Mutmaßliche Bärenspur im Süden des Mangfallgebirges
Bär auf Wanderschaft - Wie Wanderer aus Rosenheim auf neue Spuren stießen
Ist der Bär nach Tirol zurückgekehrt? Beobachtungen eines Spaziergängers aus dem Landkreis Rosenheim lassen vermuten, dass das Raubtier wieder auf Wanderschaft ist. Derweil machen so manchem die Wölfe zu schaffen.
Oberaudorf - Roland Zeddies (57) machte am Sonntag eine Begegnung, an die er sich lange erinnern wird. Eine „der dritten Art“, wie der Mann aus Feldkirchen scherzhaft sagt. In gelöster Stimmung ist er aber erst, seit er wieder aus dem Wald im Grenzgebiet zwischen Bayern und Tirol herausgelangt ist.
Zwischen der Grenze und der Ortschaft Landl stieß Zeddies auf Spuren. Riesengroße Spuren. Und auf einen Haufen. „Ziemlich frisch“, da ist sich Zeddies sicher. Er fotografierte sie mit seinem Smartphone. Und dann habe er sie einem Jäger gezeigt. „Der sagte: Ziemlich eindeutig.“
Beim Abstieg vom Anblick der Bärenspuren überrascht
Zusammen mit seiner Frau sei er im Bereich der Ascherjochalm oberhalb von Landl wandern gewesen. „Beim Abstieg sind wir kurz vor dem Ort über ganz frische Spuren eines großen Bären gestolpert“, berichtet Zeddies. Eine Kontrasterfahrung, wie er sagt, anstelle eines „schönen und friedlichen Frühlingstags in den Bergen“ auf einmal Gefahr. „Sehr arg“ sei das gewesen, diese Angst in sich aufsteigen zu fühlen. „Das wird mich in Zukunft nicht mehr so leicht loslassen.“ Denn er fragt sich auch, wie das ist, wenn Kinder dabei sind. „Wir waren nur zu zweit. Aber da gehen auch oft Familien wandern.“
War es ein Bär? Und wenn ja, wie viele?
Noch längst ist nicht sicher, dass nur ein Bär im Mangfallgebirge unterwegs war. Seit etwa eineinhalb Jahren wird immer wieder mal ein Bär auf der Tiroler Seite registriert. War er es, der sich vor gut zwei Wochen über den Landkreis Miesbach aus in Richtung Oberaudorf machte, um dort - nahe dem Berggasthof Bichlersee Schafe zu reißen? Nachdem er sich wohl einige Tage lang zu Füßen des Wildbarren aufgehalten hatte, scheint er - diversen Spuren nach zu urteilen - über den Tatzelwurm ins Sudelfeldgebiet gekommen zu sein, und sich dann über Bayrischzell nach Süden wieder ins Gebirge und über die Grenze zu bewegen.
Die Behörden im Land Tirol wie auch das bayerische Landesamt für Umwelt in Augsburg sind bereits im Besitz von Bären-DNA, könnten also abklären, welches Exemplar genau da registriert wurde. Nur sagen beide Behörden übereinstimmend: Es ist nicht einfach, aus Bären-DNA auch brauchbare Informationen zu filtern.
Bereits ein ausgiebiger Regenguss kann die Bemühungen der Experten zunichtemachen, sagte Christa Entstrasser-Müller von Seiten Tirols aus. Außerdem schicken die Tiroler DNA, die möglicherweise vom Bären stammen, nach Wien, ins Naturhistorische Museum. Und dort wird lediglich zweimal im Jahr sequenziert. Bis die Proben aus dem Rissabstrich vom Bichlersee und vom Bärenkot bei Brandenberg in Tirol miteinander abgeklärt sind, wird noch Zeit ins Land gehen.
Nähe und Wesensart deuten darauf hin: Der bayerische Bär ist eigentlich ein Tiroler
Immerhin gibt es zwei Details, die dafür sprechen, dass es sich beim Bären von Brandenberg und beim Besucher von Oberaudorfer um ein und denselben Bären handelt. Der räumliche Zusammenhang liegt auf der Hand. Aber auch die Übereinstimmung im Verhalten. Auf Tiroler, wie auch auf bayerischer Seite beschreiben die Behörden den Bären als „unauffällig“ und menschenscheu. „Es hat ihn noch niemand zu Gesicht bekommen“, meldet Entstrasser-Müller. Zuletzt sei der Bär in März vor das Objektiv einer Wildkamera gestapft.
