Integration durch Sprache und Kultur
Kunst als Brücke: Wie Migrantinnen und ihre Kinder in Waldkraiburg erfolgreich Fuß fassen
Malen, basteln, spielen: Was die meisten Deutschen kennen, ist nicht in jeder Kultur verankert. In „MiA-Kursen“ lernen Migrantinnen nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch Möglichkeiten der Freizeitgestaltung kennen. Ein kleiner Tansanier malt das erste Gemälde seines Lebens.
Waldkraiburg – Mit einem langen Pinsel tupft Chatzkel türkise Farbe auf die Rückseite einer rechteckigen Leinwand. Der zwei Jahre und sieben Monate alte Junge malt zum ersten Mal in seinem Leben. Mama Yule ist sichtlich stolz. „In meinem Heimatland ist das nicht üblich. Dort gehen die Kinder ab vier Jahren in die Kita, wo sie vielleicht ein bisschen malen, aber viel mehr singen und spielen”, sagt die Tansanierin. Seit zwei Monaten lebt sie mit ihrem Sohn in Deutschland.
Yule nimmt am Kursangebot „MiA” der Caritas Waldkraiburg teil, was für „Migrantinnen einfach stark im Alltag” steht. Dort werden geflüchtete Frauen niedrigschwellig an die deutsche Sprache herangeführt. Die Teilnehmerinnen stammen aus verschiedenen Kulturkreisen: aus Syrien und der Ukraine, aus Sierra Leone und Tansania, aus Myanmar und Afghanistan. Gemeinsam lernen sie die Kultur ihrer neuen Heimat kennen und erkunden die Stadt und ihre Angebote. Beatrice Pieraccini leitet die Kurse als Integrationslotsin. Die Italienerin kann auch aus eigener Erfahrung über deutsche Besonderheiten sprechen. „Deutschland ist bekannt für seine Brettspiele, das kenne ich aus Italien so nicht”, erzählt sie. Gerade spielen sei in anderen Kulturen oft Männersache.
Von Außenstehenden zu Künstlerinnen
„Beim Basteln können Kinder und Mütter zusammen spielen”, erklärt Pieraccini. Das verbinde und wecke Begeisterung an der Kultur. Denn oft würden die Mütter beispielsweise das Laternenbasteln nur als Außenstehende durch die Kita mitbekommen. Ein Workshop begleitend zur Ausstellung „Happy Painting” im Haus der Kultur ermöglichte ihnen nun, selbst ans Werk zu gehen.
Museumsvolontärin Katharina König ist begeistert, dass so viele Frauen und Kinder den Weg zu ihr gefunden haben. „Mit so einer Großgruppe von 30 Personen muss man sich der Dynamik natürlich auch hingeben und kann kein strammes Programm durchziehen”, sagt sie. An die Kinder gibt sie laminierte Bildausschnitte aus, mit denen sie durch die Ausstellung gehen und nach den Originalen suchen können. Das nehmen die Kinder gerne an und posieren anschließend für die Mütter vor den Kunstwerken, lassen sie die Erinnerung an den Ferientag festhalten.
In manchen Kulturen wird auch zuhause viel gemalt
Dann geht es ans praktische Arbeiten: Im Werkraum sind schnell alle Plätze besetzt, alte T-Shirts und Hemden übergezogen. Mütter und Kinder wählen gemeinsam Farben in großen Plastikflaschen aus und geben Farbkleckse auf weiße Plastikpaletten. Schon kann es mit dem gemeinsamen Malen losgehen.
Zena Ajloni zeigt stolz ihr abstraktes Kunstwerk: gerade schwarze Linien, zwischen denen sich bunte Farbflächen befinden, ein wenig Glitzerstaub. Da habe sie ihrer Fantasie freien Lauf gelassen. Das Mädchen aus einer syrischen Familie malt viel: daheim, unterwegs, wenn ihr langweilig ist. Ihr ganzes Zuhause sei mit Bildern geschmückt. „Manchmal denke ich schon, ich male zu viel”, sagt sie.
Auch die Schwestern Zahra und Masha aus Afghanistan malen gerne, haben zu Hause sogar vier oder fünf Malbücher. Sie haben sich für einen Sonnenuntergang über dem Meer entschieden. „Sie hat mir nachgemalt”, sagt Masha über ihre Schwester, deren Bild beinahe gleich aussieht. Dann malen die Geschwister noch gelbe Sterne, die den Himmel erleuchten, auf ihre Leinwände.
„Viele Menschen trauen sich nicht in Museen rein“
Am Ende füllen die zum Trocknen aneinandergereihten Kunstwerke eine lange Tafel und Integrationslotsin Pieraccini ist sichtlich zufrieden. „Ich würde das gerne öfter anbieten. Nicht nur die Kinder, auch die Mütter profitieren davon.” Auch König freut sich, dass viele gekommen sind und beim Malen so viel Spaß hatten. Einige Werke möchte sie gerne im Museum aufhängen. Sie betont, dass Angebote wie diese auch Werbung für das Haus der Kultur sind. „Viele Menschen trauen sich nicht in Museen rein, denken, da muss man Akademiker sein. Dabei kann man hier bei freiem Eintritt einfach mal hinkommen und sich umschauen.”
„Deutschland hat so viel anzubieten, das ist nicht selbstverständlich”, hebt auch Integrationslotsin Pieraccini hervor. Die Frauen seien das aus ihren Herkunftsländern nicht gewohnt und sehr dankbar.







