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Fahrerflucht im Landkreis Mühldorf

Gegen Pfosten gefahren: Frau für Unfallflucht verurteilt – das könnte sich zukünftig ändern

Unfallschaden
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Auch ein geringer Sachschaden kann bei Unfallflucht zu einer hohen Strafe führen. Das könnte sich durch eine digitale Meldestelle ändern, dann müssten Unfallverursacher nicht mehr am Ort des Geschehens warten.

Eine Frau ist mit ihrem Auto gegen einen Pfosten gefahren und wurde dafür nun vom Amtsgericht verurteilt. Sie war nicht nur betrunken, sondern fuhr auch vom Unfallort weg. Trotz des geringen Sachschadens ist die Strafe nicht unerheblich – doch das könnte sich ändern.

Mühldorf – Es war schon spät, als eine 53-jährige Frau etwas von der Fahrbahn abkommt und gegen einen Pfosten fährt. Sie kam aus einem Wirtshaus und war auf dem Weg nach Hause. Der Pfosten war beschädigt, stand schräg in der Wiese, es entstand ein Sachschaden von 160,50 Euro.

Keine große Sache, könnte man meinen. Doch die Frau war mit 1,43 Promille nicht nur betrunken, sie entfernte sich auch noch unerlaubt vom Unfallort. Fahrerflucht, wie es umgangssprachlich heißt.

Unfälle mit Fahrerflucht passieren immer wieder

Unfälle wie diese sind keine Seltenheit: Im Jahr 2022 ereigneten sich im Landkreis Mühldorf 3385 Unfälle, in 564 Fällen flohen die Verursacher vom Unfallort. Das geht aus einer Statistik der Polizei Mühldorf hervor und entspricht rund 17 Prozent aller Unfälle. Ein Wert, der in den letzten zehn Jahren relativ konstant war.

Bei fast allen Unfällen mit Fahrerflucht entstand ein Sachschaden. „Oft sind die Fahrer allein und fahren gegen eine Leitplanke, manchmal erwischen sie auch ein Schild”, sagt Karl-Heinz Stocker, Polizeihauptkommissar in Mühldorf und zuständig für den Sachbereich Verkehr.

Auch eine angeschlagene Autotür ist ein Unfall

Die meisten Fälle von Fahrerflucht würden allerdings auf Parkplätzen vor großen Supermärkten oder Baumärkten passieren. „Die Unfallverursacher merken zum Teil gar nicht, dass sie ihre Autotür angehauen haben und die Geschädigten zeigen den Schaden dann an”, erklärt Stocker. Er rät in so einem Fall dringend dazu, sich umgehend bei der Polizei zu melden, denn auch eine angeschlagene Autotür sei ein Unfall.

Andere würden bewusst weiterfahren, um die Tat zu verschleiern und nicht bei der Versicherung hochgestuft zu werden. „Manche sind aber auch in Eile oder schlichtweg uneinsichtig – ihnen wird gar nicht klar, dass sie damit eine Straftat begehen”, sagt Stocker.

Die Angeklagte gab ihren Fehler sofort zu

Nicht so die 53-Jährige: Als sie wenig später von der Polizei befragt wurde, räumte sie sofort ein, gefahren zu sein und den Unfall verursacht zu haben. Vor dem Amtsgericht geht es darum nicht mehr um den Strafbefehl an sich, sondern um das Strafmaß.

Den entstandenen Schaden am Pfosten hat die Frau zum Zeitpunkt der Verhandlung bereits wiedergutgemacht. Das sowie die engen wirtschaftlichen Verhältnisse wirkten sich am Ende strafmildernd aus: Die 53-Jährige ist alleinerziehend mit zwei jugendlichen und einem bereits volljährigen Kind, die bei ihr wohnen. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, hat sie zwei Jobs, die ihr rund 1350 Euro einbringen.

Geldstrafe, Verfahrenskosten und Führerscheinentzug

Letztlich wird sie für das doppelte Fehlverhalten zu 80 Tagessätzen von je 20 Euro verurteilt. Hinzu kommen die Kosten des Verfahrens und für eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU). Denn die Fahrerlaubnis wurde ihr entzogen und ist ab Urteilsverkündung weitere neun Monate weg.

„Die Angeklagte hat sich geständig gezeigt und ist vorher nie in Erscheinung getreten, auch die Fahrtstrecke, das Verkehrsaufkommen und die Schadenssumme sind gering”, begründet Richter Dr. Christoph Warga das Entgegenkommen beim Strafmaß.

Die Rechtslage zur Unfallflucht könnte sich ändern

Zukünftig könnte das Strafmaß in einem Fall wie diesem geringer ausfallen: Das Bundesjustizministerium regt an, dass Unfallverursacher bei einem Sachschaden künftig nicht mehr an der Unfallstelle verbleiben müssen, sondern den Schaden im Nachgang online melden können. Auch der Deutsche Anwalt­verein spricht sich dafür aus, Unfallflucht bei Sachschäden zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen.

Über diesen Vorschlag berieten Sicherheits- und Rechtsexperten von 24. bis 26. Januar beim Verkehrsgerichtstag in Goslar. Infolgedessen wollen sie Empfehlungen an den Gesetzgeber abgeben.

Wer einen Schaden nicht meldet, würde sich trotzdem strafbar machen

Die 53-Jährige hätte den Sachschaden bei einer neuen, geänderten Gesetzeslage über eine digitale Meldestelle melden können und hätte keine rechtlichen Konsequenzen wegen Fahrerflucht zu befürchten. „Falls der Unfallverursacher einen Schaden aber dennoch nicht meldet und sich vom Unfallort entfernt, soll er sich weiterhin strafbar machen“, teilt das Bayerische Staatsministerium der Justiz auf Anfrage mit. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt noch nicht vor.

Viele Unfallverursacher kommen Pflichten nicht nach

Die geplante Herabstufung der Unfallflucht zu einer Ordnungswidrigkeit lehnen das Bayerische Justizministerium und das Innenministerium ab. Schon heute würden viele Unfallverursacher ihren Pflichten nicht nachkommen, heißt es zur Begründung.

„Zu befürchten ist, dass bei einer Entkriminalisierung der Unfallflucht die Hemmschwelle weiter sinkt und noch mehr Verkehrsteilnehmer sich ihren Pflichten entziehen. Das kann im Interesse der Geschädigten nicht richtig sein. Sie blieben dann auf – teilweise hohen – Schäden sitzen“, heißt es aus dem Ministerium.

Sollte tatsächlich eine digitale Meldepflicht anstelle einer Wartepflicht bei Sachschäden etabliert werden, könnte sich das laut Bayerischem Justizministerium sogar positiv für Geschädigte auswirken: Es erscheint nicht ausgeschlossen, „dass sich zukünftig auch solche Unfallbeteiligte (digital) melden, die sich bislang unerlaubt vom Unfallort entfernt haben, weil sie die Aufdeckung ihrer Trunkenheit und daraus resultierende Konsequenzen befürchtet haben.“ Trunkenheitsfahrten könnten so allerdings unerkannt bleiben.

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