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Premiere des neuen Musicals im Zehentstadel

Rettet Telefonsex den Dorfladen? Theaterbühne Unterreit zeigt „Eine ganz heiße Nummer“

Maria (Christina Inninger, Mitte) entwickelt angesichts der Pleite des örtlichen Lebensmittelladens eine nicht ganz jugendfreie Geschäftsidee, von der Lena (Lisa Suittenpoitner, links) und Waltraud (Monika Hangl, rechts) aber erst noch überzeugt werden müssen.
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Maria (Christina Inninger, Mitte) entwickelt angesichts der Pleite des örtlichen Lebensmittelladens eine nicht ganz jugendfreie Geschäftsidee, von der Lena (Lisa Suittenpoitner, links) und Waltraud (Monika Hangl, rechts) aber erst noch überzeugt werden müssen.

„Sex sells“: Das wissen auch Waltraud, Maria und Lena, denn die Mitarbeiterinnen des örtlichen Lebensmittelgeschäfts eröffnen angesichts der drohenden Pleite kurzerhand eine Telefonsex-Hotline. So war die Musical-Premiere von „Eine ganz heiße Nummer“ der Theaterbühne Unterreit.

Unterreit/Gars – Es ist schon etwas Besonderes und Ungewöhnliches: Seit über einem Jahrzehnt spielt die Theaterbühne Unterreit ausschließlich Musicals, initiiert von Andreas Bernard. Doch diesmal hatte man, nach über einjähriger Suche, bei einem Verlag ein geeignetes Stück gefunden: „Eine ganz heiße Nummer“. Die Theaterer haben die deutsche Filmkomödie mit Gisela Schneeberger und Monika Gruber in ein ziemlich freches Musical auf der Höhe des digitalen Zeitalters umgewandelt und auf die Bühne des Zehentstadels in Au gebracht.

Theaterbühne Unterreit zeigt „Eine ganz heiße Nummer“

Und darum geht's: Drei Damen unterschiedlichen Alters, deren verschuldeter Lebensmittelladen vor dem Aus steht, rufen zur Existenzsicherung eine Telefonsex-Hotline ins Leben. Auch die Kirche, ihre Vertreter und ihre Riten bekommen ordentlich etwas ab. Und in der Kirche beginnt das Stück auch gleich, wo man von der Kanzel erfährt, dass die örtliche Glashütte schließen muss und damit zahlreiche Arbeitsplätze wegfallen werden. Doch Bürgermeistergattin Gerti (Beatrix Mang), die kurzerhand für ihren Gemahl die Fürbitten übernimmt, schmettert gleich einmal ein Solo, dass man mit genügend Frauenpower auch dieser Probleme Herr, beziehungsweise Frau werden wird.

Dabei kauft aber auch sie selbst schon längst beim Discounter im Nachbarort und ist mitverantwortlich für den Niedergang des örtlichen Lebensmittelladens, in dem Waltraud (Monika Hangl), Maria (Christina Inninger) und Lena (Lisa Suittenpointner) arbeiten und nun vor dem Nichts stehen. Doch dann hat Maria die rettende Idee: die Gründung einer Telefonsex-Hotline, denn bekanntlich: „Sex sells“ und außer dem vorhandenen Telefon braucht es keine weiteren Investitionen. Die kurz vor der Rente stehende Waldtraud ist zunächst ebenso schockiert wie die fromme Lena, doch eine etwas flexiblere Interpretation des in der Bibel klar formulierten Gebots der Nächstenliebe lässt sie am Ende einwilligen, wie auch Waltraud nach zwei, drei Schnäpsen schließlich ihren ersten Anruf übernimmt, der nach einer gewissen Aufwärmphase allerdings mit einem zutiefst empörten „Ja, sag amal, wie redst denn du mit mir!?“ endet.

