Standort-Umfrage unter heimischen Betrieben
Landkreis Mühldorf bekommt von Unternehmern die Note „Gut“: Alles nur trügerischer Schein?
166 Betriebe aus dem Landkreis Mühldorf haben in der jüngsten IHK-Umfrage den Standort bewertet: Das Ergebnis ist zwar auf den ersten Blick erfreulich. Doch zwei von fünf Unternehmen klagen auch über Mängel. Wo hat Mühldorf noch Verbesserungsbedarf?
Mühldorf/Schwindegg – Der Landkreis boomt. Netzsch und Viscotec haben in Waldkraiburg und Töging investiert; in Neumarkt-St. Veit baut die Raiffeisenbank ein neues Lagerhaus, in Ampfing erweitern Nutz und Kerbl; Ampfing hat kürzlich ein neues Gewerbegebiet ausgewiesen, weil die Unternehmen wachsen oder sich neu ansiedeln wollen und Bürgermeister Josef Grundner „Anfragen ohne Ende“ hat. Die heimischen Firmen sind erfolgreich, haben Aufträge und heimsen immer wieder Preise ein. Alles paletti also mit dem Standort Mühldorf?
Auf den ersten Blick, ja. Das zeigt die jüngste Umfrage der IHK München und Oberbayern. 166 heimische Betriebe haben teilgenommen und gaben dem Landkreis die Gesamtnote 2,2. Das ist gut und nicht schlechter als vor zwei Jahren, aber schlechter als in Oberbayern: 2,0. Zugleich ist es in Oberbayern die schlechteste Gesamtnote.
Fast acht von zehn Unternehmen würden sich hier wieder ansiedeln
Sieben von zehn Unternehmen bewerten den Landkreis Mühldorf mit „sehr gut“ oder „gut“. Und fast 80 Prozent der Betriebe würden sich hier wieder ansiedeln; in Oberbayern sind es 83 Prozent.
Besonders zufrieden sind die Unternehmen mit der Anbindung an das Fernstraßennetz (Note: 2,1), der Energieversorgung (2,1) und der Anbindung an das regionale Straßennetz (2,2). Der Landkreis punktet außerdem mit der Verfügbarkeit von regenerativen Energien; das ist einzigartig in Oberbayern.
„Der Landkreis ist ein lebendiger und gefragter Standort“
„Der Landkreis ist ein lebendiger und gefragter Standort, die Betriebe wollen hier weiterhin produzieren und Arbeitsplätze schaffen“, freut sich Ingrid Obermeier-Osl, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Altötting-Mühldorf. In den vergangenen drei Jahren hätten 21,6 Prozent der Betriebe erweitert oder umfangreich investiert (Oberbayern: 20,7 Prozent); in den nächsten drei Jahren planen dies 18,8 Prozent der Betriebe (Oberbayern 17,2 Prozent).
„Dazu müssen aber die Rahmenbedingungen passen“, warnt Obermeier-Osl. „Vor allem muss die Politik die Schwächen ernst nehmen und daran arbeiten, dass es hier Fortschritte gibt und sich die Noten in diesen Bereichen verbessern.“
Fast zwei von fünf Unternehmen sehen Mängel als Wachstumsbremse
Fast zwei von fünf Unternehmen (38 Prozent) geben nämlich an, dass Mängel am Standort ihr Wachstum ausbremsen; 2019 waren es nur 31 Prozent. Die Gründe sind unter anderem die internationalen Krisen, die Flut an Bürokratie und hohe Standortkosten. Die schlechtesten Noten gab es für alternative Mobilitätsangebote (Note 4,2), den ÖPNV (3,8) und die Nähe zu Forschungseinrichtungen sowie beim Innovationstransfer (3,8).
Schon heute hätten sich 14,2 Prozent der Betriebe verkleinert; viermal so viele wie 2019. Hinzu kommt: 2019 wollten nur 1,8 Prozent ihren Standort verkleinern, jetzt sind es 7,5 Prozent. Vor drei Jahren wollten zudem nur 3,7 Prozent ihren Standort verlagern oder aufgeben; jetzt sind es 8,1 Prozent.
Die Politik müsse endlich auf allen Ebenen handeln
„Die Umfrage unterstreicht die großen Herausforderungen“, so Obermeier-Osl. „Die Politik muss auf allen Ebenen den Abbau der Bürokratie ernsthaft vorantreiben und die Verwaltung auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausrichten.“
Hier liege der Ball in erster Linie in München, Berlin und Brüssel, so Obermeier-Osl. Die heimischen Kommunen seien wirtschaftsfreundlich, dennoch wünscht sie sich auch vor Ort im Rahmen der Möglichkeiten noch mehr Digitalisierung, weniger Bürokratie und schnellere Verfahren.
„Verbesserungen sind immer möglich“
Der Standort Mühldorf stehe gut da, aber „Verbesserungen sind immer möglich“, sagt Obermeier-Osl und wünscht sich vor allem den Bahnausbau sowie neue Gewerbe- und Wohngebiete. „Um den Standort erhalten zu können, müssen wir schauen, dass wir Unternehmen herbekommen, dass wir Wohnraum schaffen.“ Denn bezahlbarer Wohnraum sei wichtig, um die benötigten Arbeitskräfte zu bekommen.
Obermeier-Osl sieht vor allem den Wirtschaftsstandort Deutschland kritisch: „Die Zeichen für eine Deindustrialisierung sind da.“ Dann würde auch alles andere nach unten gehen: Dienstleistung und Handel. „Wobei ich immer noch auf einen Wandel und Umkehr hoffe.“ Wichtig seien auch verlässliche Rahmenbedingungen: „Der Mensch wie auch die Unternehmen brauchen eine Perspektive und Planbarkeit.“ Ansonsten würde niemand investieren.
„Wir müssen positiv vorwärts denken“
Trotz allem bleibt Obermeier-Osl optimistisch: „Wir müssen positiv vorwärts denken. Ich gehe davon aus, dass unsere Region noch wachsen wird.“
IHK-Standortumfrage
An der IHK-Standortumfrage haben aus dem Landkreis Mühldorf 166 Unternehmen teilgenommen; in Oberbayern über 4.000. Dabei haben sie 48 Standortfaktoren von Straßeninfrastruktur bis Freizeit bewertet. Alle Ergebnisse unter www.ihk-muenchen.de/standortumfrage.
