Hörberinger Straße in Neumarkt-St. Veit
Zwischen Neumarkter Schule und Seniorenheim – Kommt Tempo 30 im zweiten Anlauf?
Schafft es Tempo 30 in der Hörberinger Straße in Neumarkt St. Veit vielleicht doch noch? Diese Frage stellt sich das Bürgernetzwerk, das eine Petition beim Bayerischen Landtag gestellt hat. Wann es dort mit der Beratung weitergeht.
Neumarkt-St. Veit/München – Schafft es die Petition BV.549.18: „Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h in der Hörberingerstraße, Neumarkt-Sankt Veit; Beschwerde über Landratsamt Mühldorf“ im zweiten Anlauf? Darauf hofft zumindest das Bürgernetzwerk, das den Landtag um Unterstützung gebeten und im November 2022 eine Petition eingereicht hatte. Im Mai 2023 fand ein Ortstermin mit den damaligen Berichterstattern Inge Aures (SPD) und Manfred Eibl (FW) statt.
Unterschiedliche Standpunkte zu Tempo 30
Dort hatte das Bürgernetzwerk noch einmal die Gelegenheit, seine Argumente vorzubringen. Aber auch die Behörden – Landratsamt Mühldorf, Stadt Neumarkt-St. Veit, Polizei und Straßenbauamt Rosenheim – erläuterten, warum ein zeitlich begrenztes Tempo 30 in dem Bereich zwischen Schule und Seniorenheim in der Hörberinger Straße nicht notwendig beziehungsweise möglich ist.
Innenminister Hermann mit Zitat konfrontiert
Eva und Christian Guse machen keinen Hehl daraus, dass sie über den Verlauf und die Tendenz des Ortstermines ziemlich enttäuscht waren. Doch sie haben sich davon nicht entmutigen lassen. Sie haben sich unter anderem an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann gewandt und ihn beispielsweise mit einem Zitat konfrontiert: „Gerade im Umfeld von Schulen ist es notwendig, stets besonders wachsam, ständig bremsbereit und niemals zu schnell zu sein. Jederzeit könnte unvermittelt ein Schulkind über die Straße rennen“, sagte Herrmann zum Schuljahresbeginn 2022 im Rahmen der Aktion „Sicher zur Schule-Sicher nach Hause“.
Zugleich appellierten sie an das Gewissen des Innenministers, sich aktiv für die Kinder einzusetzen und gingen konkret auf die Situation in Neumarkt-St. Veit ein. Sie beschrieben, dass die Staatsstraße 2086 in der Hörberinger Straße direkt an der Grundschule vorbeiführt und dort wochentags täglich über 5000 Fahrzeuge aller Art vorbeifahren. Der Schwerlastverkehr werde sich, so ihre Befürchtung, ab dem kommenden Jahr wegen der Eröffnung eines Lagerhauses am entgegengesetzten Ende von Neumarkt-St. Veit noch verstärken.
Fachanwalt sieht Möglichkeit, Tempo 30 anzuordnen
Sie argumentierten auch mit der Aussage von Dr. Olaf Dilling, einem Fachanwalt für Verkehrsrecht, der überzeugt ist, dass es in der Hörberinger Straße möglich sei, Tempo 30, streckenbezogen auf 300 Meter begrenzt, anzuordnen. Zudem führten sie wieder an, dass aus ihrer Sicht sehr wohl ein direkter Zugang von der Schule zur Hörberinger Straße bestehe. Etwas, was das Landratsamt in Absprache mit dem Straßenbauamt Rosenheim, das für den Unterhalt der Staatsstraße zuständig ist, nach wie vor verneint.
Innenministerium vertritt Argumentation von Landratsamt und Straßenbauamt
Die Antwort von Staatssekretär Sandro Kirchner war allerdings eher ernüchternd. Letztlich verwies er auf die Argumentation von Landratsamt und Straßenbauamt. Zugleich schrieb er, dass der Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr seine Arbeit nach der Landtagswahl in neuer Zusammensetzung wieder aufgenommen hat und die Petition wohl in einer der nächsten Sitzungen beraten werden wird.
Am 23. Januar soll die Petition behandelt werden
Die ursprüngliche Petition wurde nämlich in der Sitzung vom Juli 2023 vertagt, weil die Bundesgesetzgebung abgewartet werden sollte. Das Bundesverkehrsministerium hatte einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Einführung von Tempo 30 für Kommunen erleichtern sollte. „Nach unserer Kenntnis wurde der betreffende Gesetzentwurf im Bundesrat abgelehnt, sodass keine Änderung der Straßenverkehrsordnung in diesem Punkt stattgefunden hat. Deshalb kann die Behandlung der Petition nun in der Sitzung am Dienstag, 23. Januar, fortgeführt werden“, heißt es in einer Mitteilung der Pressestelle des Landtages. Von dort ist zudem zu erfahren, dass „Petitionen nicht der Diskontinuität unterliegen. Sie werden unabhängig der Gremien im Landtag vom jeweils zuständigen Ausschuss behandelt“. Das heißt, Petitionen, die vor der Landtagswahl im vergangenen Jahr bereits eingereicht worden waren, werden auch von dem neugebildeten Petitionsausschuss behandelt.
Bereits 1978 wurde Tempo 30 gefordert
Die Diskussion in Sachen Tempo 30 in der Hörberinger Straße ist im Übrigen nicht neu. Rudolf Berghammer, der von 1972 bis 1984 Stadtrat und von 1984 bis 2002 Bürgermeister war, hatte bereits 1978 neben einer Beschilderung eine Geschwindigkeitsbegrenzung beim Straßenbauamt Rosenheim gefordert. Damals war Berghammer Elternbeiratsvorsitzender der Grundschule Neumarkt-St. Veit. Allerdings ist damals auch nur die Beschilderung angeordnet worden.
Deutsche Umwelthilfe fordert auch Tempo 30
Das Bürgernetzwerk hat sich aber auch an die Deutsche Umwelthilfe gewandt, die sich in einer Stellungnahme ebenfalls für ein „streckenbezogenes Tempo 30 an der Hörberinger Straße“ ausspricht. Robin Kulpa, der stellvertretende Bereichsleiter Verkehr und Luftreinhaltung der Deutschen Umwelthilfe, führt in seiner Stellungnahme aus, dass Tempo 30 gemäß Allgemeiner Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung nicht nur möglich, sondern sogar geboten sei.
Auch die Deutsche Umwelthilfe vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass der Zugang von der Schule zur Hörberinger Straße ein direkter Zugang sei. Sie argumentiert, dass es für einen „direkten Zugang“ nicht maßgeblich sei, ob es sich dabei um einen Haupteingang der Schule handelt. Ausschlaggebend sei laut Straßenverkehrsordnung, ob der Eingang tatsächlich benutzt werde; und dies sei nachweislich der Fall.
Auch das Argument des Landratsamtes, dass es keine „einfache Gefahrenlage“ bei der Grundschule gebe, kann die Deutsche Umwelthilfe so nicht sehen. Diese sei „typischerweise bereits durch die Gefahren aus der Pulkbildung der Schüler und dem noch nicht vollständig ausgeprägten Bewusstsein für Gefahren und der mangelnden Impulskontrolle von Kindern im Grundschulalter“ bereits gegeben.
Die Deutsche Umwelthilfe sieht deshalb „keine plausiblen Gründe, warum eine Anordnung von Tempo 30 an besagter Stelle nicht möglich und angemessen sein sollte“.