Flotter Gesang und tolle Choreografie

Im Saal krümmt man sich natürlich vor Lachen, mehr noch wenig später, als die drei Protagonistinnen, nun ausgestattet mit Headsets und deutlich mehr Professionalität bei der „Arbeit“, während der heißen Anrufe geschäftig der alltäglichen Hausarbeit nachgehen. An Erfahrung haben die drei nicht nur durch einschlägige „Fachliteratur“, sondern vor allem durch einen Besuch in einem Sexshop und in einem Bordell gewonnen, eine herrlich provokant-ironisch inszenierte Szene mit zahlreichen Ensemblemitgliedern, in der sich flotter Gesang und tolle Choreografie zu maximaler Bühnenwirkung verbinden – der Saal tobt.

Wie auch beim „Hennensong“, als die drei Heldinnen einem anrufenden „Gockel“ gemeinsam etwas vorgackern sollen. Dumm nur, dass die Bürgermeistergattin die letzten Ausläufer davon noch mitbekommt und auch der Pfarrer finstersten Verdacht schöpft, als Maria das im Shop gekaufte Sexspielzeug aus der Tasche fällt und ein lustiges Eigenleben entwickelt.

Die Bürgermeistergattin (Beatrix Mang) singt in der Kirche von Frauenpower. Die Anfangsszene mit allen auf der Bühne Aktiven zeigt die geschickte Raumausnutzung, die erst die Darstellung einer komplexeren Handlung möglich macht.

Doch zunächst läuft noch alles prächtig und man sieht die Drei in schickem neuem Outfit und mit Einkaufstüten behängt im Dorfwirtshaus einkehren, was das Getuschel im Ort natürlich kräftig belebt. Gleichzeitig eröffnet sich für alle dort Lebenden eine neue Perspektive: Ein Großauftrag der Kirche für Domfenster könnte die Glashütte wiederbeleben …

Restlos ausverkauft

Wie das Ganze ausgeht, wird natürlich nicht verraten. Davon dürfen sich die Besucher selbst ein Bild machen, zumindest diejenigen, die Karten für die noch kommenden Aufführungen ergattern konnten, denn diese sind restlos ausverkauft. Ein „Stellenangebot“ möchte Daniela Suittenpointner aber loswerden: Die Zahl der singenden männlichen Ensemblemitglieder sei deutlich ausbaufähig, was sich an einer Reihe von männlichen Doppelrollen gezeigt hatte.

Das Fazit zur Premiere: Es ist ein zum Teil deftiges Musical, in dem die bürgerliche Doppelmoral bloßgestellt, aber auch die Botschaft vermittelt wird, man und nicht zuletzt auch Frau, sollten sich nicht unterkriegen lassen, nicht zu passiven Opfern werden, sondern die Initiative ergreifen, was der große Schlusschor mit allen Ensemblemitgliedern abrundend unterstreicht, ein weiterer eingängiger Song des Abends.

Nicht nur Schauspielerei und zahlreiche Ortswechsel, sondern zudem auch Gesang, Musik, Choreografie mussten sorgsam einstudiert und mit perfektem Timing abgerufen werden. Hier liegt die Latte also noch einmal um einiges höher als beim konventionellen Amateurtheater, und nur durch eine enorme Gemeinschaftsleistung nicht nur auf, sondern auch mit zahlreichen Akteuren hinter der Bühne ist eine so beeindruckende über zweistündige Inszenierung möglich.

Von der Kirche zum Lebensmittelladen zur Dorfkneipe und wieder zurück

Zu einem ebenso diskret wie perfekt ablaufenden wiederholten Bühnenumbau – von der Kirche zum Lebensmittelladen zur Dorfkneipe und wieder zurück – kommt ein enormer technischer Aufwand mit Musikanlage, zahlreichen Headset-Mikrofonen und einem raffiniert zur Ergänzung des Bühnenbildes eingesetzten großen Bildschirm – geradezu erstaunlich, wie professionell das gemeistert wird. Beim Gesang zeigt sich, dass manche schon Bühnenerfahrung mitbringen oder, bestärkt von Spielleiterin Suittenpointner, in ihre Rollen wirklich hineingewachsen sind, aber auch, dass in einer äußerst engagierten Musicaltruppe ganz generell beachtliche Leistungen möglich werden.

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