Ein Gesetz macht‘s möglich
Asylbewerber für 80 Cent pro Stunde arbeiten lassen? So hält es der Landkreis Mühldorf
Landkreise können Asylbewerber gegen kleines Entgelt gemeinnützig arbeiten lassen. Jetzt wurde diese Regelung noch einmal erleichtert. Wie geht der Landkreis Mühldorf damit um?
Mühldorf – Ende Februar appellierte Bayerns Innen- und Integrationsminister Joachim Herrmann (CSU) an die Landkreise, mehr Asylbewerber für gemeinnützige Arbeit zu gewinnen. Sie sollten die schon seit dem Jahr 1993 bestehenden rechtlichen Möglichkeiten endlich mehr nutzen. Herrmann: „Die Menschen leisten einen Beitrag für die Gesellschaft, was wiederum die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht.“
Arbeitspflicht für arbeitsfähige Asylsuchende
Gemeinnützige Arbeit dürfen und sollen Asylsuchende in Deutschland schon seit Jahren ausüben. So geschieht es auch im Landkreis Mühldorf. Geregelt wird das vom Asylbewerberleistungsgesetz §5, das es Landkreisen und Kommunen erlaubt, Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten. Es gibt also eine Arbeitspflicht für Asylsuchende. Sie gilt für alle Asylbewerber, wenn sie arbeitsfähig und nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind.
Im Landkreis Mühldorf schon Alltag
„Die Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit ist im Landkreis Mühldorf nichts Neues“, stellt das Landratsamt auf Nachfrage des OVB fest. Pressesprecher Wolfgang Haserer erklärt dazu: „Seit mehreren Jahren werden Leistungsbeziehern entsprechende Arbeitsgelegenheiten angeboten.“ Die Aufwandsentschädigung ist gesetzlich mit 0,80 Cent pro Stunde festgesetzt. Bei Arbeitsverweigerung sind Leistungskürzungen möglich.
Mehr Nachfrage als Jobangebote
Die Asylbewerber im Landkreis nähmen diese Angebote gut an, sodass die Nachfrage nach den Arbeitsgelegenheiten das Angebot derzeit bei Weitem übersteige. Ihr Einsatz erfolge vor allem einrichtungsbezogen, etwa zu Reinigungsarbeiten in größeren Unterkünften. Haserer: „Allerdings ist die Umsetzung in der Praxis für den Landkreis bisher mit hohen bürokratischen Hürden verbunden.“
Arbeitsergebnis muss der Allgemeinheit dienen
Eine am 27. Februar 2024 in Kraft getretene Gesetzesänderung vermindert den Prüfungsaufwand für die Behörden. „Ab sofort ist die Gemeinnützigkeit einer Tätigkeit das alleinige Kriterium“, stellt Haserer fest. Bisher musste immer geprüft werden, ob die angebotenen Arbeitsgelegenheiten nicht zur Verdrängung regulärer Arbeitskräfte führen. Nun kommt es nur noch darauf an, dass das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient.
Zusätzliche Aufgaben werden zusammengestellt
„Welche Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen und kommunalen Trägern sowie gemeinnützigen Einrichtungen im Landkreis Mühldorf zusätzlich infrage kommen, wird derzeit zusammengestellt“, sagt der Pressesprecher zum weiteren Vorgehen. Das geschieht zusammen mit den Städten und Gemeinden.
Landratsamt muss Arbeitsfähigkeit prüfen
Wie wird die Arbeitsfähigkeit überprüft? „Die Leistungsbehörden prüfen in Zusammenarbeit mit der Integrationsberatung und im Gespräch mit den Asylbewerbern, ob es Gründe gibt, die gegen die Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit sprechen und ob diese zu berücksichtigen sind“, sagt der Pressesprecher.
Nicht nur Alter und Schulpflicht sind wichtig
Im Landkreis beziehen rund 900 Personen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Wer davon für Arbeitsgelegenheiten in Betracht kommt, wird derzeit ausgewertet. „Hierbei sind nicht nur das Alter oder die Schulpflicht relevant“, gibt Haserer zu bedenken, „Beispielsweise können Personen, die eine Berufsausbildung absolvieren, nicht zu Arbeiten herangezogen werden. Auch die geordnete Erziehung eines Kindes darf nicht durch eine Arbeitsaufnahme gefährdet werden.“
Digitalisierung hilft der Verwaltung
Der durch diese Arbeitspflicht entstehende Verwaltungsaufwand kann vom Landratsamt gut gestemmt werden. Die Behörde hat schon im Jahr 2018 die elektronische Akte flächendeckend in den Fachbereichen eingeführt, hat viele Arbeitsabläufe digitalisiert. Im Jahr 2022 wurde das Landratsamt als „Digitales Amt“ zertifiziert.