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Notfall-Tipps für Bürger in unserer Region

Nach Blackout in Spanien: Wie der Landkreis Rosenheim dafür gerüstet ist – Das hat sich verändert

Ein Blackout wie der kürzlich in Spanien und Portugal bringt Schlimmeres als nur Dunkelheit. Was man tun kann, sagt Kreisbrandrat Richard Schrank.
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Wie Sie sehen, sehen Sie wenig: Ein Blackout wie der vom 28. April 2025 in Spanien und Portugal bringt Schlimmeres als nur Dunkelheit. Was man tun kann, sagt Kreisbrandrat Richard Schrank.

Blackouts hielten Spanien und Portugal am 28. April in Atem: Was bedeutet so ein massiver Stromausfall? Kann er auch in der Region Rosenheim geschehen? Und wie bereitet man sich auf die Dunkelheit und andere Katastrophen vor? Richard Schrank weiß es: Erklärungen und Tipps vom Kreisbrandrat im OVB-Exklusivinterview.

Rosenheim - In Spanien und Portugal gingen auf einmal die Lichter aus. Ampeln fielen aus, Züge standen still und das Internet ging nicht mehr. Seither wird darüber diskutiert, was passiert, wenn auch in den Deutschland großflächig der Strom ausfällt. Welche Konsequenzen man jetzt ziehen muss, wie die Rettungskräfte in einem solchen Fall vorgehen und wie man sich vorbereiten kann, verrät Rosenheims Kreisbrandrat Richard Schrank im Interview.

Als in Spanien und Portugal die Lichter ausgingen – was haben Sie da gedacht?

Richard Schrank: Mein erster Gedanke war, dass ich für die Betroffenen gehofft habe. Darauf, dass sie sich schon vorher Gedanken über die Möglichkeit einer solchen Situation gemacht hatten. Denn wenn ich vorgesorgt habe, ist das meiste kein Problem.

Richard Schrank ist Kreisbrandrat und damit Katastrophenschützer.


Ich kann Kerzen, Kekse und Wasser bunkern. Aber dabei wird es kaum bleiben, oder?

Schrank: Ja. Zum Beispiel ist jemand aus meinem Freundeskreis auf ein künstliches Herz angewiesen. Da muss der Akku regelmäßig ausgetauscht werden. In so einer Lage sollte man sich überlegen, ob man selbst einen Generator hat, oder wo man sich Strom besorgen kann. Von der Seite der Feuerwehren aus haben wir uns darauf geeinigt, dass wir natürlich solchen Menschen helfen. Dabei muss aber auch die Logistik in das nächste Feuerwehrhaus geregelt sein. Wenn jemand zusammen mit dem Ladegerät zu uns kommt, werden wir versuchen zu laden. Die Menschen müssen die Geräte selber im Blick haben und gegebenenfalls dann zu uns kommen. 

Was können wir sonst aus dem Stromausfall lernen?

Schrank: Vor allem, wie wichtig es ist, dass sich der Bürger Gedanken macht. Stichwort Resilienz. Stellen Sie sich vor, wir haben einen langanhaltenden Stromausfall, der ganz Südbayern betrifft. Da ist der Bürger zunächst auf sich gestellt. Die Hilfsdienste, also Feuerwehren und Rettungsdienste, sind so informiert, dass sie die Feuerwehrhäuser besetzen, um Grundleistungsfähigkeit zu sichern. In so einem Fall ist aber mit dem Ausfall der Kommunikationswege zu rechnen. Telefon, Mobilnetze, Digitalfunk: Da gibt es nach zwei bis vier Stunden massive Lücken. Und wie kann dann der Bürger einen Notruf absetzen? Da braucht es Resilienz. Und, vorsichtig ausgedrückt, auch eine gewisse Schwelle. Der Schnitt in den Finger bedarf nicht immer den Einsatz eines Notarztes. Nur in wirklichen Notfällen und bei Bränden sollte man sich dann zum Feuerwehrhaus als Notfallmeldestelle begeben.

