Gasthaus Ampfinger Hof
Wenn der Wirt krank ist und nicht mehr kann: Im Gasthaus Hinterecker gehen die Lichter aus
Er ist eine Institution: Der Ampfinger Hof. Für Vereine, Politik und Gesellschaft ist er der Mittelpunkt des Dorfes. Trotzdem hat er nach 169 Jahren keine Zukunft mehr. Vereine sind verzweifelt.
Ampfing - So muss ein bayerischer Ort sein: Die barocke Kirche samt Pfarrhof und Friedhof, daneben der Maibaum und das Wirtshaus, das weiß-blaue Gemütlichkeit ausstrahlt. „Ampfinger Hof“ steht auf der Fassade, auf der Internetseite zusätzlich „seit 1854“. Und jetzt, im Herbst 2023, ist Schluss.
Erwin Hinterecker atmet tief durch. „Im Herbst, Ende Oktober“, sagt er, „einen genauen Termin haben wir noch nicht.“ Trotzdem: Das Ende des letzten bayerischen Wirtshauses in Ampfing kommt sicher. Denn Hinterecker, der das große Gasthaus betreibt, kann nicht mehr. 61 Jahre ist er alt, der Druck zu hoch. „Es geht gesundheitlich nicht mehr, ich kann nicht schlafen.“ Er macht eine Pause, holt tief Luft und sagt: „Es tut mir sehr leid.“
Wirtshaus war das Zentrum des Ortes
Denn Erwin Hinterecker schließt nicht nur irgendein Gasthaus. Der Ampfinger Hof, den keiner so nennt, weil alle vom „Hinterecker“ sprechen, dieser Ampfinger Hof ist das Zentrum des ganzen Ortes. Dort wird geheiratet und auf die Verstorbenen angestoßen, neue Kinder nach der Taufe begrüßt oder der 80. Geburtstag der Oma gefeiert.
Was die Gäste freut, ist für Gastwirt Hinterecker schon länger eine Last. Seit Corona werde es immer schwieriger, erzählt er. „Der Druck ist seit Jahren hoch.“ Der Ampfinger Hof bietet zum Wirtshaus den großen Saal, einen Biergarten, Übernachtungs-Zimmer. Das alles will gemanagt, der Tagesbetrieb garantiert und die großen Veranstaltungen organisiert sein.
Denn beim Hinterecker treffen sich die Vereine, auch die CSU, der große Schwarz-Weiss-Ball findet im Saal statt, genauso das Starkbierfest, die Fußballer feiern dort ihre Erfolge. Das große Freilichtspiel zum Jubiläum der Ritterschlacht von 1322, es wurde natürlich dort aus der Taufe gehoben.
Viele Vereine von Schließung betroffen
Georg Eisner nennt den Ampfinger Hof deshalb den „kulturellen Mittelpunkt“ des Dorfes. Eisner ist Vorsitzender des Trachtenvereins „Isentaler“ mit 285 Mitgliedern. Wie viele anderer Vereine nutzen die Trachtler das Wirtshaus. „Das ist ein gewaltiger Einschnitt“, sagt er, „das Kulturelle ist sehr betroffen.“
Wer je auf der Bühne des Saales stand, weiß warum. Hinter dem Vorhang lagern immer Kulissen, die der Verein für seine Theaterstücke braucht. Die werden zu den jährlichen Aufführungen nach vorne gebracht, wenn der Saal voll ist mit Theaterbesuchern. „Momentan“, sagt Eisner, „gibt es in Ampfing keine Ausweichmöglichkeit.“ Das zweite große Wirtshaus, der Duschl, ist seit Beginn der Corona-Pandemie geschlossen.
So sehr Eisner die Schließung bedauert, so groß ist sein Verständnis für den Wirt. „Es ist sehr schwierig, das Wirtshaus zu führen bei der Personalknappheit.“ Vor allem am Wochenende wolle kaum jemand die Strapazen der Arbeit von vormittags bis oft tief in die Nacht auf sich nehmen.
10 Mitarbeiter arbeiten noch beim Hinterecker
Zehn Mitarbeiter hat Hinterecker nach eigenen Angaben. Sorgen muss er sich um sie nicht machen. „Die Älteren gehen in Rente, die Jüngeren finden schnell etwas Neues“, ist er überzeugt.
Mehr Sorgen bereitet ihm die Zukunft des Gasthauses. „Im Oktober ist definitiv Schluss“, betont er immer wieder. „Dann bleibt es zu.“ Was danach kommt? Hinterecker sagt: „Es ist nicht einfach, ich weiß.“ Er sagt aber auch „Ich suche keinen Pächter, es muss erst mal Ruhe einkehren.“
Lösung für die Zukunft ist noch nicht in Sicht
Die Altschützen, das verspricht Hinterecker, dürfen ihren Schießstand weiter nutzen. Sie schießen im Dachgeschosse des Wirtshauses. Vorstand Manfred Lutz spricht davon, dass der sportliche Betrieb aufrechterhalten werden kann. „Der gesellschaftliche Betrieb wird aber zum Erliegen kommen.“
Es gibt keine Alternative
Lutz macht das Dilemma in Ampfing deutlich: „Es gibt eigentlich keine Alternative“, spricht er wie Trachtenvorstand Eisner von einer sehr schwierigen Situation.
Wie es weitergehen kann? Ideen kursieren, besprochen wurde aber noch nichts, berichtet Trachtlervorstand Eisner. „Gedanken sind schon da, eine Lösung zu finden.“ Wie schwer das werden kann, zeigt sein folgender Satz: „Vielleicht gibt es noch ein Wunder.“


