Serie: Die neue Mühldorfer Gastroszene
„1727 Bar“ in Mühldorf: Mit Feng-Shui und Eleganz mehr Lebendigkeit für die Gastro-Szene
Ein Architekt aus München und ein Feng Shui-Meister aus China haben Feng Beckhaus geholfen, ihren Traum von der „1727 Bar“ in der Mühldorfer Altstadt zu verwirklichen.
Mühldorf – Als Chinesin glaubt Feng Beckhaus an Feng-Shui, die daoistische Harmonielehre. Für die Eröffnung ihrer Weinbar hat sie in ihrer alten Heimat einen Feng Shui-Meister konsultiert, der anhand ihrer Geburtsdaten den 11. Oktober 2024 um 11 Uhr für gut befunden hat.
„Wir haben die Sichtschutz-Folien von den großen Fenstern abgenommen und die Leute, die kommen wollten, willkommen geheißen“, sagt Feng Beckhaus, die Chefin der „1727 Bar“ am Stadtplatz. Eine große Eröffnung nach der einjährigen Umbauphase wollte sie nicht, um sich und ihrem Team Stress zu ersparen.
Mit chinesischem Mondkalender abstimmen
Und das hat geklappt. „Wer umzieht oder feiert, gleicht wichtige Daten auch mit dem chinesischen Mondkalender ab“, erklärt die 47-Jährige den Einklang mit den Mondzyklen, den viele Chinesen praktizieren.
Der Name der Weinbar nimmt Bezug auf den steinernen Brunnen, der sich vor dem denkmalgeschützten Haus befindet und die dort eingemeißelte Jahreszahl 1727.
Brunnen als Quelle des Lebens
„Der Brunnen ist eine Lebenswasserquelle, hier haben sich die Menschen früher ihr Trinkwasser geholt. Das passt gut zu einer Bar, wo die Menschen zusammen kommen“, findet die Wahl-Mühldorferin, die seit zehn Jahren hier wohnt.
In den ehemaligen Räumen der Boutique „Frau Maus“ werden nun Gäste mit deutschen und italienischen Weinen und ausgewählten Käsesorten, Serrano-Schinken und etwa Oliven bewirtet.
Bekenntnis zu Mühldorf
Ein aufwändiger Umbau ging dem voraus. Architekt Marcel Moreth, der aus München stammt und inzwischen in Neuötting wohnt, erklärt, warum das Projekt, das mittelalterliche Gemäuer zu einer modernen Bar umzubauen, auch ein Bekenntnis zum Standort Mühldorf ist.
Seiner Familie gehört das Gebäude. Zusammen mit Feng und Karsten Beckhaus hat sie viel Geld in den Umbau gesteckt, einen sechsstelligen Betrag, sagt der 28-jährige Architekt, der die genaue Investitionssumme nicht nennen möchte. Die beiden Familien haben sich die Kosten geteilt, zu unterschiedlichen Anteilen.
„Wir glauben an die Zukunft dieser Bar mit Feng. Und weil dahinter eine große Ernsthaftigkeit steckt, wurde viel investiert und qualitativ hochwertige Materialien verbaut“, so Moreth, der von einem „Leidenschaftsprojekt für Mühldorf“ spricht. „Damit wollen wir unseren Beitrag zur Lebendigkeit des Stadtplatzes leisten.“
Farben beeinflussen Wohlbefinden
Für Feng findet sich in der eleganten Einrichtung, die Moreth mit ihr abgestimmt hat, die Harmonielehre Feng-Shui wieder. So zieht sich eine lange dezent goldene Deckenverkleidung von der Eingangstüre bis zum anderen Ende des Gastraumes durch wie ein Teppich.
„Farben haben einen Einfluss aufs Wohlbefinden und verstärken die Elemente. Gold steht für die Kraft der Sonne, für Luxus und Glück und kann das Energiefeld in einem Raum erhöhen“, erklärt sie.
Ein Happy Dragon, eine lachende Figur in Form eines niedlichen Drachens, der in einer Nische steht, sorgt nicht nur für gute Laune. „Der Drache ist das Zeichen des Kaisers, steht für Güte, Intelligenz und Reichtum“, erläutert Beckhaus die Symbolik.
