Bürgerversammlung
Windräder, Kinder-Betreuung, Glasfaser: Diese Themen bewegen die Bürger in Unterreit
Kleine Gemeinde, große Themen: Bei der Bürgerversammlung in Unterreit resümierte Rathauschef Christian Seidl die Projekte der Kommune, darunter der heiß umstrittene Bauantrag für fünf Windräder sowie der Ausbau der Kinderbetreuung und Glasfaser. Zudem gab er einen Ausblick auf das kommende Jahr.
Unterreit – Über mangelndes Interesse konnte sich Bürgermeister Christian Seidl bei seinem Bericht über das vergangene Jahr, aber auch über Zukünftiges im Rahmen der jährlichen Bürgerversammlung nicht beklagen: Über 100 Gemeindebürger füllten den Saal des Unterreiter Wirtshauses bis auf den letzten Platz. Fast zwei Stunden konnte Seidl, gestützt auf eine Präsentation auch mit vielen Fotos, von überwiegend erfreulichen Ereignissen aus dem Gemeindeleben berichten, aber auch von Problemen und wie man diese inzwischen ganz konkret angegangen habe.
Wie allgemein üblich, stand am Anfang viel Statistik. Einige wesentliche Zahlen: Nach einem relativ kontinuierlichen Anstieg ist die Einwohnerzahl im letzten Jahr um 59 auf nunmehr 1.800 leicht zurückgegangen, der Ausländeranteil ebenfalls und beträgt nun 65 Personen, davon nur sehr wenige Geflüchtete, aktuell wird eine Familie aus der Ukraine intensiver betreut. Der Altersdurchschnitt liegt zwar inzwischen bei 43 Jahren, aber 17 Geburten gegenüber zehn Sterbefällen sorgen hier zumindest für einen positiven Saldo.
Mehr Kinder werden betreut
Dementsprechend ist auch die Zahl der im Kindergarten Unterreit betreuten Kinder von 53 auf 62 angestiegen, während die Zahl der Grund- und Mittelschüler jeweils um die 200 beträgt und damit relativ stabil geblieben ist. Es gab 48 Einsätze der drei Feuerwehren, deren Mitgliedern Seidl für ihren Einsatz zum Wohle der Gemeinschaft herzlich dankte. Die im mehrjährigen Durchschnitt liegende Zahl von 26 Bauanträgen belegt, dass die Gemeinde grundsätzlich weiterwächst.
Eine Gewerbesteuereinnahme von deutlich über zwei Millionen Euro ergab ein überaus erfreuliches großes grünes Tortenstück von über 50 Prozent im entsprechenden Diagramm, der Einkommensteueranteil als zweithöchster Einnahmeposten war mit ca. 1,16 Millionen Euro gut halb so groß. Eine Schuldenlast von circa 1,3 Millionen Euro bedeutet eine Pro-Kopf-Verschuldung von eher moderaten 741 Euro. Seidl betonte, dass man bei den beiden Grundsteuerarten den jeweiligen Hebesatz nach gründlichen Vorüberlegungen von 400 auf 260 Prozent gesenkt habe, um den vom Finanzamt neu festgelegten Basiswerten möglichst gut Rechnung zu tragen. Und mit einer Steuerkraft von 1.473 Euro pro Einwohner, die damit um fast 200 Euro über dem Landkreisdurchschnitt liegt, konnte Seidl den insgesamt positiv stimmenden Statistikteil abschließen.
Großprojekt: Sanierung der Grund- und Mittelschule
Im anschließenden Bericht über die gemeindlichen Aktivitäten war allerdings gleich die begonnene Sanierung der Grund- und Mittelschule in Gars und damit ein Großprojekt Thema. Seidl zeigte Fotos vom aktuellen Baufortschritt, die den Umfang der Maßnahme verdeutlichten, aber auch dokumentierten, dass man grundsätzlich im Zeitplan liegt und die Klassenzimmer in den beiden oberen Stockwerken für das Schuljahr 2025/26 bereits wieder nutzbar sein dürften, sodass die ausgelagerten Klassen dann wieder zurückkehren könnten.
Die veranschlagten Kosten von 27 Millionen Euro lagen einem Zuhörer offenbar sehr schwer im Magen. Er fragte später nach und wollte es ganz genau wissen. Seidl verdeutlichte, dass es Förderungen geben und – gemäß der Schülerzahl im Schulverband – nur ein Anteil von unter 40 Prozent auf Unterreit entfallen werde. Außerdem sei „diese Investition im Sinne unserer Kinder alternativlos“ gewesen, was ja auch bereits wiederholt dargelegt worden war. Man habe seinerzeit auch den ebenfalls sehr teuren Neubau gemeinsam finanziell gestemmt, „das werden wir mit dem Schulverband auch jetzt wieder schaffen, da bin ich ganz zuversichtlich.“ Ob der nach wie vor sehr besorgte Fragesteller das Angebot annimmt, zusammen mit dem Kämmerer die genauen Zahlen durchzugehen, bleibt abzuwarten.
