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„Das Haus war am Boden“

Neuer Schwung für „alte Dame“? – So geht es dem Bad Aiblinger Kurhaus seit dem Pächter-Wechsel

Zusammen mit Melanie Sebrak blickt der Kurhaus-Pächter Stefan Linnerer auf die vergangenen turbulenten Monate zurück.
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Zusammen mit Melanie Sebrak blickt der Kurhaus-Pächter Stefan Linnerer auf die vergangenen turbulenten Monate zurück.

Umstrittene Auftritte, Personalmangel, Wirbel um Vereine. Das Kurhaus Bad Aibling erlebte in der Vergangenheit unruhige Zeiten. Doch was hat sich in den vergangenen Monaten unter dem neuen Pächter Stefan Linnerer verändert?

Bad Aibling – Fast neun Monate ist es her, als das Kurhaus Bad Aibling eine tiefgreifende Veränderung durchlebte, als der wohl wichtigste personelle Wechsel anstand. Seit Juli 2023 hat das Veranstaltungshaus einen neuen Pächter. Stefan Linnerer, Meister für Veranstaltungstechnik, übernahm damals das Ruder von der Familie Forster. Und das in einer Zeit, in der Kritik am Betrieb des Kurhauses immer lauter geworden war.

Sichtlich erleichtert präsentierten damals Stadt und Aib-Kur den 45-jährigen Familienvater, der zusammen mit Melanie Sebrak, die unter anderem federführend für den Kundenkontakt zuständig ist, die Verantwortung übernommen hatte. Bürgermeister Stephan Schlier und Kurdirektor Thomas Jahn lobten den Mann „aus der Region“, gerade auch weil er bereits Erfahrungen mit den Aiblinger Vereinen mitbrachte. Gut ein Dreivierteljahr später hat sich nicht nur das Logo des Kurhauses verändert. Was hat sich getan und wie haben die Verantwortlichen die kräftezehrende Zeit selbst empfunden?

„Wir sind auf einem sehr guten Weg“

Dass auch der Umgang mit sensiblen Themen zur Aufgabe eines Kurhaus-Pächters gehört, hatte jedenfalls vergangene Woche die Kritik am umstrittenen Auftritt von Kayvan Soufi-Siavash alias Ken Jebsen gezeigt. Linnerer und Sebrak stellten sich den unangenehmen Fragen, räumten ebenso Fehler ein. Ähnlich offen, wie sie mit dieser Kritik umgingen, sprachen sie mit dem OVB auch über die grundsätzliche Entwicklung des Kurhauses in den vergangenen Monaten.

Insgesamt, was die Auftragslage und die Belegungszahlen angeht, „sind wir auf einem sehr guten Weg“, zieht Linnerer ein positives Zwischenfazit. Der Austausch mit Kunden und Vereinen funktioniere sehr gut. Bis das Personal eingearbeitet und alle in einen gewissen „Workflow“ gekommen waren, habe es jedoch viel Zeit und auch viel Geld gekostet.

Pächter ehrlich: „Das Haus war tot“

Denn, so Linnerer: „Als wir hier im vermeintlich vollausgestatteten Kurhaus begonnen haben, merkten wir schnell, dass man an vielen Stellen etwas machen muss“, erinnert sich Linnerer. Er verschweigt nicht, dass es „viele Baustellen“ gab, weswegen man zunächst auch viel investieren musste. „Um es ehrlich zu sagen: Das Haus war am Boden, es war tot, und das wussten auch alle“, stellt er klar. Die Schuld dafür liege nicht beim Vorpächter, der Stadt oder der Aib-Kur. Vieles sei, auch durch die Corona-Pandemie, in den vergangenen Jahren unglücklich zusammengekommen.

Deshalb, sagt der 45-Jährige, habe er sich die Aufgabe nicht so schwer vorgestellt, wie sie sich letztlich darstellte. In engem Austausch mit allen Beteiligten, bei dem es auch mal „gekracht“ hat, habe sich letztlich ein 48-Punkte Programm entwickelt. Dabei gehe es nicht nur um „einen Riss in der Fliese“, sondern vor allem um große Themen, wie der Austausch von Toiletten, eine Entkalkungsanlage, eine Netzwerkstruktur für WLAN oder eine defekte Klimaanlage, erklärt der Pächter. „Die Stadt ist dabei wahnsinnig bemüht, es passiert auch viel“, sagt Linnerer. Auch wenn die Kommune wohl ebenfalls nicht mit so viel Handlungsbedarf gerechnet hatte, vermutet der in Rott aufgewachsene Linnerer.

