Anliegen von in Mühldorf tätigem Beamten
Unfallfluchtfahnder der Verkehrspolizei erinnert: Zettel mit Telefonnummer reicht nach Unfall nicht
Polizeihauptkomissar Thomas Meixner ist Unfallfluchtfahnder der Verkehrspolizeiinspektion (VPI) Traunstein mit Dienstort Mühldorf am Inn. Wir trafen ihn vor kurzem, um angesichts eines Fahndungserfolgs in einem Fall in Altötting seine Arbeit vorzustellen. Eine Sache, die er unseren Lesern mitgeben will: Auch wenn es nur ein vermeintlich kleiner Unfall war, reiche ein Zettel für den Geschädigten nicht aus und könne vielmehr zu ernsten Konsequenzen führen.
Mühldorf am Inn - „Selbst wenn wir davon ausgehen würden, dass jemand wirklich seine korrekten Namen, Anschrift und Telefonnummer hinterlässt: Es reicht ja schon, dass es regnet, der Zettel vom Wind weggeweht wird und so weiter“, meint Polizeihauptkomissar Thomas Meixner, Unfallfluchtfahnder der Verkehrspolizeiinspektion (VPI) Traunstein mit Dienstort Mühldorf am Inn, „Daher kann ich nur eindringlich an Ihre Leser appellieren: Wenn Sie einen Unfall verursachen, bei dem der Geschädigte nicht anwesend ist, auch wenn es vermeintlich ‚nur‘ ein ‚Parkplatzrempler‘, ‚Spiegelstreifer‘ oder dergleichen ist, warten Sie die vorgeschriebene Zeit beziehungsweise kontaktieren Sie die Polizei.“
Definition von Fahrer- beziehungsweise Unfallflucht laut dem Strafgesetzbuch (StGB)
§ 142 Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich
1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2. berechtigt oder entschuldigt
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.
(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.
(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).
(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.
„Jeden Tag kommen im Durchschnitt etwa 20 neue Fälle von Unfallflucht dazu. Das umfasst alles vom Spiegelstreifer bis zum schweren Unfall mit Personenschaden“, erläutert Meixner, „Grundsätzlich befassen wir uns mit allen davon. Aber wir müssen natürlich priorisieren, was besonders dringlich oder wichtig ist.“ Vor kurzem war der Fahndungserfolg nach einem schweren Verkehrsunfall mit Fahrerflucht in Altötting/Loha Anfang August auch der Arbeit der Unfallfluchtfahnder zu verdanken. Sie unterstützen andere Beamte bei ihren Ermittlungsarbeiten, bei besonders schweren Fällen wie jenem in Altötting sind sie auch selbst sofort zur Stelle.
Unfallfluchtfahnder der Verkehrspolizei erinnert: Zettel mit Telefonnummer reicht nach Unfall nicht
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ist eine Straftat, die mit einer Geldbuße oder bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft wird. Auch Fahrverbot und Punkte in Flensburg sind möglich. „Die Sache ist halt auch, dass Unfallflucht häufig begangen wird, damit etwas anderes nicht entdeckt wird“; gibt Meixner zu bedenken, „Ob,. dass der Verursacher unter Rauschmitteleinfluss steht, die Versicherung oder Zulassung des Fahrzeugs abgelaufen ist oder der Fahrer schlicht keinen Führerschein hat.“ Im Januar wurde ein solcher Fall am Amtsgericht Mühldorf am Inn verhandelt: Eine Frau war mit ihrem Auto gegen einen Pfosten gefahren. Sie war nicht nur betrunken, sondern fuhr auch vom Unfallort weg. Trotz des geringen Sachschadens war die Strafe nicht unerheblich.
Bundesjustizminister Buschmann (FDP) brachte Anfang des Jahres den Vorschlag auf den Tisch, die Straftatb ei reinen Sachschäden zu einer Ordnungswidrigkeit herabstufen und die Täter zu entkriminalisieren. „Schon jetzt geben sich nur ganz wenige zu erkennen. Wenn es eine Ordnungswidrigkeit ist, dann werden es noch weniger“, kommentierte das damals im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen Polizeihauptkommissar Erich Gottwald, der bei der Polizeiinspektion Waldkraiburg für Verkehr zuständig ist Auch der Deutsche Richterbund warnte, dass Ordnungswidrigkeiten häufig nur als „Kavaliersdelikt“ wahrgenommen würden. Es stünde zu befürchten, „dass infolge der geplanten Reform die Warte- oder Meldebereitschaft nach Unfällen weiter sinken würde.“
Rechtsreform bei Unfallflucht war angedacht, kam aber dann doch nicht
Am Ende sprach sich der Deutsche Verkehrsgerichtstag dagegen aus. Dieser ist eine jährlich stattfindende Konferenz für Straßenverkehrsrecht. Sie hat bundesweit Relevanz, da ihre Empfehlungen häufig in der Politik bei der Ausgestaltung von Gesetzen und Vorschriften berücksichtigt werden. „Die Meldung eines Unfalls solle aber besser geregelt werden, etwa durch die Einrichtung einer neutralen, digitalen Meldestelle. Auch solle es möglich sein, einen Unfall bis zu 24 Stunden nach dem Geschehen straffrei melden zu können. Zudem solle eine Mindestwartezeit festgelegt werden, die der Unfallverursacher im Idealfall einhalten soll“, berichtet das juristische Fachportal „beck aktuell - Heute im Recht“.
Es bleibt also somit dabei, dass Unfallflucht auch bei scheinbar geringen Fällen drastische Konsequenzen haben kann. „Wenn man die Leute dann konfrontiert, kann es natürlich mal so und mal so laufen“; meint Meixner, „Manche Leute gestehen dann sofort, sehen auch ihre Schuld ein. Andere versuchen sich herauszureden. ‚Ja, da ist eine Delle, aber das war ein Wildunfall‘ ist da ein Klassiker. Dem gilt es dann solide Ermittlungsarbeit gegenüberzustellen. Letztlich ist die weitere Strafverfolgung dann natürlich Sache der Staatsanwaltschaft.“ (hs)