Vorm Landesamt für Umwelt liegt viel Arbeit
Ohnehin müssen sich Almbauern und Tierhalter in Geduld üben. Noch immer liegen keine Ergebnisse vor, ob die Schafsrisse vor zehn Tagen unterhalb des Berggasthofs Bichlersee tatsächlich auf einen Wolf zurückzuführen sind. Auch von dem möglicherweise gerissenen Reh, das eine Spaziergängerin vor mehr als einer Woche nur wenige Meter vom Bichlersee entfernt fand, gibt es noch keine Ergebnisse. Bereits vergangene Woche, während des Politikerbesuchs am Berggasthof, angeführt von Ministerpräsident Söder und Tourismusminister Aiwanger, war Kritik am Landesamt für Umwelt (LfU) laut geworden: In den Augen vieler Almbauern lasse es sich zu viel Zeit. Auch Zweifel an der Kompetenz des Amtes wurden laut.
Ob überhaupt ein Mitarbeiter dorthin entsandt wurde, konnte das LfU bis zum Redaktionsschluss am Dienstag, 2. Mai, nicht mitteilen. Laut Polizei ist der Fund geprüft und ordnungsgemäß gemeldet worden. „Der stellvertretende Inspektionsleiter ist hingefahren, weil er sich als Jäger damit auskennt“, sagte Inspektionschef Josef Mühlbacher aus der Polizeiinspektion Brannenburg.
Gruselfund im Hochriesgebiet: Geheimnis gelüftet?
Geklärt haben könnte sich derweil das Geheimnis um den Gämsenfund vor wenigen Tagen an der Wagneralm im Hochriesgebiet. Revierjäger dort ist Florian Dettendorfer. Er habe den Kadaver, den ein Trailrunner vergangene Woche gefunden hatte, entsorgt, berichtete er dem OVB.
Dabei habe er die tote Gams auch unter die Lupe nehmen können. War es ein Bär, wie vereinzelt vermutet, könnten es Wölfe gewesen sein. Dettendorfer legt sich fest: „Die war schon alt und ist ziemlich sicher eines natürlichen Todes gestorben.“ An Fleischfressern, die sich die Gelegenheit eines Kadavers nicht entgehen lassen, fehlt es auch auf 1000 Meter Höhe nicht.
In Oberaudorf stehen die Zeichen auf Entwarnung
Zeichen der Entspannung kann man in Oberaudorf wahrnehmen. Seit Tagen sind weder Bär noch Wolf registriert, geschweige denn gesichtet worden. Auch Risse gab es seit mindestens einer Woche nicht mehr. „Möglich, dass Wolf und Bär ihren Beutetieren in niedrigere Lagen gefolgt sind, weil durch den kalten Frühling weiter oben zu wenig gewachsen ist“, vermutet Florian Seebacher von der Gemeindeverwaltung Oberaudorf. Die Inntalgemeinde hätte ihre deutschlandweite Bekanntheit somit womöglich dem miserablen Wetter zu verdanken. Nach der Aufregung der ersten Tage kämen jedenfalls auch keine Nachfragen von verängstigten Touristen mehr.
Auch Jäger Dettendorfer meint, dass die Raubtiere schon wieder weitergezogen sein könnten. „Vor zwei Jahren, als der Wolf wirklich da war, da hat man das auch am Verhalten des Wilds gemerkt“, sagt er. Dergleichen sei aber nicht wahrzunehmen. Er äußert Verständnis für die Sorgen der Almbauer, sieht aber auch den Freizeitstress kritisch. „Ich war am Montag unterwegs und hab schon um 6.10 Uhr die ersten Wanderer gesehen“, sagt er. Das dauernde Remmidemmi in den Bergen - kaum vorstellbar, dass das gut sein kann für Almbauer und Tiere.
Berichtigung
In einer früheren Fassung des Textes war von einem Gämsenfund an der Wankalm zu lesen. Der Wank befindet sich jedoch noch immer im Werdenfelser Land, gemeint war die Wagneralm im Hochriesgebiet. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.



