Gemütlichkeit am Inn ist das höchste der Gefühle
Sehnsuchtsort Biergarten: Warum die Wasserburger leider „nur“ eine Mini-Version bekommen
Die Wasserburger trauern dem Fletzinger-Biergarten noch immer nach. Es gibt bis heute keinen adäquaten Ersatz. Allerdings eine Mini-Version: den Bramburi-Biergarten am Gries. Warum die Maxi-Lösung nach wie vor ein unerfüllter Wunsch geblieben ist und weshalb es vielleicht Hoffnung gibt.
Wasserburg – Schattig, gemütlich, mit Live-Musik bei freiem Eintritt: Eigentlich hat der Bramburi-Kulturbiergarten am Gries all das, was sich die Wasserburger wünschen. Sogar die Brotzeit darf jeder mitbringen. Nur klein ist er halt. Und auf dem Inndamm gelegen mit freiem Blick auf den Fluss, was für viele Bürger das höchste der Gefühle wäre: Auch das gibt es nicht.
Einen entsprechenden Antrag, 2020 gestellt von den Betreibern des Bramburi-Imbisswagens, hatte das Landratsamt Rosenheim abgelehnt. Auf Anfrage der Wasserburger Zeitung zählt Pressesprecher Michael Fischer die Gründe auf. Sie reichen von planungs- bis zu baurechtlichen Aspekten und Sicherheitsfragen (Siehe Infokasten).
Das sagt das Landratsamt
Ein Biergarten im Außenbereich am Inn, wie 2020 beantragt, kann laut Landratsamt im Einzelfall nur genehmigt werden, wenn keine „öffentlichen Belange“ dagegen sprechen würden. Das wäre jedoch in diesem Fall so. Die Grünflächen zwischen dem Otto–Geigenberger-Weg und dem Gewässer seien bisher nicht bebaut. Es handele sich um einen ruhigen Bereich am Rand des Stadtgebietes, der nicht durch Gastronomie und kulturelle Veranstaltungen gestört werden dürfe, so die Behörde. Gastronomie und Kultur sollten sich laut Landratsamt auf das reine Stadtgebiet beschränken. „Das Vorhaben stellt daher einen nicht hinnehmbaren und ausgleichbaren Eingriff in Natur und Landschaft“ dar. Äußerst negativ sei in diesem Zusammenhang auch die Folgewirkung auf weitere solcher Vorhaben zu bewerten, warnt die Behörde vor Präzedenzfällen.
Ein Biergarten am Inn benötige außerdem eine wasserrechtliche Genehmigung. Nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim sei davon auszugehen, dass bei Errichtung regelmäßig eine Gefahr für die Betreiber und Besucher bestehe. Denn die geplante mobile Wirtschaft mit Imbisswagen, Zeltpavillon und Sitzgelegenheiten hätte sich im Abflussquerschnitt des Inns befunden, der regelmäßig überschwemmt werde. Nach grob überschlägigen Abschätzungen geht das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim davon aus, dass bei Erreichen der Meldestufe 1 am Pegel Wasserburg der Inn bis auf Höhe des Fußgängerwegs angestiegen ist, und damit ab Überschreiten der Meldestufe 1 ein beginnender Einstau des Areals einsetzt, so das Landratsamt. Circa ab Erreichen der Meldestufe 2 wäre Imbisswagen und Zeltpavillon ebenfalls überschwemmt worden. Meldestufe 1 werde in den Sommermonaten erfahrungsgemäß mehrmals erreicht oder überschritten. Der Inn als staugeregeltes Gewässer könne sehr schnell und vor allem auch unvorhergesehen ansteigen. Das Areal hätte eventuell mehrmals im Sommer geräumt werden müssen.
Zudem wäre durch die geplante Bebauung die Entstehung einer Splittersiedlung zu befürchten. „Diese ist mit dem Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs und des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden nicht vereinbar.“
Tatsache ist auch, dass sich der Inndamm nur im Hochsommer als Platz für einen Biergarten eignen würde. Denn in Flussnähe wird es viel schneller kühl als in der Stadt. Außerdem gibt es hier nach regenreichen Frühjahren, also vermutlich auch heuer, das Problem der Mückenplage. Feiern direkt am Fluss: Das ist deshalb nur einmal im Jahr beim Inndammfest möglich.
Trotzdem findet auch Wasserburgs neuer Stadtmanager Simon Arnold: „Wasserburg braucht wieder einen attraktiven, echten Biergarten.“ So sieht das auch Norbert Buortesch, Sprecher der „bunten“ Fraktion im Stadtrat aus Bürgerforum/Freien Wählern Reitmehring-Wasserburg und ÖDP: Dass er nach wie vor fehlt, nennt er einen der großen Misserfolge der Kommunalpolitik.