Mobilfunkantennen in Betrieb
Eine bemerkenswerte Reihe von Baumaßnahmen konnte bereits erfolgreich abgeschlossen oder weit vorangetrieben werden, so sind inzwischen die beiden neuen Mobilfunkantennen in Unterreit und Wang in Betrieb, in Stadl konnten die Fernwärme-Heizanlage am Kloster und der umgestaltete Kinderspielplatz eingeweiht werden und mit der Hackschnitzel-Heizanlage im Keller des Bauhofs und der Photovoltaik auf dessen Dach geht es laut Seidl ebenfalls gut voran.
Der Glasfaserkabelausbau wurde im Gemeindebereich bereits fast komplett abgeschlossen und Vertreter der beauftragten Firma standen während der Versammlung sogar in einem anderen Raum für Fragen aller Art zum Thema zur Verfügung. Die Wege auf dem Friedhof in Wang sind umfassend saniert und auch einige Holzabfuhrwege wiederhergerichtet worden, im laufenden Jahr soll das auch noch mit der einen oder anderen schlechten Gemeindestraße geschehen. Der Bolzplatz in Stadl wird an den Ortsrand verlagert und um ein Beachvolleyballfeld ergänzt.
Die Arbeiten am „Naturkindergarten Unterreit“ gehen ebenfalls planmäßig voran, die Zufahrten sind fertig und die erforderlichen waldpflegerischen Maßnahmen im Umfeld wurden begonnen. Im Mai soll dann auch ein größeres einfaches „Waldhäusl“ in Ständerbauweise für Schlechtwettertage errichtet werden, sodass die neue Kindergartengruppe im Herbst „in Betrieb gehen“ kann. Hierzu gab es eine kritische Stimme aus dem Saal, die eine solche Kindergartengruppe für überflüssig und daher für eine Verschwendung von Steuergeldern hielt, offenkundig aber wohl eher eine Einzelmeinung. Seidl führte dazu aus, dass man im Gemeinderat die Entscheidung im Sinne des wachsenden Betreuungsbedarfs und eines möglichst vielfältigen Angebots für die Gemeindekinder sehr bewusst getroffen habe. Außerdem war bei den vorherigen Ausführungen deutlich geworden, dass man, einschließlich des Schutzhauses, sparsam geplant hat.
Zahlreiche Ehrungen
Über zahlreiche Ehrungen von Gemeindebürgern konnte sich Seidl auch freuen: Leonhard „Hardl“ Mittermaier war wegen seines vielfältigen großen Einsatzes für die Gemeinde zum Ehrenbürger ernannt worden, der renommierte Schlagzeuger Erwin Rehling hatte den Bayerischen Kulturpreis 2024 verliehen bekommen und Lukas Vorderwestner ist mit seiner Mannschaft gar Junioren-Europameister der U-19 Eisstockschützen geworden.
An gelungenen Veranstaltungen und Feiern im Rahmen der 1100-Jahr-Feier hatte es auch keinen Mangel gegeben: Seidl erinnerte insbesondere an die Kirchenführungen und den Mehrgenerationentag als überaus gelungene Gemeinschaftsleistung. Sein abschließender Dank galt daher auch den Feuerwehren, den Vereinen und allen anderen ehrenamtlichen Helfern, die das Gemeindeleben durch ihren engagierten Einsatz so umfassend bereichert hatten. Dass das auch im laufenden Jahr so sein wird, zeigen die bereits für Mai angekündigten Feste.
Bauantrag für fünf Windräder in Taufkirchen
Und ganz am Ende kamen sie dann doch noch: die Windräder. Um das Interesse an der Thematik wissend, hatte Seidl bereits zuvor im Rahmen der Präsentation berichtet, dass inzwischen der Bauantrag für fünf Windräder in der Nachbargemeinde Taufkirchen eingegangen sei. Für Diskussionen habe in diesem Zusammenhang das Brandschutzkonzept gesorgt: Es müsse viel Löschwasser vorgehalten werden und beim Brand einer Anlage könnten gefährliche Schadstoffe entstehen. Man werde daher darauf drängen, entsprechende Regelungen in den Vertrag mit dem Betreiber aufzunehmen.
Und nach zweieinhalb Stunden Infoveranstaltung und Fragerunde machte ein Gemeindebürger dann seinem Unmut Luft: Er könne sich das gar nicht vorstellen, diese riesigen Windräder in der Landschaft und dass es dagegen nicht mehr Widerstand gebe. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an den „Kampf der Bürger gegen die WAA“ in der zweiten Hälfte der 80er Jahre, der ja schließlich auch Erfolg gehabt habe und forderte auf jeden Fall von Gemeinderat und Bürgermeister ein energisches Vorgehen gegen das Projekt. Im Saal gab es für diesen Beitrag einigen Applaus.
