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Jahresrückblick 2023

Traurige Bilanz: Diese Wirtshäuser und Geschäfte haben 2023 im Kreis Mühldorf dicht gemacht 

Sie mussten 2023 alle schwer Entscheidungen treffen und ihre Geschäfte schließen: Erwin Hinterecker, Rudolf und Elvira Kellner (sitzend mit Hund Maja) und ihr Sohn Werner sowie Christine und Günter Zeiller.
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Sie mussten 2023 alle schwere Entscheidungen treffen und ihre Geschäfte schließen: Erwin Hinterecker, Rudolf und Elvira Kellner mit Sohn Werner und Hund Maja sowie Christine und Günter Zeiller.

Quer durch den Landkreis Mühldorf haben 2023 viele Geschäfte und Wirtshäuser geschlossen. Es waren schmerzhafte Einschnitte für die Inhaber und für die betroffenen Orte. Häufig kam das Aus völlig unerwartet. Ein Überblick!

Ampfing/Mühldorf/Waldkraiburg – 2023 war kein einfaches Jahr: Kriege in der Ukraine und Israel, steigende Preise, Fachkräftemangel. Das hat viele belastet, brachte viele Geschäftsleute an ihre Grenzen, manche darüber hinaus. Die Folge: eingeführte, gut gehende Geschäfte und Wirtshäuser mussten schließen.

So im Juni in Waldkraiburg: 2019 eröffnet, Corona überstanden, Gäste begeistert und Stammkunden gewonnen. Warum sollte jemand ein brummendes Lokal schließen? „Wir können nicht mehr“, sagt Melanie Camera, die mit Domenico Trovato im Föhrenwinkel das „Il Peperoncino“ aufgebaut hat. Trotz Erfolg war nach knapp vier Jahren Schluss.

Opfer des eigenen Erfolgs

Domenico hat sich in der Küche aufgearbeitet. Von Mittwoch bis Sonntag backte er Pizza um Pizza, kochte er Pasta, grillte er Scampi. Meistens alleine. Personal war schwer zu bekommen. „Es ist immer mal jemand gekommen, gegangen, gekommen, gegangen. Küche ist schon anstrengend, aber alleine ist sie mörderisch.“ Gleichzeitig rödelte Melanie im Gastraum, nahm Bestellungen auf, servierte Getränke und Essen, kassierte ab und richtete die Tische für die nächsten her. Es war einfach zu viel.

Im September 2019 hatten Melanie und Domenico den Mietvertrag unterschrieben. Sie richteten das „Il Peperoncino“ her, eröffneten am 17. Januar 2020 und mussten zwei Monate später schon wieder zusperren: Corona. Sie überstanden diese Zeit, das Lokal fing sich und die Gäste kamen aus Waldkraiburg, Mühldorf, Ampfing, Heldenstein und Gars. Am Ende war das Lokal zu erfolgreich und Melanie und Domenico mussten die Reißleine ziehen. Jetzt werden die Räume für den benachbarten Kindergarten genutzt.

Das gesellschaftliche Herz Ampfings verschwindet

Nahezu zeitgleich zog acht Kilometer entfernt in Ampfing ein anderer Wirt ebenfalls die Reißleine: Erwin Hinterecker, dessen „Ampfinger Hof“ seit 169 Jahren zu Ampfing gehört wie die St. Margaretha Kirche und der Friedhof. Der „Ampfinger Hof“, besser bekannt als „Hinterecker“, war eine Institution: alteingesessen und das gesellschaftliche Herz des Ortes. Hier wurden Hochzeiten gefeiert, Tote betrauert, das Tanzbein geschwungen, Vereinsvorstände gewählt und politisiert.

Der Abschied fällt Erwin Hinterecker nicht leicht. Seine Entscheidung ist aber endgültig.

Mit dem „Hinterecker“ schloss das letzte bayerische Wirtshaus in Ampfing. „Es geht gesundheitlich nicht mehr“, erklärte der 61-jährige Wirt Erwin Hinterecker. Der Druck war zum Schluss zu hoch, ein Druck, der seit Corona nochmal zugenommen hatte. Mit dem „Hinterecker“ verlor der Ort ein Wirtshaus samt Biergarten, Übernachtungszimmer, einen großen Saal und die Heimat vieler Vereine.

Nach 95 Jahren schließt die Grillstube Starkheim

Nach den Sommerferien musste auch Mühldorf das Aus eines Traditions- und Ausflugslokals verdauen: Werner Kellner (53) schloss die Grillstube Starkheim. Sein Urgroßvater hatte sie 1928 eröffnet und sein Vater Rudolf (85) hatte hier bis zum Schluss am offenen Kamin Steaks und Würstl gegrillt. 