Gebäude stammt aus Mittelalter
Das Herzstück ist die Bar mit dem riesigen Spiegel hinter dem Spirituosen-Regal. Hier mixt Feng gemeinsam mit einem Barkeeper aus ihrem Team klassische Cocktails, aber auch unbekanntere Kreationen wie den Lychee-Sprizz, Mango Aperol oder Hibiscus Lillet.
Alle Umbauten in dem Gebäude mittelalterlichen Ursprungs mit den „charmanten windschiefen Wänden“ seien in enger Abstimmung mit der Stadt und etwa dem Denkmalamt erfolgt, ergänzt Moreth. Er trug dafür Sorge, dass die unterschiedlichen Raumhöhen und krummen Wände so eingebunden wurden, dass ein harmonisches Gesamtbild entstand.
„Für den Sommer möchten wir für die ,1727 Bar‘ eine Gast-Terrasse rund um den Brunnen verwirklichen. Die Planungen laufen“, sagt Marcel Moreth. Parkplätze fallen dadurch nicht weg.
Alles Neue tut unserem Mühldorf gut.
Auf Menschen, die um den Brunnen sitzen, trinken und ratschen, darauf freut sich Feng schon sehr. „Alles Neue tut unserem Mühldorf gut“, sagt die Chinesin, „ob nun gegenüber das Goa umgebaut hat, oder ein Irish Pub die Ausgehmöglichkeiten bereichert. Je mehr wir in Mühldorf tun, umso mehr kommen die Leute zu uns – anstatt dass alle nach München oder Burghausen fahren“, ist sie überzeugt.
Weltweit war die 47-Jährige unterwegs, hat unter anderem in Singapur gelebt und gearbeitet. Zuhause fühlt sich die studierte Wirtschaftsingenieurin in Mühldorf, wo sie nun seit 2014 lebt.
„Hier hat man alles, was man braucht, vieles kann man zu Fuß erledigen und es gibt keinen Stau“, freut sie sich. Sie stammt aus der 8-Millionen-Stadt Chang Chun, 1000 Kilometer nördlich von Peking. „Da ist immer Stau“, sagt sie lachend.
Ming viel zu verdanken
In Mühldorf sei sie auch zum ersten Mal in Berührung mit der Gastronomie gekommen – durch Ming. Der in der Region bekannte und beliebte Gastro-Unternehmer, der im Januar 2024 im Alter von 53 Jahren an einer schweren Krankheit verstorben ist, war mit Feng befreundet.
Er hatte sie 2016 in sein Team geholt. „Gemeinsam haben wir ab 2016 ,Ming & Friends‘ im Inncarreé aufgebaut. Ich bin ihm sehr dankbar, ohne ihn würde ich heute nicht meine Bar hier machen.“ Denn durch die Erfahrung, die sie an Mings Seite im Gastgewerbe sammelte, reifte der Wunsch nach einer eigenen Bar – ohne den großen Kostenapparat Küche.
Darum serviert sie in der „1727 Bar“ Snacks, die sich gut vorbereiten lassen. Weil Essen nur eine kleine Rolle spielt, treffe sie die Mehrwertsteuererhöhung von 7 auf 19 Prozent für Speisen, die seit Januar 2024 gilt, nicht so arg.
Bevor sie und ihr Mann Karsten, der in China Projekte für deutsche Firmen managte, nach Süddeutschland zogen, habe sie häufig die Warnung gehört, wie eigen die Bayern doch sein sollen mit ihrem „Mia san mia“. Das hat sie überprüft und festgestellt: Das stimmt nicht.
„Die Leute sind friedlich und sehr offen.“ Noch nie habe sie eine ausländerfeindliche Situation erlebt. „Wo bitte ist es in Deutschland schöner als in Bayern? In meinen Augen gibt es kein besseres Bundesland.“
Öffnungszeiten: mittwochs bis samstags 17 bis 0 Uhr.