Die Kulturreferentin und der Traum vom Bürger-Kulturzentrum
Wasserburgs Kulturreferentin Edith Stürmlinger hätte eine Idee für einen anderen Standort– nicht direkt am Inn, aber in der Schleife: Am Salzstadel, früher Polizeigebäude, könnte sie sich ein Bürger-Kulturzentrum vorstellen. Mit Biergarten auf der Außenfläche. Schließlich sei das Gelände ein Filetstück in der Altstadt. Im Gebäude ist bereits die VHS untergekommen, der Alpenverein will hier eine Boulder-Anlage verwirklichen. Außerdem entsteht eine Großtagespflege. Das sind jedoch alles Zwischenlösungen für fünf Jahre, denn die Stadt hat derzeit kein Geld für eine aufwendige Sanierung. In fünf Jahren soll jedoch ein Gesamtkonzept entwickelt sein für die Immobilie der Stadt. Fünf Jahre Zeit, um einen Biergarten zu realisieren – im Gefolge eines Kulturzentrums? Stürmlinger findet die Idee sehr reizvoll, („mein Traum“). Sie erinnert jedoch auch daran, dass das Gelände im Herzen der Stadt viele Begehrlichkeiten wecke und unterschiedliche Interessenslagen für die spätere Nutzung vorherrschen würden. „Doch ich bleibe dran“, sagt die Dritte Bürgermeisterin und sieht sogar einen Auftrag der Bürgerschaft. Als Kabarettist Gerhard Polt im Rahmen des Filmfestivals Biennale Bavaria bei seinem Auftritt in der Badria-Halle das Thema fehlender Biergarten angesprochen habe, hätte das Publikum im ausverkauften Saal „regelrecht aufgejault“. „Die Wasserburger wünschen sich sehnsüchtig wieder einen“, sagt Stürmlinger seufzend. „Doch da wird noch viel Wasser den Inn hinabfließen müssen.“
Bramburi-Betreiber mit dem Standort am Gries sehr zufrieden
Ein weiteres Problem muss jedoch noch gelöst werden, wäre ein Standort gefunden: Ein Betreiber muss her. Die Gastronomie hat bekanntlich mit steigenden Kosten und vor allem mit Personalsorgen zu kämpfen. Trotzdem: Die Betreiber des Bauwagens auf dem Parkplatz am Gries hätten das Experiment am Inn gewagt. Die kleinere Version, nicht auf dem Damm, aber in der Nähe unter Bäumen am Rand des Parkplatzes am Gries, kommt trotzdem gut an. So gut, dass Julian Maron, der den Wagen gemeinsam mit Veronika Steer betreibt, sagt: „Dass die größere Anlage nicht genehmigt wurde, war Schicksal und im Nachhinein gut für uns. Denn uns reicht der Platz, einen viel größeren Biergarten hätten wir auch gar nicht personell geschafft. Der Standort hat sich bewährt.“ Unter den Bäumen lasse es sich selbst bei Hitze gut aushalten, Toiletten seien in der Nähe, die Anlieferung klappe hier gut.
Das Kulturprogramm startet am 17. Juni
2021 mitten im zweiten Corona-Sommer stellten die beiden jungen Gastronomen aus Schnaitsee ihren grasgrünen Kiosk zum erstem Mal auf. Hier servieren sie seitdem im Sommer zur selbstgemachten Bio-Pommes, heuer mit Kartoffeln aus Waldkraiburg, Getränke und Musik. Das Kulturprogramm für 2023 steht bereits. Vom 17. Juni bis 23. Juli gibt es samstags und sonntags ab 13 Uhr Biergartenbetrieb, am frühen Abend Musik mit Bands und Solisten aus der Kleinkunstszene der Region. Neu im Angebot in diesem Jahr: Yoga und ein Nachhaltigkeits-Workshop. Außerdem feiert ein Kinderprogramm mit Zaubereien Premiere. Anbieter sind stets Freunde der Betreiber.
Am Wochenende, Samstag und Sonntag, 3. und 4. Juni, öffnet bereits der Kiosk, zwei Wochen später dann der Biergarten. 2022 kamen hier täglich zwischen 50 und 100 Gäste, so Maron. Der Eintritt an den Konzertabenden ist frei, für das Kulturprogramm geht der Hut rum, denn Maron findet: „Kultur sollte den Leute auch was wert sein.“ Bei Regen entfällt das Programm oder wird an einen anderen Tag verschoben.