Nach dem Überfall Putins auf die Ukraine gab es schon mal Überlegungen für den Katastrophenfall. Hat sich was getan? Wie gut wären wir jetzt vorbereitet?

Schrank: Besser, das auf jeden Fall. Und wir sind wöchentlich dabei, nachzusteuern. In der Region haben wir 46 Gemeinden mit 116 Feuerwehrhäusern. Für jede Gemeinde haben wir einen Rettungsstützpunkt definiert. Für die Feuerwehr und den Rettungsdienst. Beispiel Bad Aibling. Da gibt es sechs Feuerwehren. Der Rettungsstützpunkt ist aber bei der Freiwilligen Feuerwehr Stadt Bad Aibling untergebracht. Dort haben wir Notstrom, wir können Personal unterbringen, und wir haben neben der Feuerwehr auch ein qualifiziertes Rettungsmittel vorgesehen. Die weiteren Standorte der Feuerwehren übernehmen Grundsatzaufgaben zum Brandschutz und der technischen Hilfeleistung. Gleichzeitig können dort Notrufe angenommen werden.

Qualifizierte Rettungsmittel?

Schrank: Wir haben versucht, den Regelrettungsdienst komplett freizuhalten. Erstmaßnahmen sollen durch die Rettungsstützpunkte (Feuerwehr und gut ausgebildetes medizinisches Personal) durchgeführt werden. Dazu sind Fahrzeuge und Personal der Sanitätsbereitschaften, der Berg- und Wasserwachten eingeplant. Somit ist in jeder Landkreisgemeinde der Grundschutz abgedeckt. Und der Bürger soll wissen, dass er bei jedem Feuerwehrhaus anklopfen kann, wenn er einen Notruf absetzen muss. Gleichzeitig ist damit der Regelrettungsdienst entlastet und kann gezielt bei schweren Unfällen eingreifen und auch den qualifizierten Transport in Krankenhäuser übernehmen.

Ein Mann steht bei einem Stromausfall in einer von einer Campinglampe erleuchteten Eckkneipe an der Placa de l‘Ajuntament in der Kleinstadt Premià de Mar bei Barcelona.


Wie schnell sind Ihre Leute auf dem Posten?

Schrank: 30 Minuten nach Eintritt einer solchen Situation sollten die ersten Feuerwehrhäuser besetzt sein, nach zwei Stunden jedes. Die Häuser untereinander sind vernetzt mit der Leitstelle und dem Landratsamt. Wir können dann nach Eingang einer Notfallmeldung geeignete Rettungsmittel von Feuerwehr oder medizinischer Erstversorgung losschicken und Erstmaßnahmen ergreifen. Gleichzeitig versuchen wir, einen Rettungswagen über die Integrierte Leitstelle anzufordern. Das machen wir mit Digitalfunk und im Fall der Fälle per Analogfunk. Das ist unsere Rückfallebene, die mit geringen Mitteln aufrechterhalten werden kann. Das funktioniert zwar nur mit Einschränkungen, aber wir können zumindest innerhalb der Katastrophenschutzeinheiten kommunizieren.

Wie sieht es mit Sirenen aus?

Schrank: Es gibt im Landkreis weit über 100. Seit den 80er Jahren hat man allerdings nicht mehr so sehr auf die Fähigkeit zur Bevölkerungswarnung geachtet.

Der Bevölkerungswarnung?

