Serie: Mühldorfer Gastro-Szene
Mühldorferin (53) erfindet sich neu: Andrea Meiers neue Wege in der Gastronomie
Der Traum vom eigenen Café ist für Andrea Meier aus Mühldorf wahr geworden. Mit dem „ausserart“ Concept Store geht sie einen neuen Weg und erfindet sich mit 53 nochmal neu.
Mühldorf — 25 Jahre lang waren Steuern ihr täglich Brot. Doch Andrea Meier war das Steuerfach zu nüchtern, sie wollte etwas anderes. Meier fertigte Schmuck und verkaufte den in ihrer umgebauten Garage. 2010 wagte sie den Schritt, eine eigene Boutique am Stadtplatz zu eröffnen. Da war sie 39. Heute ist sie 53 und hat sich noch einmal neu erfunden und dabei einen lange gehegten Traum erfüllt: ein eigenes Café.
Das ist Teil ihres Concept Stores „ausserart“, den sie Im Mai 2024 an der Inn-Lände neu eröffnet hat. „Stil - Genuss - Erlebnis“ steht an der Eingangstür. Es gibt einen gastronomischen Bereich, mehrere Boutique-Räume und einen kleinen Saal für Events. Im Sommer kann man draußen auf der kleinen Terrasse Platz nehmen.
Das Gebäude in der Hohenauerstraße 7 wurde aufwändig saniert und umgebaut. Dass sich hier einst eine Augenarztpraxis und nebenan eine Tapas-Bar befanden, davon ist nichts mehr zu spüren.
„Mein Vermieter hat die Wände eingerissen, beide Objekte zusammengelegt und alles nach meinem Wunsch gestalten lassen, weil er meine Idee mit dem Concept Store gut fand“, erklärt die 53-Jährige fröhlich.
Auch wenn hier schon mal eine Gastronomie angesiedelt war, wurde die Küche nach Meiers Wünschen umgebaut. Der elegante dunkle Bartresen als Zentrum und die Anordnung der Räume stammen auch aus ihrer Ideenschmiede.
Man kann durch die verschiedenen Bereiche bummeln und sich anschließend was Süßes oder Herzhaftes schmecken lassen. Oder einfach so auf einen Kaffee vorbei schauen. Meier bietet auch ausgewählte Weine und Longdrinks an.
Ihr Geschäft steht auf mehreren Füßen: Café, Boutique für Mode, Schmuck und Wohnaccessoires, ein Veranstaltungsraum für Events und Workshops und eine Untermieterin im Untergeschoß. Hier hat sich eine Psychotherapeutin mit ihrer Praxis niedergelassen.
Umdenken nach Corona-Zeit
Nach der Corona-Zeit und wegen der großen Konkurrenz des Onlinehandels sei in den vergangenen Jahren in ihr der Entschluss gereift, eine Veränderung müsse her. Das Einkaufsverhalten der Menschen habe sich immer wieder gewandelt. Während der Pandemie war gezieltes Einkaufen statt Bummeln angesagt. Die Geschäfte im Einzelhandel liefen schlechter, auch wenn ihr eigener Online-Shop funktionierte.
Nach der Pandemie wollten die Kunden etwas erleben, bespaßt werden, wenn sie Geld ausgeben, so ihre Einschätzung. Und darum verkaufe sie im „ausserart“ nicht nur Waren, sondern ein Erlebnis, erklärt die Unternehmerin. Sie sollen sich wohlfühlen in meinem Geschäft, wie in einem Wohnzimmer.“
Intimes Ambiente
„Hier sitzen die Leute auch gern mal allein und genießen das ruhige, intime Ambiente im Café. Das ist ein Kontrastprogramm zu dem Gewusel am Stadtplatz und dem Sehen und Gesehen werden“, sagt sie augenzwinkernd.
Ja, ein Neuanfang erfordert Courage. Sie nickt wissend. Denn die hat Meier als 39-Jährige schon einmal bewiesen, als sie 2010 ihrem sicheren Job im Steuerfach den Rücken gekehrt hat, um ihre Boutique zu gründen. Die alte Arbeit sei einfach zu nüchtern gewesen.
Lebhafte Kontakte mit Menschen, ein herzliches Miteinander - das habe gefehlt. Davon habe sie nun jede Menge in ihrem neuen Concept Store, sagt sie strahlend.
Rechnen und Kalkulieren sei natürlich auch als Geschäftsfrau unabdingbar. „Aber man muss den Dingen Raum und Zeit geben“, ist sie überzeugt. Stoße sie an Grenzen, sei sie zuversichtlich, diese zu meistern.
Zum Beispiel, als sie und ihre Tochter an Heiligabend am Vormittag von Gästen, die Weißwürste frühstücken wollten, förmlich überrannt wurden. „Das war herausfordernd, das zu zweit zu bewältigen - aber schön“, so Meier.
Auch bei der Musiknacht wurde es spätabends voll. Nachdem die Bands in den Lokalen am Stadtplatz ihre letzten Stücke gespielt hatten, pilgerten die Flanierer in Scharen zu Andrea Meier, denn im „ausserart“ legte ein DJ auf und in der Bar wurde es gesellig.
Ja, die Gastronomie sei ein neues Abenteuer. „Es ist herausfordernd, aber I mag‘s einfach.“ Die Preise halte sie bewusst günstig, weil sie nicht nur auf einem wirtschaftlichen Bein stehen müsse. „Ich hab wenig bis kein Personal. Meine Tochter unterstützt mich“, so Meier.
Jeden Tag bereitet die Chefin drei Mittagsgerichte zu, bietet Kuchen und Gebäck und Frühstück an. Die Auswahl hält sie bewusst klein, um Vorbereitung und Ausgabe selbst bewältigen zu können.
„Wir haben hier eine freundliche Selbstbedienung“ steht auf Schildern am Tisch. Denn Andrea Meier berät in ihrem vielfältigen Laden auch zeitgleich Kunden, die sich für Schmuck oder etwa die Boho-Bast-Lampen aus Bali oder eine Ibiza-Tunika interessieren.
Events bis 20 Personen
Meier bietet für Events bis zu 20 Personen, die sich im kleinen Saal mit der goldenen Kuppel einfinden können, auch Menüs auf Vorbestellung an, die sie selbst zubereitet. Der helle Raum mit der außergewöhnlichen Decke und dem Lichtkonzept wird derzeit für Yogakurse und Workshops gegen Raummiete genutzt. Vernissagen oder Meetings seien laut Meier auch schon in Planung.
Nicht auf Lorbeeren ausruhen
„Keiner der eingesessenen Geschäftsleute kann es sich heutzutage leisten, sich auf alten Lorbeeren auszuruhen. Man muss was bieten“, lautet Andrea Meiers Überzeugung.
Öffnungszeiten: dienstags und mittwochs von 9-18 Uhr, donnerstags und freitags 9 bis 18 Uhr (ab März bis 20 Uhr) und samstags 9 bis 16 Uhr.
Kommende Woche handelt die Serie „Die Mühldorfer Gastro-Szene“ von „Mrs.Béo“.





