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OVB-Exklusivinterview mit Klaus Stöttner

Aiwanger, AfD und Ampel: Warum ein Rosenheimer CSU-Urgestein „Klartext“ fordert

Im Maximilianeum könnte sich der Ton künftig verschärfen. Warum, das verrät der scheidende CSU-Abgeordnete Klaus Stöttner aus Rosenheim.
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Im Maximilianeum könnte sich der Ton künftig verschärfen. Warum, das verrät der scheidende CSU-Abgeordnete Klaus Stöttner aus Rosenheim.

Wie die Selbstanalyse der CSU nach der Landtagswahl ausschauen sollte. Und wie sich das Klima in der Politik verändern wird, das sagt CSU-Urgestein Klaus Stöttner aus Rosenheim im Exklusiv-Interview.

Rosenheim – Die Landtagswahl ist erst ein paar Tage rum, schon kommt‘s zwischen CSU und Freien Wählern zum Streit im Maximilianeum. Hubert Aiwanger von den Freien Wählern bezeichnet die CSU als mädchenhaft, Ministerpräsident Markus Söder empfiehlt, „auf dem Teppich zu bleiben“. Wie man sich schon vor der Landtagswahl in Bayern viel Ärger hätte sparen können, worin Hubert Aiwanger tatsächlich einzigartig ist, und wie sich das Klima in der Politik verändern wird, das sagt CSU-Urgestein Klaus Stöttner aus Rosenheim im Exklusiv-Interview.

Wie sehen Sie den Ausgang der Landtagswahl? Halbwegs ein Erfolg, weil die Koalition halten wird? Oder ein Warnsignal?

Klaus Stöttner: Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, warum die CDU in Hessen mit 8 Prozent gewachsen ist, während wir keinen vergleichbaren Zuwachs verzeichnet haben. Gut, die CDU dort hat keine Freien Wähler, es gab dort keine Flugblattaffäre. Aber das hilft alles nichts – wir haben halt nicht gepunktet. Da stellt sich die Frage, ob die Strategie, die Ampel an den Pranger zu stellen, eine gute Strategie war. Wir hätten deutlicher sagen müssen, was wir selbst bewegen können. Nun können wir nur ernsthaft Selbstanalyse betreiben, wie wir die jungen Wähler dazu bringen zu glauben, dass wir die Zukunft gestalten können. Diese Aufgabe hängt sicher nicht nur an Markus Söder allein, das ist Aufgabe der gesamten Partei.

Wie bewerten Sie den Erfolg der AfD?

Stöttner: Das macht mir große Sorgen, weil sich mittlerweile bei der AfD eine Klientel findet, die sich früher bei der CSU zu Hause fühlen konnte. Ich denke, dass wir zu wenig Klartext gesprochen haben, was Zuwanderung und die Sorgen der Leute betrifft, auch die Wohnungsnot. Da gehört nicht nur geredet, sondern da bedarf es operativer Lösungen. Und unsere Partei muss sich überlegen, für was sie da steht.

Viele in der CSU sehen Hubert Aiwanger immer noch als eine Art CSU-Politiker mit eigenen Nuancen. Wie bewerten Sie ihn?

Stöttner: Man darf Hubert Aiwanger nicht unterschätzen. Man muss ihn in seiner besonderen Art solitär sehen. Wie er da mit Leib und Seele Anliegen verkauft, schwitzend auf der Bühne steht und wie er die Leute mit Emotionen überzeugt, das hat schon was. Man muss sich aber fragen, was er eigentlich ausrichtet. Da ist Vieles dabei, was er nicht umsetzen kann, weil er in Berlin keine Stimme hat. Und weil er Koalitionen und Kompromisse eingehen muss. Er ist bislang einfach verwöhnt, weil er mit uns eine Schnittmenge von 95 Prozent hat.

Wie sehen Sie den Absturz der SPD?

Stöttner: Die SPD war eine wertvolle Volkspartei mit einflussreichen Persönlichkeiten, nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in Bayern. Wir vermissen solche streitbaren Persönlichkeiten wie Renate Schmidt. Ich wünsche mir eine stärkere SPD. Wir haben nicht nur wohlhabende Menschen in Bayern und Deutschland. Da könnte sich die SPD viel stärker einbringen.

Und was denken Sie über das schlechte Abschneiden der FDP?

Stöttner: Es ist schade, dass die FDP nicht besser abgeschnitten hat. Ich glaube, dass Christian Lindner der bayerischen FDP geschadet hat. Viele wünschten sich einen klareren und entschlosseneren Kurs, und den hat die FDP in Berlin nicht geliefert.

Glauben Sie, dass die Freien Wähler ein viertes Ministerium erhalten werden?

Stöttner: Klar ist, dass Aiwanger seine Kompetenzen ausbauen möchte. Ich glaube aber, dass Markus Söder ihm nicht jeden Wunsch erfüllen kann. Sonst sind wir nicht mehr handlungsfähig. Das wird jedenfalls einer der härtesten Verhandlungspunkte. Wenn Markus Söder die Frage nach dem Koalitionspartner doch offen gelassen hätte...

Wie wird die AfD die politische Atmosphäre in Bayern verändern?

Stöttner: Die AfD schaut bereits auf die Europawahlen im nächsten Jahr. Da sie sich europakritisch äußert, erwartet uns ein intensiver Wahlkampf. Wir werden harte Diskussionen führen, besonders da es in Europa keine Fünf-Prozent-Klausel gibt.

Ilse Aigner beim Wählen: Die CSU-Politikerin aus Feldkirchen-Westerham soll wieder Landtagspräsidentin werden.

Welche Chancen sehen Sie, dass die AfD in den neuen Bundesländern bald Regierungsverantwortung übernimmt?

Stöttner: Die Chancen dafür sind leider groß. Es wird wahrscheinlich bald Regierungen geben, die von der AfD dominiert oder zumindest stark beeinflusst werden. Das ist keine erfreuliche Aussicht. Dieser Trend ist nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa zu beobachten. Das wäre eigentlich eine große Chance für die CSU, als hoch angesehene konservative Partei wieder Stärke zu gewinnen. Mit Manfred Weber als Speerspitze wäre das der große Wurf. Auch weil die Welt komplizierter wird, brauchen wir ein Europa in bewährten guten Händen. Was sich gerade in Israel ereignet, wird noch stärker ein Thema werden. Und da wird es sich Europa nicht leisten können, so zögerlich vorzugehen wie nach dem russischen Überfall auf die Ukraine.

Die Europawahlen liegen noch in der Zukunft. Was steht nun in München an?

Stöttner: Also, an echten Stimmen haben wir dazugewonnen. Dennoch ist die klare Aussage: Wir sind nicht zufrieden. Wir müssen bürgerliche Wähler zurückgewinnen. Ilse Aigner soll wieder Landtagspräsidentin werden, Klaus Holetschek Fraktionschef. Und was den vierten Ministerposten für die Freien Wähler angeht: Rechnerisch drängt sich nicht unbedingt auf, dass man ihnen weiter entgegenkommt. Die Freien Wähler sind schon nach der Wahl 2018 gut weggekommen.

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