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Mordfall Hanna aus Aschau im Chiemgau

Im Mordprozess um Hannas Tod: Kann sich die Hauptzeugin nun erinnern?

Wie lange hält Sebastian T. sein Schweigen noch aufrecht? Er soll Hanna aus Aschau im Chiemgau im Oktober 2022 ermordet haben.
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Wie lange hält Sebastian T. sein Schweigen noch aufrecht? Er soll Hanna aus Aschau im Chiemgau im Oktober 2022 ermordet haben.

Am Freitag (3. November) wird im Mordprozess um die Tötung von Hanna aus Aschau nochmals die Schulfreundin des Angeklagten befragt. Kann sich die Hauptzeugin nun erinnern? Was die Hoffnung auf gehaltvollere Aussagen vor dem Landgericht Traunstein nährt.

Aschau/Traunstein – Hat Zeugin Verena R. (21) ihre Hausaufgaben gemacht? Eine solche hatte ihr die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler vom Landgericht Traunstein aufgegeben. Sie solle sich notieren, an was sie sich von ihrer Unterhaltung mit dem Angeklagten Sebastian T. erinnern könne.

Diese Gedankenstützen sollen bei der erneuten Befragung am Freitag, 3. November, einen erneuten Blackout vermeiden. Bei ihrer ersten Befragung vor dem Landgericht Traunstein am 20. Oktober hatte die 21-jährige Zeugin große Erinnerungslücken offenbart. Das Gericht kommt der Frau daher seinerseits entgegen. Es hat dem Antrag ihres Rechtsbeistands Andreas Leicher auf audiovisuelle Übertragung der Aussage stattgegeben. Darunter versteht man eine Live-Übertragung der Aussage, von einem anderen Ort in den Gerichtssaal.

Anwalt der Eltern sieht Vorteile in audiovisueller Aussage

Rechtsanwalt Walter Holderle aus Rosenheim, Vertreter von Hannas Eltern als Nebenkläger, sieht auch deswegen eine gute Chance für gehaltvollere Aussagen. Dadurch werde die 21-Jährige „beruhigter aussagen können“, meint Holderle. In einem separaten Raum sitzend, räumlich vom Angeklagten getrennt, sei es für die junge Frau voraussichtlich einfacher. „Im Saal selber ist der Druck schon ein anderer.“

Hielt die Zeugin Informationen zurück?

Bei ihrer ersten Befragung zwei Wochen zuvor hatte sich die Frau widersprochen. Vor allem blieb sie entscheidend hinter ihren Angaben bei der Vernehmung durch die Polizei am 17. November 2022 zurück.

Diese Angaben seinerzeit hatten den Ermittlungsrichter bewogen, gegen Sebastian T. Haftbefehl zu erlassen. Es ging dabei um Verena R.s Erinnerung an ein Gespräch mit Sebastian T. am Nachmittag des Tages, an dem Hanna W. tot in der Prien aufgefunden war (3. Oktober 2022). Darin soll Sebastian T. verräterische Aussagen getan haben.

Sprach der Angeklagte zu früh von Mord?

Hanna W. hatte den Club „Eiskeller“ am frühen Morgen des 3. Oktober 2022, kurz vor halb drei, verlassen. Zu Fuß machte sie sich auf den knapp 900 Meter langen Weg zu ihrem Elternhaus. Doch dort kam sie nie an. Zwölf Stunden später wurde ihr lebloser Körper in der Prien gefunden, wo er sich unter einer Wurzel verfangen hatte.

Erst am Abend des 4. Oktober 2022 informierte die Polizei die Öffentlichkeit darüber, dass die 23-jährige Aschauerin einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen sei. Die Zeugin wusste dazu Aufschlussreiches zu berichten. Sie sagte, dass ihr Sebastian T. bereits einen Tag zuvor, am Tag der Tat, von dem Tötungsdelikt erzählt habe: Ob sie auch gehört habe, dass in Aschau eine junge Frau umgebracht worden sei, habe Sebastian T. sie gefragt. Das sei so traurig, weil „die Hanna“ in Aschau ja auch so bekannt gewesen sei. Außerdem habe T. die Tat einen Tag vor der Verhaftung ihr gegenüber eingeräumt.

