Testspielen und beim ersten Punktspiel auch noch Dauerkarten gekauft werden. Im Prinzip ist ein Drittel des Stadions automatisch mit den Dauerkarten gefüllt.
Ausverkauftes Haus zum Saisonstart?
Das riecht ja förmlich nach mehreren ausverkauften Spielen schon in der Hauptrunde…
Hötzendorfer: Wenn ich mir auch den Saisonstart anschaue, das ist natürlich ein knackiges Programm, das wir da vor uns haben mit zwei Top-Favoriten zum Auftakt. Ich bin der festen Überzeugung, die Leute dürfen sich in dieser Saison einige Male auf ein ausverkauftes Stadion freuen. Aus der Historie heraus wissen wir, dass Landshut ausverkauft sein wird. Ich gehe stark davon aus, dass das erste Heimspiel ausverkauft ist. Im dritten Heimspiel haben wir Krefeld mit einem Ehrhoff und einem Matsumoto - eine Top-Mannschaft. Ich glaube, das wird sich kaum ein Fan entgehen lassen. Da werden wir heuer einen Schnitt haben, natürlich auch immer abhängig vom sportlichen Erfolg, den Rosenheim schon lange nicht mehr gesehen hat.
Die Fans wollen ja auch auswärts mitreisen. Da dürfen sich viele Gastgeber freuen, wenn die grün-weißen Anhänger auf Reisen gehen.
Thaller: Wir haben jetzt schon zwei Anfragen der Fans: Einmal für einen Sonderzug und einmal eine Bus-Auswärtsfahrt und die geht nicht nach Landshut. Die Euphorie ist ungebrochen und für uns ist das Wichtigste, diese Euphorie der Meisterschaft in die neue Saison mit rüber zu transportieren und das weiter zu pushen. Im Halbfinale und Finale hätten wir nach unserer Hochrechnung fast 20000 Tickets verkaufen können. Es zeigt sich immer wieder: Die Leute gehen nur dahin, wo die Leute hingehen.
Eishockey „eine Sportart, die im Aufwind ist“
In Rosenheim ist Eishockey schon immer die Nummer eins vor Fußball. Hat die schnellste Mannschaftssportart der Welt auch deutschlandweit gegenüber den Fußballern aufgeholt?
Hötzendorfer: Mich persönlich freut es nicht nur für das Eishockey, sondern für die ganzen Sportarten, dass Fußball in Deutschland auch nicht alles ist. Gespräche mit Verantwortlichen aus dem Fußball, und zwar aus dem professionellen Erstliga-Bereich, bestätigen das. Die sagen, wir spüren nicht mehr so das Interesse, das wir vor Corona schon gehabt haben. Mich freut es, dass aus der subjektiven Wahrnehmung heraus schon andere Sportarten auch mehr Gewicht kriegen. Eishockey ist sicher auch eine Sportart, die im Aufwind ist.
Heißt das, dass auch mehr Geld zur Verfügung steht?
Thaller: Wir haben ganz klare Zeichen dafür, dass die DEL2, aber auch die Oberliga deutlich stärker werden, auch was die ganzen Etatsummen angeht. Das ist extrem positiv, auch für die Nachwuchsarbeit, die ja bei uns nach wie vor ganz groß geschrieben wird. Das ist ja auch unsere DNA, und das freut mich.
Nachwuchs wird überall gebraucht.
Thaller: Richtig. Wir brauchen aber nicht nur den Nachwuchs auf dem Eis, sondern auch Nachwuchs auf den Rängen. Was mich da enorm freut, wenn ich mir die Dauerkarten-Buchungen anschaue: Fast zehn Prozent der bisher verkauften Dauerkarten sind Erstdauerkartenbesitzer, die unter 18 Jahre sind. Das sind inzwischen knapp 150 junge Leute, Jugendliche, die sich ihre erste Dauerkarte bei uns gekauft haben. Durch die Neuerungen hat ein junges Klientel auch mehr Spaß im Stadion, weil so viel drumherum passiert.
Spielen da die Erfolge der Nationalmannschaft in den letzten Jahren auch eine Rolle?
Hötzendorfer: Definitiv. Ich denke, die deutsche Nationalmannschaft hat viele in der ganzen Eishockeywelt im positiven Sinne eines Besseren belehrt. Eishockey und das DEB-Team waren ja spätestens mit dem Olympiaerfolg auf dem Schirm. Es ist lange unter dem Radar gelaufen, wie gut sich die gesamte Nachwuchsarbeit in Deutschland entwickelt hat. Da sind mittlerweile viele Vereine da, die eine sehr gute Arbeit im Nachwuchsbereich leisten und hochprofessionell aufgestellt sind. Früher wurde das deutsche Eishockey, ich will nicht sagen belächelt, sondern die Deutschen waren halt auch dabei.
