Wichtiger Schritt zur Integration
Arbeiten für 80 Cent pro Stunde – so viele Flüchtlinge sind im Landkreis Mühldorf schon vermittelt
Asylbewerber liegen nur auf der faulen Haut und halten die Hand auf? Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig. Was die Arbeitspflicht für Flüchtlinge bringt und wie es damit im Landkreis läuft.
Mühldorf – Bereits im Januar 2024 haben im Landkreis 113 Menschen aus den Gemeinschaftsunterkünften und dem Waldkraiburger Ankerzentrum gemeinnützige Arbeit geleistet. Sie übernahmen hauptsächlich einrichtungsinterne Tätigkeiten wie Reinigungsarbeiten. Im März wurden die Einsatzmöglichkeiten von der Bundesregierung ausgeweitet und Landrat Max Heimerl kündigte im Kreistag an, weitere Jobmöglichkeiten für Flüchtlinge zu ermitteln. Zeitgleich sollte festgestellt werden, wie viele Personen für diese Arbeiten herangezogen werden können. Das OVB hat nachgefragt, was diese Nachforschungen ergeben haben.
Rund 100 Menschen können vermittelt werden
„Wie die Überprüfungen ergeben haben, können grundsätzlich rund 100 Personen in dezentralen Unterkünften zusätzlich für gemeinnützige Arbeiten herangezogen werden“, teilt Karin Huber, Pressesprecherin des Landkreises, mit. „Seit der Gesetzesänderung konnten wir 12 weitere Personen verpflichten.“ Sie sind mindestens 18 Jahre alt, eine Altersbeschränkung nach oben gibt es nicht.
Man dürfe aber bei den momentan 125 gemeinnützig Beschäftigten nicht vergessen, dass diese Arbeitsgelegenheiten nie dauerhaft sind. Das hänge immer davon ab, welche Arbeiten zur Verfügung stehen und wie lange die einzelnen Einrichtungen, Träger oder Vereine jemanden zur Unterstützung benötigen
Auf Bauhöfen, in Sportvereinen und Schulen
„Bislang konnten Tätigkeiten in der Landschafts- und Gebäudepflege, im Bereich Jugendarbeit, zur Unterstützung der Bauhöfe und Sportvereine sowie Mittagsbetreuung an Schulen etabliert werden“, zählt Huber auf. „Weiterhin haben wir Arbeitsgelegenheiten bei Essensausgaben, dem BRK, der AWO und Caritas schaffen können.“
Auf Vorkenntnisse kommt es nicht an
Bei der Verpflichtung komme es nicht auf Vorkenntnisse an, sondern auf die grundsätzliche Verfügbarkeit der Person. „Die beruflichen Qualifikationen sind für die Verpflichtung zur Arbeitsgelegenheit grundsätzlich nicht relevant“, betont Huber. „Die Aufgaben sind Hilfstätigkeiten und erfordern keine Qualifikationen.“ Die im Landkreis untergebrachten Flüchtlinge hätten zum Teil handwerkliche, kaufmännische oder technische Ausbildungen bis hin zu Universitätsabschlüssen.
„Personen, die erwerbstätig, arbeitsunfähig, schulpflichtig oder unter 18 Jahre alt sind, können nicht verpflichtet werden“, erläutert Huber die gesetzlichen Vorgaben. „Ukrainische Flüchtlinge fallen grundsätzlich nicht in den Leistungsbezug nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und können somit nicht verpflichtet werden.“
20 Stunden pro Woche sind erlaubt
Den Arbeitsgelegenheiten darf 20 Stunden pro Woche nachgegangen werden. Pro Tag sollen 4 bis 6 Stunden gearbeitet werden, dafür erhalten die jeweiligen Personen 80 Cent pro Stunde. „Die Arbeitsgelegenheiten werden ausschließlich wohnortnah zugewiesen“, betont Pressesprecher Wolfgang Haserer. „Es muss gewährleistet sein, dass die jeweiligen Personen die Tätigkeit fußläufig oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen können.“
Gemeinden, Träger und Vereine bieten die Arbeitsgelegenheiten an, die Organisation und Verpflichtung zu den Tätigkeiten liegt beim Landratsamt. Anbieter und Landratsamt stehen in regelmäßigem, engem Austausch.
Landrat: „Wichtiger Beitrag zur Integration“
„Bereits vor der Gesetzesänderung zu den Arbeitsgelegenheiten war es in den Gemeinschaftsunterkünften und im Ankerzentrum bei uns im Landkreis Mühldorf gängige Praxis, dass Asylbewerber gemeinnützige Arbeit leisten“, stellt Landrat Max Heimerl fest. Nach der Neuerung wurden auch außerhalb Arbeitsgelegenheiten geschaffen. Die Vermittlung sei allerdings wegen der Überprüfung aller gesetzlichen Vorgaben sehr aufwändig. Heimerl beurteilt die Möglichkeiten zum Arbeitseinsatz insgesamt positiv: „Die Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit ist ein wichtiger Beitrag zur Integration und kann die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen. Vorrangiges Ziel sollte es jedoch auch sein, Asylbewerber in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren.“
1500 Bezahlkarten ausgegeben
Seit Anfang Mai werden im Landkreis Mühldorf wie im Rest Bayerns an Asylbewerber Bezahlkarten ausgegeben, im Landkreis sind derzeit rund 1500 dieser Karten im Umlauf. Sie sind zum bargeldlosen Bezahlen gedacht, bis zu 50 Euro im Monat können damit auch bar abgehoben werden. „Der Einsatz der Bezahlkarte läuft reibungslos“, bestätigt Haserer auf Nachfrage. „Das System ist gut durchdacht und wird kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert.“ Wenn sich die jeweilige Person nicht mehr im Landkreis aufhält, wird die Bezahlkarte gesperrt und gekündigt.