Konkrete Pläne vorgestellt
„Flinte nicht ins Korn geworfen“: Haag zeigt sich begeistert vom neuen Krankenhaus-Konzept
Kritik und Schokoriegel, „wenn's mal wieder länger dauert“: Das ist der Vorstand des Innklinikums vom Haager Gemeinderat gewohnt. In der jüngsten Sitzung waren aber Begeisterungs-Stürme angesichts des neuen Konzepts zu hören. Wie es aussieht und welche Aspekte dem Gremium wahre Lobeshymnen entlockten.
Haag – Kritik vom Haager Gemeinderat: Das sind Thomas Ewald, Vorstandsvorsitzender vom Innklinikum Altötting-Mühldorf, und Stefan Blanke, Klinikleiter der Kliniken Mühldorf und Haag, gewohnt. Umso überraschter waren die beiden wohl, als sie in der jüngsten Sitzung mit Lob beinahe überschüttet wurden. Die neuen Pläne für das ehemalige Krankenhaus fanden Anklang beim Gremium, dem Gesundheitszentrum Haag scheint nichts mehr im Wege zu stehen.
Ein ehemaliges Krankenhaus wiederzubeleben, ist schwierig. Daraus machten auch Blanke und Ewald keinen Hehl, als sie dem Gremium ihren Sachstandbericht vortrugen. „Das ist auch für uns neu“, stellte Blanke fest. Immer wieder gab es in den vergangenen Monaten Kritik am Vorgehen des InnKlinikums. Es gehe zu langsam voran, es sei keine Vision erkennbar, war im Rat zu hören. Nun scheint das Konzept, das laut Blanke auf vier Säulen stehe, konkreter zu werden. Das heißt: Belebt werden soll das Gebäude mit Einrichtungen des InnKlinkums, des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ), der Tochterfirma InnCare und externen Trägern.
Therapiezentrum Haag mit verschiedenen Praxen
Unter dem Dach des Innklinkums sei das Therapiezentrum Haag angesiedelt, so Blanke. Herzstück seien hier verschiedene Praxen, unter anderem die der Physio- und Ergotherapie. „Hier sind wir spezialisiert auf geriatrische, onkologische und die Lymph- und Lipödem-Therapie“, erklärte der Klinikleiter. Außerdem gebe es das Angebot der OrthoSmart-Reha „als Zwischenglied nach einem orthopädischen Eingriff und einer stationären Reha.“ Seit 1. April sei zudem die Adipositas-Sprechstunde in Haag etabliert. Regelmäßig seien hierzu Fachärzte, Haushalts- und Ernährungswissenschaftler, Ernährungsberater und Psychologen vor Ort. Im Aufbau, erläuterte Blanke, sei auch eine Logopädie-Praxis. „Bis Ende des Jahres sollte dieses Angebot stehen“, meinte der Klinikchef.
Hinter der zweiten Säule, dem MVZ, stecke vor allem die bereits eröffnete Hausarztpraxis mit Dr. Gloria Bufler, so Blanke weiter. „Inzwischen sind hier vier Fachärzte angestellt, die sich um die hausärztliche Versorgung, die Betreuung der umliegenden Seniorenheime und um die beschränkte Notfallmedizin kümmern“, erklärte er. Seit Anfang des Jahres sei im MVZ auch die Gastroenterologie eingezogen. „Die Leistungen umfassen unter anderem Magen- und Darmspiegelungen und die Beratung bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten.“ Beides sei gut etabliert und werde sehr gut angenommen, freute sich der Klinikleiter.
Ab 1. Juni: Tages- und Kurzzeitpflege
Größte Neuerung im Sachstandbericht: Die Pläne der Tochterfirma InnCare, die extra für die Wiederbelebung des Haager Krankenhauses gegründet wurde. „Das Innklinikum versteht sich immer mehr als allgemeiner Gesundheitsversorger“, so Blanke, der auch als Geschäftsführer von InnCare fungiert. „Aus diesem Grund haben wir das Unternehmen gegründet, das sich im Bereich Kurzzeit- und Tagespflege ansiedelt.“ Ab 1. Juni soll die Kurzzeitpflege zunächst mit 20 Betten eröffnet, später auf 40 Betten erweitert werden. „Wir wollen damit eine Anschlussbehandlung nach einem Krankenhausaufenthalt anbieten, wenn die Versorgung zu Hause nicht gewährleistet werden kann“, erklärte Blanke. Auch wenn pflegende Angehörige ausfielen, stünden hier die Plätze zur Verfügung.
Ebenfalls zum 1. Juni könne auch die Tagespflege starten. Hier würden Personen versorgt, die nachts noch zu Hause bleiben könnten. „Vorerst planen wir mit fünf Tagen in der Woche, von Montag bis Freitag. Je nach Resonanz können wir das Angebot aber ausbauen“, erklärte der Klinikleiter.
