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Exklusiv-Interview mit Ministerin

Kaniber zu Tierdrama in Griesstätt: „An Pranger stellen der Landwirtschaft nicht förderlich“

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber nimmt im Interview Stellung zu Hilfsangeboten für Landwirte und fordert mehr Solidarität.
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Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber nimmt im Interview Stellung zu Hilfsangeboten für Landwirte und fordert mehr Solidarität.

17 tote Tiere, drei Rinder, die erlöst werden mussten: Die Ursachen für die Tragödie auf einem Hof in Griesstätt stehen noch nicht fest. Doch es ist nicht der einzige Fall dieser Art In Bayern. Benötigen Landwirte mehr Unterstützung, etwa bei Überforderung? Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber über Hilfen und Solidarität.

Wasserburg – Die Ermittlungen zur Ursache des Tierdramas auf einem Hof in Griesstätt laufen. Noch gibt es keine Klarheit zur Frage, warum 14 Rinder und drei Schafe bei einer Kontrolle nach einer anonymen Anzeige tot aufgefunden wurden. Im Raum stehe nun der Vorwurf der quälerischen Tiermisshandlung und Tötung durch Unterlassung, so die Staatsanwaltschaft Traunstein. Michaela Kaniber, Bayerns Landwirtschaftsministerin, nimmt im Exklusiv-Interview Stellung zu einem Thema, das viele umtreibt: Wie kann Landwirten geholfen werden, damit Probleme bei der Tierhaltung nicht ausufern.

Michaela Kaniber (CSU), Landwirtschaftsministerin von Bayern, fordert mehr Solidarität für Bauern.

Wenn ein Landwirt mit seiner Tierhaltung überfordert ist, wo kann er Hilfe und Unterstützung bekommen, damit die Lage nicht eskaliert?

Staatsministerin Michaela Kaniber: Landwirten steht ein breites Hilf- und Unterstützungsangebot zur Verfügung. Alle Akteure, die in diesem Bereich Hilfe anbieten, wurden in einer Broschüre zusammengefasst: „Was tun, wenn ...? Gesprächs- und Hilfsangebote für landwirtschaftliche Familien in schwierigen Lebenssituationen“. Dieser Leporello kann im Internet abgerufen werden und liegt bei unterschiedlichen Anlaufstellen aus. Ein erster Ansprechpartner kann das örtlich zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) sein, das gegebenenfalls weitere Ansprechstellen vermittelt. So zum Beispiel die „Landwirtschaftliche Familienberatung“ mit Sitz in allen sieben Regierungsbezirke oder das Beratungsangebot des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) oder der Sozialversicherung Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). Mit dem „Montagstelefon“ (BBV) oder der Krisenhotline (SVLFG) stehen spezielle Notfallkontakte teilweise rund um die Uhr zur Verfügung.

Viele Bauern mögen die Überforderung sicherlich nicht zugeben. Was muss getan werden, damit es in den Köpfen der Landwirte keine „Schande“ mehr ist, einzuräumen, ein schwerwiegendes Problem bei der Tierhaltung zu haben? 

Kaniber: In der Landwirtschaft ist ein Bewusstseinswandel spürbar. Daher stehen nicht nur der Staat, sondern auch die Sozialversicherung, der Bayerische Bauernverband oder die Landwirtschaftliche Familienberatung der Kirchen in Bayern den Betrieben beim Thema „Überforderung“ auf unterschiedlichste Weise zur Seite. Genau deshalb wurden die Angebote im Faltblatt „Was tun,wenn ...?“ zusammengefasst. Hilfreich und wertvoll ist hier das Beratungsangebot der Landwirtschaftlichen Familienberatung. Die Beratung wird vornehmlich von Ehrenamtlichen, die zumeist selber einen landwirtschaftlichen Betrieb führen, vorgenommen. Damit sinkt die Hemmschwelle der Kontaktaufnahme, da hier eher ein Verständnis für die landwirtschaftsspezifischen, komplexen Problemlagen vorhanden sind. Zudem wird die Beratung kostenfrei angeboten und kann auch an einem neutralen Ort stattfinden. Durch das Hinzuziehen von weiteren Akteuren ist eine zielgerichtete Hilfe möglich.
Die SVLFG hat in den letzten Jahren unter dem Motto „Mit uns im Gleichgewicht“ das Angebot an Hilfestellungen zur körperlichen und seelischen Gesunderhaltung ausgebaut und der Berufsstand (BBV) ist stark engagiert. Das Bewusstsein wird vielfältig geschärft und gerade Angebote zur Prävention werden stärker nachgefragt. 

Landwirte sind überdurchschnittlich oft von psychischen Problemen wie Depressionen und Burn-Out betroffen. Wie kann dieser für die Bevölkerungsernährung und das Landschaftsbild so wichtige Berufsstand besser vor Überforderung geschützt werden?

Kaniber: Die Hilfs- und Unterstützungsangebote der SVLFG und des Berufsstandes (BBV) werden gezielt ausgebaut. Und auch das StMELF ist gerade in der Projektformulierung mit der Landwirtschaftlichen Familienberatung zum Ausbau des Angebotes.

Sie fordern eine Kultur des Hinschauens auf den Dörfern, doch viele wollen einen Nachbarn, auf dessen Hof es Probleme zu geben scheint, nicht verpfeifen. Wie können Nachbarn trotzdem helfen? 

Kaniber: Dies kann ein „gutes Wort“ sein, Anbieten von Unterstützung und Hilfe auf dem Hof, aber auch die Weitergabe möglicher Ansprechpartner für Hilfsangebote. Hier ist auch ein gesellschaftlicher Wandel hin zu mehr Akzeptanz für die Landwirtschaft notwendig. Ein ständiges und vor allem verallgemeinerndes „an den Pranger stellen“ der Landwirtschaft ist in diesem Kontext nicht förderlich. Die Verantwortung tragen wir alle gemeinsam. Offensichtliche Verstöße sind von jedem an die entsprechenden Stellen weiterzugeben. Solidarität ist vielfältig.

Auf vielen Höfen ist die Nachfolge ein großes Problem. Die jüngere Generation will nicht selten den Betrieb nicht übernehmen, die ältere Generation arbeitet bis ins hohe Alter. Überlastung ist da vorprogrammiert. Was raten Sie Landwirten, die vor dieser Problematik stehen?

Kaniber: Wir können nur raten, frühzeitig die Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen und die individuellen Möglichkeiten auszuloten. Mit dem örtlich zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) können mögliche Entlastungen im Betriebsablauf, Umstrukturierungen oder zu Alternativen im Rahmen der strategischen Unternehmensberatung diskutiert werden.
Für Fragen zu Hofübergabe bietet der BBV ein umfangreiches Unterstützungsangebot und alle im Flyer „Was tun wenn…“ aufgeführten Ansprechpartner stehen zur Verfügung.

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