Serie: Die neue Mühldorfer Gastroszene
Thai-Food und Abenteuer: So kämpft Mühldorfer Wirt für mehr Gäste und gegen hohe Steuern
Zwölf Prozent weniger Gewinn, das bedeutete die Anhebung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie. Deshalb zumachen? Das „Bangkok am Inn“ in Mühldorf wählte einen anderen Weg.
Mühldorf – „Ein Abenteuer ist das schon, der größere Laden“, sagt Waewpan Jongsukwarakul – genannt Ann – ihr Mann Thomas Schweindl stimmt zu. Sie sind die Betreiber des „Bangkok am Inn“. Kürzlich sind sie umgezogen. Von der Bräugasse 15 in die Ledererstraße 16 ins ehemalige Asia-Restaurant „Anh“, das einige Jahre leer stand.
Asia-Shop im Lokal
Das „Bangkok am Inn“ bot bisher – je nach Aufstellung der Tische – 18 bis 24 Plätze. Jetzt gibt es für die Gäste acht Sitzplätze mehr. Und die Gastgeber Ann (53) und Thomas (49) haben ein neues Konzept im Gepäck: Das Asia-Restaurant bietet jetzt auch einen Asia-Shop.
Lieferkette besser nutzen
Diese Konstellation hat gleich zwei Vorteile. Zum einen haben die Betreiber mehr von der Lieferkette ihrer Waren, die sie in der Küche verarbeiten – und auch im Shop anbieten können. Durch die Kombination zwischen Shop und Lokal könne man den Kunden gute Preise bieten.
„So werden wir auch mal verschiedene neue Produkte testen und als Aktion im Restaurant anbieten“, sagt Ann. Generell bleibe die Speisekarte ein buntes Potpourri der Thai-Küche. Geplant sei, auch Ramen, die japanischen Nudelsuppen-Variationen, anzubieten, weil man da eine Marktlücke sehe.
Sushi-Läden sind die neuen Barber-Shops.
Sushi gebe es inzwischen zu Hauf in Mühldorf, Ramen weniger, sagt Thomas Schweindl. „Die Sushi-Läden sind die neuen Barber-Shops“, sagt er augenzwinkernd.
Gerade räumt Ann angesagtes buntes Mochi-Eis, das mit Reisteig ummantelt ist, in die Gefriertruhe des kleinen Ladenabteils, das direkt an den Gastraum angrenzt. Hier darf während der gesetzlichen Öffnungszeiten eingekauft werden.
Höhere Mehrwertsteuer hat „krasse Auswirkung“
Der zweite Pluspunkt des Konzepts: die Mehrwertsteuer. Die Waren werden im Shop nur mit sieben Prozent versteuert. „Seit nach Corona in der Gastronomie im Januar 2024 die Mehrwertsteuer auf Speisen von sieben wieder auf 19 Prozent angehoben wurde, brauchten wir ein kleines zweites Standbein, um das zu kompensieren. Wir wollen die Erhöhung nicht einfach auf die Preise draufschlagen“, sagt Thomas Schweindl.
„Es ist richtig krass, was die Mehrwertsteueranhebung ausmacht, zwölf Prozent vom Gewinn bleiben aus.“
Viele Wirte im Landkreis leiden unter der Mehrwertssteuererhöhung, weiß Holger Nagl. Er ist Inhaber und Betreiber des „Hammerwirt“ und Kreisvorsitzender der Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband).
Die Umsatzsteuer für Verpflegungsdienstleitungen war im Juni 2020 von 19 auf 7 Prozent gesenkt worden – im Zuge des Corona-Steuerhilfegesetzes. Die Wirte konnten durch die Pandemie-Einschränkungen zuerst nicht öffnen und dann viele Monate nur unter Einschränkungen.
Die Mehrwertsteuer-Anhebung im Januar 2024 treibt ihn um, wie auch viele andere Gastronomen. Nagl ist enttäuscht von der Politik, insbesondere von Olaf Scholz. „Er hat eine ganze Branche belogen, als er bei einem Wahlkampfauftritt als Kanzlerkandidat im Fernsehen im September 2021 sagte, die 7 Prozent werden nie wieder abgeschafft.“
Dann kam der „verkorkste Bundes-Finanzausschuss“ im Herbst 2023. „Die Zustimmung vom Bundestag, es bei 7 Prozent zu belassen, hat vorgelegen. Aber der vermurkste Haushalt war nicht verfassungskonform und wurde gekippt“, ärgert sich Nagl.
Nagl betont, Speisen mit 7 Prozent zu versteuern, sei eine 30 Jahre alte Forderung der Branche an die Politik, um etwa beim Kampf ums Mittagsgeschäft mit den vielen Take-away-Angeboten als À-la-carte-Restaurant mithalten zu können. Auf Speisen zum Mitnehmen sind nur sieben Prozent fällig.
Schweindl selbst hat noch einen Hauptjob neben der Gastronomie. Er arbeitet in der IT-Branche. Im „Bangkok am Inn“ wirkt er hauptsächlich im Hintergrund: Buchhaltung und Behörden. Seine Frau Ann und ihre Tochter Sariya sind das Aushängeschild und kümmern sich um Küche und Service. Wenn der Andrang für die beiden nicht zu stemmen sei, müsse man über zusätzliches Personal nachdenken, so Schweindl, der sich auch mal die Schürze umbindet und Gäste bedient.
Ann ist seit zehn Jahren Deutsche
Kennen gelernt haben sich Thomas Schweindl und Waewpan Jongsukwarakul in der thailändischen Hauptstadt Bangkok, wo sie ein Lokal betrieb und er zehn Jahre lang in der Software-Entwicklung Projekte betreute. Seit 13 Jahren lebt Waewpan Jongsukwarakul in Deutschland und hat seit knapp zehn Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft. Die beiden leben mit zwei Katzen in Mößling.
Öffnungszeiten: Asia-Shop 9 bis 19 Uhr; Restaurant: 11 bis 21.30 Uhr; Sonn- und Feiertage geschlossen.
Lesen Sie am Montag, 8. Dezember, die nächste Folge der Gastro-Serie: „Vom Ätna auf die Teller der Mühldorfer: Nudelwerk mit neuen Köpfen und neuem Konzept zurück“


