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Bürgersammlung zum Verwaltungs-Chaos

„Absolut entsetzt“: Kirchdorfer stinksauer über Umgang mit „Bürger-Geld“ - aber wer hat Schuld?

Rund 100 Leute waren bei der Bürgerversammlung dabei, um sich die Ausführungen von Rathauschef Christoph Greißl (links) anzuhören.
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Rund 100 Leute waren bei der Bürgerversammlung dabei, um sich die Ausführungen von Rathauschef Christoph Greißl (links) anzuhören.

Hitzige Diskussionen bei der Bürgerversammlung in Kirchdorf. Eines steht fest: Die Leute sind immer noch stinksauer über das Verwaltungs-Chaos in der Kommune – und die Folgen. Die Frage drängt sich auf: Wer hat Schuld und wie viel Geld wurde in den Sand gesetzt?

Kirchdorf – Volles Haus bei der Kirchdorfer Bürgerversammlung im Gasthaus Kürzeder in Moosham: Rund 100 Personen waren gekommen, um sich die Ausführungen von Bürgermeister Christoph Greißl anzuhören. Eines zeigte sich dabei ganz deutlich: Die Leute sind immer noch sauer. Nach dem Verwaltungs-Chaos, das eine ehemalige Geschäftsleiterin hinterlassen haben soll, „müssen die Trümmer aufgeräumt werden“, erklärte Holger Noll, der im Juni 2024 das vakante Amt übernommen hat. „Eine Mammutaufgabe“, verdeutlichte der Rathauschef.

Verwaltungs-Chaos in Kirchdorf: Warum es so schwerfällig vorangeht

Es gehe alles sehr schwerfällig voran, so Greißl. Die Kommune sei für die Aufstellung des Haushalts 2024 dabei, fehlende oder falsch verbuchte Rechnungen und Zahlungseingänge zu kontrollieren, um so Klarheit in die Finanzen Kirchdorfs zu bringen. Diese falsch verbuchten Rechnungen seien in der Zeit entstanden, in der die externe Beratungsfirma hjs-consulting eingeschaltet worden sei. Dieses Unternehmen habe für 2023 unter Zeitdruck einen Not-Haushalt aufgestellt, um die Handlungsfähigkeit der Verwaltung aufrechtzuerhalten, erklärte Noll. Die Vorgehensweise: das Zahlenwerk von 2022 wurde übernommen und auf jeden Posten ein Inflationsausgleich von zehn Prozent aufgerechnet. Das sei damals der einzig mögliche Weg gewesen, um einen Etat aufzustellen, weil es zu diesem Zeitpunkt noch viele offene Fragen rund um Rechnungsvorgänge und Geldflüsse gegeben habe.

Rund 100 Leute waren bei der Bürgerversammlung im Gasthaus Kürzeder dabei.

Im Endeffekt ein weiterer Mehraufwand für den neuen Geschäftsleiter, der „jeden einzelnen Kontoauszug überprüfen musste“, erläuterte Noll den Bürgern. Auch für Doris Hauck, kommissarische Kämmerin, die sich derzeit mit vier Haushaltsaufstellungen beschäftigt, „eine riesige Aufgabe“, die sie neben dem laufenden Tagesgeschäft abwickeln müsse, wie sie betonte.

Eine gute Nachricht gibt es aber: „Im Haushalt 2024 fehlt kein Geld. Es waren Planungsfehler“, so Noll. Er betonte: „Die externe Firma hat einen guten Job gemacht, mit den Daten, die vorhanden waren. Es ist wirklich schwierig, sich hier einen Überblick zu verschaffen.“ Weiter erklärte er, dass es im Sommer 2024 „Liquiditätsprobleme“ gegeben habe. Deshalb sei der Gemeinderat eingesprungen und habe Gelder bewilligt, damit das Personal habe bezahlt werden können, bis der Nachtragshaushalt verabschiedet worden sei.

Bürgermeister Christoph Greißl stellte bei der Bürgerversammlung die Ausgaben und Einnahmen der Gemeinde Kirchdorf vor.

Die Kirchdorfer zeigten sich von den Ausführungen alles andere als begeistert. Gemeinderatsmitglied Josef Schneider brachte es auf den Punkt: „Ich bin absolut entsetzt, wie mit dem Geld der Bürger umgegangen wird“, schimpfte er. „Im Grunde hat man hjs-consulting alles übergeben – und dann alle Viere von sich gestreckt. Für die externe Firma haben wir bisher schon 300.000 Euro bezahlt, damit alles wieder rund läuft. Das muss doch überprüft werden. Wenn es um so viel Geld geht, muss man sich eben reinhängen“, forderte Schneider. Das sah Gemeinderätin Petra Mittermaier ähnlich. Sie sprach von „fehlender Transparenz“ und einer „wenig vertrauensvollen Zusammenarbeit“. „Mit diesem Geld hätte man etwas Schönes für die Kirchdorfer machen können“, sagte sie.

