Rosenheimer im OVB-Exklusivinterview
„Solche Spieler brauchst du“: Auf diesen Teamkollegen freut sich NHL-Spieler Lukas Reichel
23 Spiele hat Eishockeyspieler Lukas Reichel in der vergangenen Saison in der besten Liga der Welt absolvieren dürfen. Nun hat der 21-Jährige verraten, auf welchen neuen Mitspieler er sich freut und wie er den Aufstieg der Starbulls erlebt hat.
Rosenheim – Während Lukas Reichel in seiner Rosenheimer Heimat weilte, ist einiges passiert: Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft hat Silber bei der Weltmeisterschaft gewonnen, die Chicago Blackhawks haben sich im Draft der nordamerikanischen Profiliga NHL die Dienste von Supertalent Connor Bedard gesichert, dafür hat Patrick Kane, das Idol aus Reichels Jugendzeit, die Blackhawks verlassen. Darüber hat die OVB-Sportredaktion mit dem 21-Jährigen, der im Nachwuchs der Starbulls Rosenheim aufgewachsen ist, gesprochen, aber natürlich auch über Reichel selbst, seine abgelaufene Spielzeit in der NHL (sieben Tore und acht Vorlagen in 23 Spielen für Chicago) und im Farmteam Rockford IceHogs in der American Hockey League (AHL), wo Reichel auf 21 Tore und 31 Assists in 60 Partien kam. In lockerer Atmosphäre plauderte der Angreifer auch über seine Ziele für die kommende Spielzeit in der stärksten Liga der Welt.
Wie haben Sie die freien Tage in Rosenheim verbracht?
Lukas Reichel: Mit viel Training, zuletzt waren wir auch in Bad Tölz auf dem Eis. Am Wochenende habe ich meistens auch mit Freunden etwas unternommen.
Wie groß war denn der Heißhunger nach Schweinebraten oder Leberkäs?
Reichel: Das bayerische Essen geht mir in Amerika schon manchmal ab. Aber da muss man durch. Drüben ist es oft dasselbe mit Steak oder Burger.
Im letzten Sommer haben Sie erzählt, dass Sie Tipps vom vereinseigenen Ernährungsberater erhalten haben. Wie haben Sie das umgesetzt?
Reichel: In Rockford hatte ich einen Zimmerkollegen und in Chicago war ich immer im Hotel mit dem Alex Vlasic. Wir haben dann immer zusammen gekocht, auch gesunde Sachen wie Lachs, Kartoffel und Gemüse – was man halt so braucht! Da habe ich schon auf die Ernährung geschaut und mich auch besser gefühlt. Dazu habe ich immer viele Shakes für den Muskelaufbau getrunken. Das mache ich auch jetzt im Sommertraining, und es klappt bislang ganz gut.
„Rosenheim war schon immer eine Eishockey-Stadt“
Wie haben Sie den Aufstieg der Starbulls verfolgt?
Reichel: Wegen der Zeitverschiebung konnte ich die Spiele nicht verfolgen. Es ist schon brutal, was sie erreicht haben. Und wenn man auf die neue Saison und die Neuzugänge schaut: Das ist eine ganz gute Mannschaft. Es muss immer erst mal klappen, aber da ist Luft nach oben. Ich glaube, dass sie viele Spiele gewinnen werden.
Was sagen Sie zu dieser neuen Euphorie, die rund ums Rosenheimer Eishockey entstanden ist?
Reichel: Rosenheim war ja schon immer eine Eishockey-Stadt, das hat man in den Playoffs und bei der Meisterfeier auch gemerkt. Das war schön zu sehen!
Die DEL2 wird bei Ihnen nicht nur aufgrund der Starbulls in den Fokus rücken: Ihr Bruder Thomas spielt nun in Crimmitschau. Welches Spiel werden Sie sich nun eher anschauen: Das der Starbulls oder den Bruder bei den Eispiraten?
Reichel: Ich muss natürlich meinem Bruder zuschauen, die Familie geht da vor, ganz klar. Die haben sich auch gut verstärkt, das werden dann auch ganz gute direkte Kämpfe.
„Die Silbermedaille ist etwas ganz Großes“
Ebenfalls neu in der DEL2 ist Frank Hördler, der nach Selb gewechselt ist. Sie haben gemeinsam bei den Eisbären Berlin mit ihm gespielt. Was ist das für ein Typ?