Unter dem Dach von InnCare seien zudem der Ausbau von mehreren Apartments für Senioren mit einer Größe von etwa 20 bis 30 Quadratmetern geplant, wobei es hierbei nicht um betreutes Wohnen handelt. „Wir bieten barrierefreie, möblierte Wohnungen an, die sich in naher Umgebung zu weiteren Versorgern wie eben der Hausarzt- oder ergotherapeutischen Praxis befinden“, erläuterte Blanke. Zudem seien sechs Mitarbeiterwohnungen mit 20 bis 30 Quadratmetern und einer Wohngemeinschaft für drei Fachkräfte geplant.
„Digital Support Point“
Für pflegende Angehörige wolle InnCare einen „Digital Support Point“ in Zusammenarbeit mit der Hochschule Rosenheim einrichten, so der Klinikleiter weiter. Hier sollen sich Angehörige über die neusten technischen Möglichkeiten in der Pflege informieren können und Unterstützung von Experten vor Ort erhalten.
Außerdem, so Blanke, sei man mit verscheidenden externen Trägern im Gespräch, um den Rest des Gebäudes zu füllen. So habe ein Anbieter für ambulante Pflege, Interesse angemeldet, hier mit seinen Büroräumen einzuziehen. Zudem sei man im Kontakt mit dem Roten Kreuz zwecks der Einrichtung einer Großtagespflege. Auch die Apotheke Haag, ein Cateringanbieter, ein Fitness-Studio und ein Psychologe hätten Interesse an den Räumlichkeiten bekundet. „Wir prüfen im Moment, ob und wie wir diese Angebote stimmig in das Gebäude etablieren können“, erläuterte er.
Einziges Sorgenkind: Das Wirtschaftsgebäude
Einziges Sorgenkind: Das ehemalige Wirtschaftsgebäude des Krankenhauses. Dieses sei sanierungsbedürftig, die Kosten dafür würden auf 700.000 bis 850.000 Euro geschätzt. „Um es rentabel vermieten zu können, müssen wir vertraglich eine Mietdauer von 25 Jahren anbieten. Da zuckt natürlich der ein oder andere zusammen“, sagte der Klinikleiter. Blanke zeigte sich jedoch trotzdem optimistisch. „Ich bin mir sicher, auch hier werden wir eine Lösung finden.“
Der Haager Gemeinderat war angesichts dieser Ausführungen schwer begeistert. „Das ist sehr beeindruckend“, stellte Bürgermeisterin Sissi Schätz (SPD) fest. „Es freut mich sehr zu hören, wie sehr sich das Konzept seit dem letzten Mal konkretisiert hat.“ Die Haager könnten sich auf ein vielfältiges Angebot freuen.
Äußerst beeindruckt zeigte sich das Gremium auch, als Blanke auf Nachfrage von Hermann Jäger (PWG) bestätigte, dass die meisten Pflegekräfte für die Tages- und Kurzzeitpflege bereits gefunden seien. „Wir haben einen guten Zustrom an Bewerbungen“, freute sich Blanke. Aktuell würden 20 Anschreiben vorliegen. Entsprechend sei das Team der Tagespflege bereits voll und auch bei der Kurzzeitpflege sei ein Großteil der Mitarbeiter schon gefunden.
Auch Siegfried Maier (SPD) zeigte sich „froh, dass der Vorstand die Flinte nicht ins Korn geworfen“ habe. Sorgen machte er sich aber um die Mitarbeiter von InnCare. „Könnte es denn passierten, dass diese wieder nach Mühldorf abgezogen werden?“, fragte er und spielte damit auf die Geschehnisse vom November 2022 an. Gegen Ende der Corona-Pandemie war ein Großteil der Mitarbeiter ins Krankenhaus Mühldorf versetzt worden, um dort den Betrieb garantieren zu können. Blanke verneinte jedoch. Rechtlich sei dies nicht möglich. „Die Mitarbeiter schließen einen Arbeitsvertrag mit InnCare, nicht mit Innklinikum ab“, so der Klinikleiter. „Ich kann Ihnen versprechen, dass das nicht passieren wird.“
95 Prozent des Gebäudes gefüllt
Auch Hans Urban (CSU) griff eine „alte Sorge“ des Gremiums auf: Die Frage, ob sich InnCare und das Haager Altenheim gegenseitig die Fachkräfte wegschnappen würden. „Sind sie denn mit der Caritas-Einrichtung im Gespräch?“, fragte er. „Und gibt es hier die Möglichkeit, Synergie-Effekte abzugreifen?“ Blanke bestätigte, dass die Kommunikation mit dem Altenheim sehr gut laufe. Es werde über Kooperationen und Ergänzungen auf beiden Seiten nachgedacht. „Aber wir sind nicht daran interessiert, eine stationäre Altenpflege aufzubauen“, betonte er.
Maier griff angesichts dessen erneut die Frage auf, ob zwei, drei Räume für Schulungszwecke im Bereich Pflege bereitgestellt werden könnten. Klinikleiter Blanke meinte, dass derzeit geprüft werde, ob und in welchem Rahmen Kurse etwa für pflegende Angehörige angeboten werden könnten. Grundsätzlich sei aber bereits mit dem jetzigen Konzept 95 Prozent des Gebäudes gefüllt. „Es gibt nur drei oder vier Zimmer, wo wir noch nicht wissen, was hineinkommt“, so Blanke.