Die Grafik zeigt den Nachtragshaushalt der Verwaltungsgemeinschaft Kirchdorf-Reichertsheim.

Ein weiterer Bürger meinte: „Wer ist verantwortlich? Wer hat Schuld? Ich habe mir von dieser Veranstaltung mehr Durchblick erhofft, aber das verstehe ich nach wie vor nicht.“ Greißl entgegnete, dass er in der Bürgerversammlung im März zugegeben habe, dass er „die politische Verantwortung“ trage. Aber: „Das Thema ist durch. Jetzt müssen wir aufräumen“, betonte der Rathauschef.

Ein Kirchdorfer wollte wissen, was dran sei an den Gerüchten rund um angebliche Betrügereien durch eine ehemalige Geschäftsleiterin. Greißl berichtete, dass Ermittlungen gegen eine Ex-Mitarbeiterin laufen würden. „Ich habe selbst meine Zeugenaussage dazu schon gemacht. Die Kripo trägt derzeit Fakten und Daten zusammen“, so der Bürgermeister.

Ein Bürger wollte wissen, wie es um das Personal in der Krisenzeit gestanden habe. „Haben Mitarbeiter selbst gekündigt?“, fragte er. „Teils, teils“, beantwortete Greißl. Zwei Angestellte seien entlassen worden. „Dafür gab es Gründe, auf die ich wegen des Datenschutzes nicht näher eingehen kann“, erklärte er. Beide hätten eine Abfindung erhalten, die ebenfalls nicht im Etat veranschlagt gewesen sei. „Viele Faktoren kommen zusammen, die wir in den Nachtragshaushalt einarbeiten müssen. Das kostet viel Zeit“, so der Rathauschef. Auch der Haushalt für 2025 werde „noch nicht passen“. Erst 2026 rechnet der Bürgermeister wieder mit einem „richtig aufgestelltem Etat mit handfesten Zahlen“, sagte er, was von einem weiteren Anwesenden kritisiert wurde. „Hier fehlt etwas, da stimmt was nicht. Das kann es ja nicht sein“, beanstandete er kopfschüttelnd.

Haushaltsbericht 2023

Bürgermeister Christoph Greißl stellte in der Bürgerversammlung den Haushaltsbericht 2023 vor (Stand: 30. September 2024). Der Verwaltungshaushalt betrage derzeit rund 3,2 Millionen Euro, der Vermögenshaushalt circa 1,8 Millionen Euro. Das Gesamtvolumen belaufe sich auf rund fünf Millionen Euro, der Nachtragshaushalt sei noch in Arbeit, wie Greißl betonte. Es handle sich also um eine „Momentaufnahme“.

Der Kassenstand liege bei rund 1,2 Millionen Euro, der Schuldenstand bei circa 578.000 Euro. Die Pro-Kopf-Verschuldung betrage bei derzeit 1.348 Einwohnern 429 Euro, so der Bürgermeister.

Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde Kirchdorf

Bürgermeister Christoph Greißl stellte bei der Bürgerversammlung die Ausgaben und Einnahmen der Gemeinde Kirchdorf vor. Die wichtigsten Posten im Überblick:

Ausgaben im Jahr 2024: Schulverbandsumlage SV Ramsau: 83.424 Euro, Schulverbandsumlage SV Haag: 40.776 Euro, VG-Umlage: 321.343 Euro, Kreisumlage: 832.186 Euro.

Einnahmen im Jahr 2024: Gewerbesteuer: 501.052 Euro, Grundsteuer A: 33.911 Euro, Grundsteuer B: 120.597 Euro, Anteil an Einkommenssteuer: 473.036 Euro.

Fehlende Kommunikation

Der nächste monierte, dass der Reichertsheimer Bürgermeister Franz Stein keinen Online-Zugang zu den Kirchdorfer Konten habe. Auch unter den beiden Rathauschefs der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Kirchdorf-Reichertsheim fehle die Kommunikation. „Das haben wir seit Juli behoben“, erklärte Noll. „Das Personal setzt sich zusammen und bespricht alles. Das war vorher nicht möglich, da es zu wenig Angestellte gab.“ Was den Zugang zu den Konten angehe: „Das ist leider auch für uns nicht nachvollziehbar und die Entscheidung der Bank“, bedauerte der Geschäftsleiter. Weiter verdeutlichte Noll, dass er die Finanzen der Kommune wieder in Ordnung bringen wolle. Für ihn sei es „keine Krise, sondern eine Herausforderung.“

Teil II zur Berichterstattung über die Bürgerversammlung folgt.

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