Bürgerbegehren der Linken Liste Wasserburg
Bürgermeister Kölbl sauer: „Zeitnah neue bezahlbare Mietwohnungen in Wasserburg würden verhindert“
Das Essigfabrik-Gelände in Wasserburg soll an einen Investor verkauft werden. Die Linke Liste ist strikt dagegen. Die Stadt solle das Areal behalten, fordert sie und startet deshalb ein Bürgerbegehren. Warum Bürgermeister Michael Kölbl findet, dass sich diese damit einen Bärendienst erwiesen haben.
Wasserburg – „Im Vorfeld hat sich niemand mit uns in Verbindung gesetzt oder mit mir gesprochen“, macht Bürgermeister Michael Kölbl seiner Verärgerung darüber Luft, dass der Vorstoß der Linken für ihn völlig überraschend kam. Die Linken haben seit 2022 keinen Sitz mehr im Stadtrat (damals wechselte Chris Peiker zur SPD), machen jedoch politisch immer wieder von sich reden: jüngst mit der Forderung, die Kita-Gebühren nicht zu erhöhen. Auch zum Wohnungsmarkt gab es schon Initiativen, wie den Vorstoß für ein Leerstands-Kataster.
Sprecher der Linken Liste Wasserburg (LLW) ist Luca Fischer, vormals Vorsitzender der Jusos Rosenheim-Land. Er hatte in einer Presseerklärung zum geplanten Bürgerbegehren argumentiert: „In Zeiten steigender Mieten und Wohnungsnot ist der Verkauf städtischer Grundstücke an private Investoren das falsche Signal. Kommunen müssen handlungsfähig bleiben.“ Angesichts des Münchener Mietendrucks müsse kommunaler Boden genutzt werden, um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zu sichern, so Fischer.
Gelände gehört nur zur Hälfte der Stadt
Mit dieser Argumentation ist er im Fall Essigfabrik jedoch auf der falschen Spur, findet Kölbl. Ein Gespräch vor dem Start des Bürgerbegehrens hätte gutgetan. Denn die Linke Liste Wasserburg (LLW) zeige mit ihrem Vorstoß, dass sie die Sachlage rund um das Areal nicht kenne, so Kölbl. Das 8.000 Quadratmeter große Gelände, auf dem etwa 80 Mietwohnungen entstehen sollen, gehört zur Hälfte nicht der Stadt, sondern der von ihr verwalteten Heiliggeist-Spitalstiftung. Diese sei an ihren Sitzungszweck gebunden: Er beinhalte keinen allgemeinen Wohnungsbau, sondern die Förderung bedürftiger Familien. Auch deshalb müsse das Grundstück verkauft werden.
Die Linke Liste möchte jedoch genau dies verhindern. Sie fürchtet, dass der Grund zum Spekulationsobjekt für einen privaten Investor wird. Die Stadt solle das Areal behalten, um handlungsfähig zu bleiben. Genau dies sei die Kommune eben nicht mehr, wenn sie nicht verkaufe, sagt Kölbl. Die Stadt sei aufgrund vieler Pflichtaufgaben wie der Grundschulerweiterung, der Errichtung des neuen Feuerwehrhauses und Bauhofes sowie der Kläranlagenmodernisierung mit Gesamtkosten von über 50 Millionen Euro nicht in der Lage, auch ein Wohnungsbauprojekt auf dem Gelände der früheren Essigfabrik zu stemmen. Die Rede sei schließlich von einer Investition in Höhe von 30 Millionen Euro. Die Pflichtaufgaben würden außerdem vorgehen, betont der Bürgermeister.
Potenzieller Käufer Bauherr aus der Region
Der potenzielle Käufer sei zudem ein Bauherr aus der Region, der die Mietwohnungen im Bestand des Familienunternehmens halten werde, also nicht der berüchtigte Spekulant aus der Ferne, der ausschließlich auf schnelles Geld aus ist. Kölbl ist überzeugt: Das Areal an der Essigfabrik biete die Chance, relativ zeitnah, also schnell, neue Mietwohnungen zu schaffen. Etwa die Hälfte soll außerdem zu sozial geförderten Bedingungen angeboten werden, also relativ günstige Mieten anbieten. Nach Abschluss des Baus erhalte die Stadt die Chance, einen Teil des Gebäudekomplexes zu kaufen. Im Sommer sollen die Vertragsentwürfe vom Stadtrat beschlossen werden.
„Wenn die Wasserburger wollen, dass in absehbarer Zeit bezahlbare Mietwohnungen entstehen, sollten sie beim Bürgerbegehren nicht unterschreiben“, so Kölbl. Es tue genau das Gegenteil: „Neuen Wohnraum verhindern.“
Etwa 900 Unterschriften nötig
Die Linke Liste benötigt nach Kölbls Angaben die Unterschriften von neun Prozent der Wahlberechtigten. Das sind etwa 10.000 Bürgerinnen und Bürger. Notwendig wären als rund 900 Unterschriften. Kämen diese zusammen, müsste der Stadtrat über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheiden, aus dem sich im Falle, dass dies so ist, ein Bürgerentscheid an einem Wahlsonntag anschließen würde. Die Realisierung des Bauvorhabens auf dem Gelände der Essigfabrik könnte sich dann deutlich verzögern oder gar vorerst unmöglich werden, warnt Kölbl.
Der Wortlaut des Bürgerbegehrens der Linken Liste Wasserburg
„Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids (Bürgerbegehren): Stopp des Verkaufs des Geländes der ehemaligen Essigfabrik an einen Investor. 1. Das gesamte Gelände der ehemaligen Essigfabrik (Holzofenweg, 83512 Wasserburg) mit den Grundstücken FlNr. 610/11, FlNr. 629/15 und FlNr. 610/6 dürfen nicht an einen Investor verkauft werden und bleiben dauerhaft in städtischem Eigentum. 2. Die Grundstücke dürfen nicht von einem Investor bebaut werden und müssen für eine Wohnbebauung durch die Stadt selbst, eine Genossenschaft oder einen gemeinwohlorientierten Bauträger genutzt werden.“