Auf dem legendären offenen Grill brutzelt jetzt kein Fleisch mehr: Rudolf und Elvira Kellner mit Hund Maja und ihr Sohn Werner haben nach 95 Jahren die Grillstube Starkheim geschlossen.

„Wir haben gekämpft“, erzählt Werner Kellner. „Wir haben Personal gesucht und uns die Zahlen angeschaut.“ Das ging über Wochen und Monate hinweg. Im August war dann klar: „Es geht nicht mehr. Jetzt haben wir es noch selbst in der Hand.“

Kellner hatte die Grillstube vor acht Jahren übernommen, sich Rat geholt, die Karte umgestellt und tausende Euro in Heizung, Kühl- und Kläranlage investiert. Es sah gut aus.  

Doch es kam anders. Dort, wo früher teilweise bis um vier Uhr früh gefeiert wurde, herrschte immer öfter gähnende Leere. Seine Kosten stiegen und die Gäste mussten sparen; auch Personal fehlte. Es ging nicht mehr auf und die Türen blieben geschlossen.

Sport Kohlschmid verlässt die Wurzeln

Im Oktober dann: Gerhard Kohlschmid schließt sein Sporthaus in Ampfing; es bleibt nur noch das Geschäft am Mühldorfer Stadtplatz. Dort ist einfach mehr los. 

Der Räumungsverkauf hat begonnen: Gerhard Kohlschmid schließt sein Geschäft in Ampfing und setzt ganz auf Mühldorf.

Seine Eltern, Maria und Hans Kohlschmid hatten das Sportgeschäft vor 60 Jahren in Ampfing gegründet. Für Kohlschmid keine leichte Entscheidung: „Ich bin hier im Geschäft aufgewachsen. Ich bin immer im Geschäft gewesen.“

Er und seine Frau haben lange an dem Ampfinger Stammhaus festgehalten, aber zwei Geschäfte sind einfach zu viel Arbeit. „Wir haben uns das seit vier, fünf Jahren überlegt.“ Jetzt war die Zeit einfach reif.

Waldkraiburg verliert seine Elektrogeschäfte

Kurz vor Weihnachten kamen aus Waldkraiburg erneut schlechte Nachrichten. Zum Jahresende schließen in der 26.000-Einwohner-Stadt die beiden einzigen Elektrofachmärkte: Elektro Zeiller und Euronics XXL Durmeier. 

Die Verkaufsfläche ist schon ziemlich leergeräumt: Zum Ende des Jahres schließen Christine und Günter Zeiller ihr Elektrogeschäft expert in der Siemensstraße für immer.

Günter und Christine Zeiller hatten sich im September zu diesem Schritt entschlossen, den Kampf aufgegeben. Günter Zeillers Eltern hatten das Geschäft in den 1960er Jahren in der Berliner Straße gegründet. Zuletzt fehlte aber das Fachpersonal für Montage und Reparatur. „Wir finden so gut wie kein Personal mehr”, erklärte Christine Zeiller. 

Zeitgleich gehen auch bei Euronics XXL Durmeier im Kaufland die Lichter aus. „Zweimal wurde uns während Corona die Miete erhöht, die Kosten sind uns am Ende weggelaufen“, erklärt Geschäftsführerin Annemarie Zaffran. Der Familienbetrieb Durmeier kehrt jetzt zu seinen Wurzeln zurück: nach Haag, wo 1989 alles begonnen hatte. Durmeier konzentriert sich auf diesen Standort  – und Waldkraiburg steht zu Beginn 2024 ohne Elektrogeschäft da.

Der Name Scheidl verschwindet aus Mühldorf

Aus Mühldorf gab es zum Jahreswechsel eine traurige, aber zugleich auch gute Nachricht: Das traditionsreiche Autohaus Scheidl ist nach 115 Jahren Geschichte. Der Grund: Inhaber Gerhard Polhammer konnte keinen Nachfolger finden. Seine 23-jährige Tochter hat sich beruflich anderweitig orientiert. 

Aber es verschwindet nur der Name, das Geschäft läuft weiter – unter dem neuen Namen Sebastian Vogl e.K.. Die Autohäuser in Waldkraiburg und Mühldorfer bestehen weiter, alle Mitarbeiter werden übernommen, die Kunden haben die gleichen Ansprechpartner. Zum Jahreswechsel ist damit „nur“ ein Namenswechsel.

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