Balanceakt und „Achterbahnfahrt“

Hinzu komme, so Melanie Sebrak, dass die Preise in schier allen Bereichen gestiegen sind, dass Personal nur bei entsprechender Bezahlung zu bekommen sei und dass man letztlich monatlich 35.000 Euro an laufenden Kosten aufbringen muss – egal ob eine Veranstaltung stattfindet, oder nicht. „Den Braten können wir aber trotzdem nicht für 17 Euro verkaufen, dann kommt keiner mehr“, beschreibt Sebrak den kniffligen Balanceakt, der ihr seit Juli 2023 wie eine „Achterbahnfahrt“ vorkommt.

Sebraks und Linnerers große Herausforderung: Einen Mix zu finden aus Veranstaltungen, die wenig einbringen, aber zur „kulturellen Grundversorgung“ gehören, und aus Events, die die großen Posten gegenfinanzieren. Besonders erfreulich: „Alle unsere Firmenkunden, die etwa hier ihre Weihnachtsfeier ausgerichtet haben, haben bereits am Folgetag für das kommende Jahr wieder gebucht.“ Laut Sebrak der Beleg dafür, dass das Team, dass das Miteinander funktioniere und Spaß mache. Das zeige sich beispielsweise auch bei besonderen Veranstaltungen, wie dem Demokratie-Festival oder der Kultur-im-Park-Reihe.

Unzufriedenheit der Vereine hat sich gelegt

Ob die beiden die Aufgabe mit dem heutigen Wissensstand noch einmal angehen würden – mit dieser Frage haben sie sich tatsächlich beschäftigt und können ihre Vorpächter, die den Betrieb nicht mehr weiterführen wollten, durchaus verstehen. Dennoch, bei allem Kampf der vergangenen Monate, habe man das Veranstaltungshaus nun in ein ruhigeres Fahrwasser manövriert. Auch der noch im Vorjahr aufgekommene Wirbel um Vereine, die sich über den Betrieb und die eigene Übernahme von Service-Aufgaben beschwert hatten, habe sich gelegt.

„Da haben wir einen sehr guten Konsens gefunden, auch wenn es immer Nachjustierungsbedarf gibt“, sagt die 43-Jährige. Das Wichtigste sei, miteinander offen und ehrlich zu reden. Positives Beispiel: Die „Dreder Musi“, die laut Sebrak ursprünglich nicht mehr ins Kurhaus kommen wollte, gibt im Frühjahr hier wieder ein Konzert.

Was hat sich bei den kritisierten Themen getan?

„Das Thema hat sich geändert, wir machen im Grundsatz alles selbst, dafür gibt es die wahnsinnig günstigen Mietpreise, die Sonderkonditionen für Aiblinger Vereine“, sagt Linnerer. Diese lägen sogar noch weit unter den vertraglichen Sonderkonditionen, was dennoch eine Win-win-Situation für Vereine und das Kurhaus sei. „Ein Verein will sich ja eigentlich um nichts selber kümmern“, erklärt der Pächter. Dennoch hat er die Wahl und kann beispielsweise die Bestuhlung für ein Event selber übernehmen, um sich Kosten zu sparen.

Was die Speisen angeht, kocht das Kurhaus-Küchenteam mittlerweile in 90 Prozent der Fälle alles selbst. Bei einzelnen Veranstaltungen werde noch ein Caterer hinzugebucht, erklärt Linnerer. „Diese Flexibilität ist meiner Meinung nach auch die Zukunft“, ergänzt Sebrak. Denn nicht jede Veranstaltung sei gleich.

Alles in allem sei das Ziel, das Kurhaus für jede Altersgruppe attraktiv zu machen. Und hier sei man auf einem guten Weg. Jüngstes Beispiel sei die Ü30-Party gewesen, die viel positives Feedback hervorgerufen habe. „Wir wollen uns auf lange Sicht als Begegnungspunkt der Gesellschaft verstehen“, so Linnerer.

Einfluss auf Linnerers Privatleben

Die wohlwollenden Rückmeldungen seien für Sebrak und Linnerer die größte Motivation. Dass die Leute wieder gerne herkommen – das treibe die beiden an. Auch wenn der Aufwand, den sie dafür betreiben, enorm sei. So enorm, dass er sogar Einfluss auf Linnerers Privatleben genommen hat. „Irgendwann hat meine Frau gesagt, ich muss an drei Tagen in der Woche um 18 Uhr zu Hause sein, um die Kinder ins Bett zubringen.“ Und genau diese Vorgabe befolge er jetzt auch.

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