Vereine setzen Zeichen gegen „Rechtsruck“
„Viel Liebe in der Luft“: Über 1000 Bad Aiblinger feiern die Demokratie – trotz Streit ums Geld
Familien, Musik und deutliche Worte: Das „Wir sind lauter“-Festival in Bad Aibling war ein voller Erfolg. Doch die Veranstalter kritisieren die Kommune, da eine städtische Förderung ausblieb. Handelte es sich bei dem Festival um eine politische Veranstaltung?
Bad Aibling – Unter dem Titel „Wir sind lauter“ haben zahlreiche gemeinnützige Vereine aus Bad Aibling und Umgebung am 1. Oktober ein eintägiges Festival im Kurhaus der Stadt veranstaltet. Die Organisatoren setzten damit ein Zeichen für eine vielfältige und tolerante Gesellschaft und gegen Hass und Hetze. Bereits im Vorfeld hatte Initiatorin Claudia Hinterecker von einem um sich greifenden „Rechtsruck“ gesprochen, dem man mit einer lebendigen und farbenfrohen Veranstaltung entgegentreten wolle.
Mit einem vielfältigen Programm für Kinder und Erwachsene lockte das Event laut dem Verein „Raum & Zeit“ fast 1500 Besucher über den Tag verteilt zum Aiblinger Kurhaus. „Es war hervorragend, es war so viel Liebe in der Luft“, zog die Aiblinger Schauspielerin Hinterecker ein mehr als positives Fazit. Aus Angst, keiner würde kommen, hatte sie zwar fünf schlaflose Nächte durchlebt, erzählt sie im Nachgang. Doch die Sorge war unberechtigt.
Familien, Musik und deutliche Worte
„Der Kurpark war voller Familien, ein Zelt voller Kinder, ein Clown auf Stelzen, tolle Künstler“, zählte Hinterecker nur einige Highlights des Festivals auf. Die Menschen hätten die Demokratie gefeiert und gezeigt, „dass es eben auch noch dieses andere Bad Aibling gibt“, so die 37-Jährige. Sie zielte damit auf verschobene Tabugrenzen und rechtsradikale Parolen ab, welche mittlerweile zum gesellschaftlichen Alltag gehörten. Um dieser Entwicklung entgegen zu treten, hatten sich die veranstaltenden Vereine mit klaren Statements für Vielfalt positioniert, die auftretenden Künstler setzen mit ihren Shows ebenso ein Zeichen.
Neben einem Kinderprogramm, etwa das Kindersingen mit Irmi Haager und ihrer Bum-Bum-Band, hatten die Veranstalter unter anderem 3 Hoibe Musi, Levantino, Eva Niedermeier, Lenze und de Buam, Monobo Son sowie DJ Daniel Ocean und Christina auf die Bühne gebracht. Einer der prominenten Redner war der aus Film und Fernsehen bekannte Schauspieler Eisi Gulp, der die Besucher mit deutlichen Worten auf die Gefahr rechtsradikaler Entwicklungen aufmerksam machte. Er zog etwa einen Vergleich zwischen der Hitler-Zeit und der Gegenwart, in der das Erstarken rechter Parteien die Demokratie gefährde. „Auch wenn in einer Demokratie nicht alles gut läuft, sind wir damit im Vergleich zur restlichen Welt immer noch extrem privilegiert“, so der Schauspieler.
Veranstalter bemängelt ausbleibende Förderung
Etwas überschattet wurde die Veranstaltung im Vorfeld von Diskussionen über eine mögliche städtische Förderung, die die Kommune letztlich ablehnte. „Wir sind davon ausgegangen, dass die Stadt im Rahmen dieser Vereinsförderung Kosten übernehmen kann“, erklärte Hinterecker die anfängliche Hoffnung. Das „Wir sind lauter“-Festival sei ausdrücklich eine „nicht-parteipolitische und nicht-gewinnorientierte Veranstaltung“, weshalb man mit der Unterstützung gerechnet hatte.
„Die Haltung der Stadt finden wir falsch.“ Unter anderem mit diesen Worten hatten die Veranstalter ihrem Ärger deshalb auch öffentlich auf Facebook Luft gemacht. „Wir machen das Festival ja nicht für irgendwelche Parteien“, ergänzt Hinterecker gegenüber dem OVB. Aufgrund des großen Besucherandrangs und zahlreicher Spenden rechne man jedoch damit, die Kosten für die Veranstaltung dennoch selber stemmen zu können.
Bürgermeister Schlier lobt die „Stoßrichtung“
Bürgermeister Stephan Schlier erklärte hierzu auf Nachfrage, dass es generell immer wieder Veranstaltungen gebe, bei denen die Stadt die entsprechende Förderung ablehnen würde. „Das hat mit der Veranstaltung an sich überhaupt nichts zu tun. Ich finde die Veranstaltung toll, sie wurde super angenommen und die Stoßrichtung, dass sich jemand in diesen unruhigen Zeiten für die Demokratie stark macht, kann ich nur begrüßen.“ Jedoch habe es sich inhaltlich durchaus um eine politische Veranstaltung gehandelt, wenn auch nicht um eine parteipolitische.
Deshalb verfolge man in puncto Förderung seit Jahren eine klare Linie. „Es wäre schwierig, wenn ich der Förderung in diesem Fall aus persönlichen Gründen zustimme, bei anderen politischen Veranstaltungen dann jedoch ablehne und dies rechtfertigen müsste“, so der Rathauschef. Deshalb lehne man die Vereinsförderung grundsätzlich bei Veranstaltungen mit politischem Inhalt ab, was die Richtigkeit des „Wir sind lauter“-Events in keinster Weise in Frage stelle. Im Übrigen habe man dem Verein „Raum & Zeit“ einen Gesprächstermin angeboten, bei dem man die Beweggründe nochmal erläutern könne.