Das ist anders geworden, oder täuscht das?
Thaller: Mittlerweile hat sich das wirklich gewandelt. Die Nordamerikaner schauen sehr genau nach Deutschland. Man sieht es ja, was in der NHL mittlerweile an deutschen Spielern aktiv ist. Zwei davon aus Rosenheim, ich glaube so viele wie von keinem anderen deutschen Verein. Da kriegt das deutsche Eishockey natürlich auch ein anderes Selbstbewusstsein.
Hötzendorfer: Der Deutsche Eishockey-Bund machte in den letzten Jahren eine immer bessere Arbeit. Wenn man sich anschaut, wo die 2. Liga herkommt. Rosenheim mit unseren Vorgängervorständen war da ganz mit weit vorne dabei, das zu reformieren bzw. in die DEL2 umzuwandeln und da eigenständig zu sein. Da wurde in den letzten Jahren der größte Sprung in Richtung Professionalisierung getan. Und davon leben wir jetzt auch ein Stück weit, weil die Sponsoren, die jetzt bei uns auftauchen, die nationale Aufmerksamkeit spüren. Da wird man in den Medien ganz anders wahrgenommen und das ist natürlich auch ein sehr wertvoller Beitrag für die Firmen.
Kein Vereinsalmosen-Empfänger mehr
Und die Starbulls bieten den Sponsoren einiges.
Thaller: Wir haben als Starbulls Rosenheim diesen Sprung geschafft, dass wir bei den Sponsoren nicht mehr als Vereinsalmosen-Empfänger wahrgenommen werden, sondern dass wir wirklich für das, was wir leisten, einen ehrlichen Beitrag verlangen können. Die Firmen können auf der LED-Bande werben, Sponsoren haben hier im Stadion eine vernünftige Möglichkeit, sich mit dem Kunden zusammenzusetzen, all diese Themen, also das Paket, das wir mittlerweile leisten können, ist wirklich sehr wertig. Damit können wir selbstbewusst rausgehen und brauchen uns nicht zu verstecken.
Die Sponsoren stehen also mehr oder weniger Schlange…
Hötzendorfer: So ist es auch wieder nicht, aber wenn es einem Sponsor gefällt, was wir anbieten, freuen wir uns, wenn er dabei ist. Wenn nicht, hat er vielleicht einen Vorschlag für uns. Wir hören uns immer alles an, wir wollen jeden Tag weiter lernen. Wenn einer mit einer guten Idee kommt, sind wir ganz weit weg zu sagen, wir wissen alles besser. Ich glaube, das ist das, was nicht nur unsere Sponsoren spüren, sondern was die Leute da draußen merken. Wir sind trotz aller Professionalität und trotz aller Weiterentwicklung ganz nah am Kunden. Sei es der Sponsor oder der Fan. Ein Beispiel: Wenn ein Fan mit seinem Kind nach dem Spiel vor dem Kabineneingang steht, klatscht jeder Spieler ab. Das sind Kleinigkeiten, die aber unfassbar wichtig sind. Das wollen wir auch in der Zukunft machen.
Thaller: Wir haben das große Glück, dass wir eben aus den Gründen, die Christian gerade genannt hat, auch genauso bei den Sponsoren wahrgenommen werden. Der ganze Sponsorenbereich ist mittlerweile ein sehr, sehr großer Teil von dem, wie wir den Betrieb zum Schluss auch bezahlen - da brauchen wir uns alle nichts vormachen. Wir haben die letzten vier, fünf Entwicklungsjahre auch viele unpopuläre Entscheidungen getroffen. Aber wir mussten das tun, weil das einfach wichtig ist in der heutigen Zeit. Die Firmen bekommst du nur, wenn du entsprechende Möglichkeiten bieten kannst.
Kein Event, aber super Eishockey
Sehen das mittlerweile auch die Fans so, die vor der letzten Saison skeptisch waren?
Thaller: Das ist das, was mich so freut, wenn ich mich mit vielen Zuschauern unterhalte. Da hat jeder Verständnis, aber auf der anderen Seite haben wir auch immer gesagt, wir wollen nicht nur etwas für Sponsoren machen, sondern wir wollen auch ausdrücklich und insbesondere unsere Zuschauer und Fans mitnehmen.
Hötzendorfer: Deswegen haben wir auch versucht, das Stadion aufzuhübschen, haben ein bisschen was am Entertainment gemacht. Wir sind auch ganz weit davon entfernt, dass wir sagen, das ist ein Event. Das ist ein sehr strapaziertes Wort, aber wir freuen uns, wenn die Leute kommen und sagen, super Eishockey und es ist was los im Stadion.(Fortsetzung folgt)