Reichel: Das ist ein ganz chilliger Typ. Er hat so viel Erfahrung und macht auf dem Eis alles ganz abgeklärt. Auch neben dem Eis ist das ein super Typ, auch für die jungen Spieler. Wir haben damals viel unternommen, er hat nicht nur die Alten gefragt. Es hat Spaß gemacht, mit ihm zu spielen. Er ist einfach eine Legende!
Große Euphorie hat auch der Lauf der deutschen Nationalmannschaft zu WM-Silber hervorgerufen. Welche Träne ist bei Ihnen geflossen – die der Freude über den Erfolg der Jungs oder die der Trauer, weil Sie nicht dabei sein konnten?
Reichel: Logisch wäre ich gerne dabei gewesen, aber ich musste verletzungsbedingt pausieren. Die Silbermedaille ist etwas ganz Großes. Ich habe mich natürlich gefreut, weil so viele Kumpel, mit denen ich schon zusammengespielt habe und die vom Eishockey her schon so lange und so gut kenne, mit dabei waren.
Waren Sie während des Turniers mit der Mannschaft in Kontakt?
Reichel: Ja, war ich – vor allem mit den Spielern, mit denen ich in Berlin zusammengespielt hatte: Kai Wissmann, Marcel Noebels oder Jonas Müller. Das war ganz cool.
Wie nimmt man in Amerika den Erfolg der deutschen Mannschaft wahr?
Reichel: Zu diesem Zeitpunkt war ich ja schon wieder in Deutschland. Mir haben aber viele Leute geschrieben, die Coaches und ein paar Spieler. Da sieht man, was das für ein großer Erfolg ist.
Malen Sie sich untereinander mit den anderen deutschen NHL-Spielern auch schon aus, wie das bei einer gemeinsamen Teilnahme an den Olympischen Spielen ausschauen könnte?
Reichel: Schon. Es muss halt immer passen. Bei der WM waren ja auch viele Spieler nicht dabei, die sonst eigentlich im Team wären. Die Mannschaft hat Teamgeist und auch mal das Glück gehabt, das bei so einem Turnier dazugehört. Die Zukunft für die Nationalmannschaft schaut aber richtig gut aus. Es gibt viele junge Spieler, die auf diesem Niveau spielen können.
Reichel bekommt das Vertrauen
Sie haben in der NHL mehr Spiele als in der Saison davor bestritten und ihre ersten Tore erzielt. Am Ende waren es sieben Treffer. Wie zufrieden waren Sie damit?
Reichel: Sehr zufrieden. Ich habe im ersten Jahr gezeigt, dass ich in der AHL spielen kann, und letztes Jahr in Chicago gezeigt, dass ich auch in der NHL auf gutem Niveau spielen kann. Ich habe viel mehr Eiszeit bekommen und auch Powerplay-Erfahrung. Die haben mir das Vertrauen gegeben und ich kann zufrieden sein.
Wo ist denn der Puck vom ersten NHL-Tor?
Reichel: Ich habe ein Bild bekommen. Da ist ein Foto vom Torjubel drauf und der Zettel mit den ganzen Daten vom Spiel. Und dann habe ich natürlich auch den Puck. Der ist aber noch in Chicago. Ich muss ihn beim nächsten Mal mit nach Hause nehmen.
In der AHL haben Sie fast einen Punkt pro Spiel erzielt. Es wäre wohl mehr drin gewesen, wenn Sie sich nicht verletzt hätten!
Reichel: Die ganze Saison ist eigentlich richtig gut gelaufen. Zum Ende hin wurde es noch ein bisschen knapp, dass wir die Playoffs schaffen. Die Verletzung hat mitgespielt, aber das will ich nicht als Ausrede gelten lassen. Es hat halt einfach nicht gereicht! Wir haben gegen Texas in der Serie 0:3 verloren und die waren einfach besser, das muss man ganz klar sagen. Es war schade, aber für die jungen Spieler war es auch gut, Playoffs zu spielen und die Erfahrungen mitzunehmen.
Vor einem Jahr haben Sie erklärt, dass Chicago mit Ihnen einen Plan verfolgt. Sie sollen behutsam aufgebaut und nicht verheizt werden. Ist der Plan auch jetzt noch im Soll?
Reichel: Das ist er. Klar willst du immer gleich in der NHL spielen und ich hatte auch gehofft, das ganze Jahr in Chicago zu spielen. Aber sie wollen mich langsam aufbauen und mir Zeit lassen. Das war nicht immer einfach für mich, aber da muss man durch und immer weitermachen. Ich habe 23 Spiele machen dürfen und da hat es eigentlich super geklappt. Hoffentlich wird es nun eine ganze Saison.