Kaum eine Frau stand dem Angeklagten so nahe

Verena R. kennt den Zeugen seit dem gemeinsamen Besuch einer Förderschule in Marquartstein. Vermutlich stand außerhalb der Familie keine Frau dem nunmehr 21-jährigen Angeklagten so nahe wie sie. Erklären sich daraus die Lücken? Wollte sie ihn schützen? Oder fühlte sich durch die Atmosphäre des voll besetzten Gerichtssaals überfordert?

Verena R. hinterließ jedenfalls einen zwiespältigen Eindruck. Mit Widersprüchen, die in den Augen von Sebastian T.s Verteidiger Harald Baumgärtl ihre Glaubwürdigkeit nicht eben stärken. So konnte sie sich nicht mehr daran erinnern, dass Sebastian T. den Namen des Opfers erwähnt haben soll.

Eltern-Anwalt Walter Holderle hofft trotzdem auf glaubwürdige Aussagen am Freitag. Auch weil die Protokolle ihrer beiden Vernehmungen durch die Polizei im Herbst 2022 vorgehalten werden sollen. „Das damals war näher an ihrem Kenntnisstand“, vermutet Holderle. Das könne das Gedächtnis der jungen Frau auffrischen.

An diesem Tag werden Retter befragt, die Hannas Leichnam aus der Prien bargen. Aussagen soll auch der Spaziergänger, der den leblosen Körper der jungen Aschauerin am frühen Nachmittag des 3. Oktober 2022 im Wasser entdeckt hatte.

Erkannte jemand Hanna, war es unter den Rettern Thema, dass sie gewaltsam zu Tode gekommen war? Nicht auszuschließen, dass sich die Kunde in Aschau schleunig verbreitete – noch vor den Verlautbarungen der Polizei. Vor allem aber gehe es darum, dass sich das Gericht ein Bild von der Situation bei der Auffindung von Hanna machen könne, unterstreicht Nebenkläger-Anwalt Walter Holderle.

Die Frage vorm Landgericht: Wem kann man glauben?

In einem Prozess ohne Beweise dreht sich alles um Indizien und die Glaubwürdigkeit von Zeugen. In Frage steht da nicht nur das Gewicht der Aussagen von Verena R. Auch der jüngst aufgetauchte Knast-Nachbar von Sebastian T. aus der Untersuchungshaft in Traunstein wird zu durchleuchten sein. Er hatte berichtet, dass Sebastian T. ihm gegenüber den Mord an Hanna eingeräumt habe.

Den Gehalt dieser Aussage stellen T.s Verteidiger Harald Baumgärtl und Dr. Markus Frank in Frage. Was für einen vernünftigen Grund habe der U-Häftling gehabt, mit seiner Aussage zehn Monate lang zu warten, fragt Baumgärtl.

Wie Anwälte dem Knastzeugen auf den Zahn fühlen wollen

Die Glaubwürdigkeit des Knastzeugen wollen die Verteidiger anhand eines früheren Prozesses prüfen. Der 23-jährige Zeuge hatte vor Gericht in Traunstein angegeben, von seiner Mutter missbraucht worden zu sein. Vor Gericht wurde seine Mutter aber freigesprochen. Die beiden Verteidiger haben daher Einsicht in die Akten über die Mutter des neuen Zeugen beantragt.

Auch die Richterin will die Erkenntnisse über den Zeugen aus der U-Haft vertiefen: Jacqueline Aßbichler hat die Polizei beauftragt nachzuforschen, ob es weitere Mithäftlinge gab, die mit Sebastian T. gesprochen haben könnten.

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