Schrank: Das sind besondere Töne jeweils für gewisse Notfälle. Das ist irgendwann in den Hintergrund getreten, und so sind viele Sirenen nur noch zur Alarmierung der Feuerwehr geeignet. Aber – insgesamt hat sich viel getan in den vergangenen vier Jahren. Viele Sirenen wurden ertüchtigt. Und so können die Menschen zeitnah das Radio einschalten, um sich auf dem Laufenden zu halten. Gleichzeitig läuft seit ein paar Wochen die Umstellung auf die digitale Alarmierung. Nach Abschluss der Umstellung können dann auch die ertüchtigten Sirenen zur Bevölkerungswarnung genutzt werden. Hier liegt die letztendliche Verantwortung aber bei jeder Gemeinde selbst. Deshalb kann noch von keiner flächendeckenden Bevölkerungswarnung im Landkreis Rosenheim via Sirenen gesprochen werden.

Was hat es damit auf sich?

Schrank: Bislang haben wir auf analoge Technik gesetzt. Auf die Frequenzübertragung mit fest vereinbarten Tonruffolgen für jeden Einsatzbereich. Je nachdem, welcher Empfänger ein gewisses Signal empfangen konnte, hat seine Sirene ausgelöst. Jetzt stellen wir gerade auf digitale Alarmierung um. Gerade führen wir die ein, mit 4200 Pagern als Funkalarmempfängern für die Einsatzkräfte und auch für die Sirenen. Einige Gemeinden schaffen die alten Systeme auf eigene Faust ab. Kolbermoor zum Beispiel will sein Stadtgebiet beschallen, auch wenn es gerade keine Förderung dafür gibt. Also haben sie von sich aus neue Sirenen beschafft, die mit dem digitalen System kompatibel sind.


Seit Russlands Angriffskrieg waren Bunker ein Thema. Wie viele haben wir denn mittlerweile?

Schrank: Im gesamten Landkreis gibt es meines Wissens keine aktiv nutzbaren Bunker mehr.

Ganz normale Bürger legten sich damals Vorratslager an. Aber – wie sorgt man denn tatsächlich am besten vor?

Schrank: Das Wichtigste ist, dass man sich mal in Ruhe hinsetzt und fragt, in welcher spezifischen Situation man lebt. Lebe ich in einem Einfamilienhaus auf dem Land, habe ich eine Landwirtschaft oder lebe ich in einem Mehrfamilienhaus mitten in Rosenheim? Muss ich für andere sorgen? Daraus ergeben sich ganz unterschiedliche Anforderungen. Und dann muss man sich fragen: Wie kann ich mich selbst schützen, wenn ich zwei Tage lang keinen Strom habe? Was fällt dann aus? Die Kommunikationstechnik sicher, aber ist auch das Wasser davon betroffen? Es gibt da Checklisten vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz. Wenn man sich darüber Gedanken macht, ist schon viel getan. Besorgen Sie sich auf jeden Fall Medikamente für eine Woche, Trinkwasser, Verpflegung.

Was ist für den Katastrophenschützer schlimmer: Stromausfall oder Hochwasser?

Schrank: Hochwasser kann ebenfalls brutal und heftig sein. Aber in der Regel ist es auf eine Region begrenzt. Aber Stromausfälle treffen einen unvorbereitet. Da gibt es keine Vorwarnung, und auch die Dauer ist nicht kalkulierbar.

Haben Sie schon mal einen flächendeckenden Ausfall erlebt?

Schrank: Nein, bisher nicht. In Gemeinden immer wieder mal. Im Dezember 2023 beispielsweise in Höslwang. Da waren einzelne Ortsteile bis zu sieben, acht Tage vom Strom abgeschnitten. Aber so unangenehm das ist – in so begrenzten Notlagen kann man immer noch eine Gemeinde weiter zum Einkaufen fahren. Und man kann Strom aus anderen Ortsnetzen einspeisen. Da haben der Landkreis und viele Gemeinden verstärkt investiert. Aber wenn komplette Regionen betroffen sind, dann geht nichts mehr. Und dann denke ich zum Beispiel an Altenheime. Wenn dort zum Beispiel im Winter die Heizung ausfällt, die Küchen kalt bleiben oder im Sommer die Klimaanlage ausfällt. Auch das Thema Hitzebelastung tritt mehr und mehr in den Vordergrund.

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