„Ich will mir da keinen Druck machen“
Wie schaut der Plan für die kommende Saison aus?
Reichel: Das hängt dann auch von mir im Vorbereitungscamp ab. Ich glaube schon, dass ich mehr Spiele oben machen soll, aber das liegt ja auch an mir und meiner Leistung.
Bereiten Sie sich nun anders vor als im vergangenen Sommer?
Reichel: Eigentlich nicht. Ich arbeite noch etwas mehr an der Schulter nach meiner Verletzung. Ansonsten läuft alles so wie immer. Ich habe ja noch ein Jahr Vertrag, will mir da auch keinen Druck machen und mache deshalb auch genauso weiter wie bisher – das hat ja auch gut geklappt.
Welche persönlichen Ziele haben Sie sich gesetzt?
Reichel: Komplett durchspielen, weiterentwickeln, Erfahrungen mitnehmen.
Bedard? „So einer kann die gesamte Franchise drehen“
Wie bewerten Sie, dass die meisten Chicago-Neuzugänge Stürmer sind?
Reichel: Mit Connor Bedard hat sich der Neuaufbau jetzt beschleunigt und so einer kann die gesamte Franchise drehen, wie es auch ein Matthews, McDavid und MacKinnon getan haben. Es sind mit Hall, Perry und Foligno auch ältere Spieler gekommen und man merkt schon, dass sie den Mix mit älteren und jüngeren Spielern haben wollen. Ich glaube nicht, dass es für uns junge Spieler schlecht ist und die uns die Plätze wegnehmen, sondern dass sie da sind, um uns zu helfen und weiter zu bringen.
Was können Sie sich von den älteren Spielern noch abschauen?
Reichel: Da geht es um die Vorbereitung auf ein Spiel oder wie abgeklärt sie Situationen lösen. Wir haben ja vorher über Frank Hördler gesprochen: Wie er übers Eishockey denkt und sich darauf vorbereitet – da kann man was mitnehmen. Und auch auf dem Eis haben die sicher einige Tricks drauf. Das war auch bei Jonathan Toews und Patrick Kane so. Die haben dir Kleinigkeiten gezeigt oder gesagt, die du dann in dein Spiel einbauen konntest.
Lernen vom eigenen Idol
Patrick Kane war ihr Idol zu Jugendzeiten, dann haben Sie mit ihm zusammengespielt – und jetzt ist er weg!
Reichel: Das ist schade, man muss es aber auch verstehen. Unser Team befindet sich im Neuaufbau und er will noch um den Stanley-Cup mitspielen. Er kann es auch noch brutal.
Was nehmen Sie von ihm mit?
Reichel: Einige Sachen auf dem Eis. Wie er die Scheibe abdeckt, wie er ins Eins-gegen-eins geht oder wie er im Training auch an die kleinen Übungen rangegangen ist. Er wollte immer der Beste sein – und war es auch meistens. Er hatte auch das Selbstvertrauen dafür!
Hat Sie in Chicago ein erfahrener Spieler unter seine Fittiche genommen?
Reichel: Jonathan Toews hat oft mit mir gesprochen, weil wir auch ein paar Spiele in einer Reihe und sogar im Powerplay zusammen gespielt haben. Er war ein brutaler Kapitän und wollte immer das Beste aus mir rausholen. Im Training hat er mir auch ein paar Tricks gezeigt.
Sind Sie dann auch mal bei ihm eingeladen?
Reichel: Das war ich noch nicht, aber wir waren ein paar Mal beim Abendessen. Früher hast du ihn im Fernsehen gesehen... Aber das ist ein ganz normaler, lockerer Typ.
Hype um den nächsten Superstar?
Im Frühjahr war in der NHL die große Frage: Wer kriegt Connor Bedard? Am Ende war es Chicago. Nun ist er also da. Wie nehmen Sie den Hype um ihn wahr?
Reichel: Drüben ist es brutal. Ich selbst habe nur Spiele von ihm bei der Junioren-Weltmeisterschaft gesehen. Was man so hört, soll es ein brutal guter Spieler sein. Es wird cool, mit ihm in der Mannschaft zu stehen.
Was hat er?
Reichel: Eigentlich alles, vor allem einen brutalen Schuss. Da erinnert er mich ein bisschen an Matthews. Er ist auch schnell, hat Spielverständnis. Er kann eine Mannschaft und die ganze Franchise ändern. Solche Spieler brauchst du, wenn du irgendwann Stanley-Cups gewinnen willst, deshalb ist es richtig geil, dass er jetzt in Chicago spielt.


