Festrede des bayerischen Gesundheitsministers
Holetschek in Bad Endorf: „Gute medizinische Versorgung darf kein Privileg der Metropolen sein“
„Wir haben uns in den letzten Jahren zu wenig um die Bedürfnisse der Menschen gekümmert.“ Klaus Holetschek, der bayerische Gesundheitsminister, nahm bei seiner Standortbestimmung des Gesundheitssystems im Bad Endorfer Kursaal kein Blatt vor den Mund. Sein Ziel: Gute, wohnortnahe Versorgung.
Bad Endorf - Er war mal Bürgermeister von Bad Wörishofen, der Klaus Holetschek. Und das merkt man bis heute. Bei der Frühjahrstagung des Bayerischen Heilbäder-Verbandes in Bad Endorf war er in erster Linie der Klaus, langjähriger Vorsitzender des Verbandes. Der Herr Minister blieb vor der Tür. Weitgehend.
Denn in seiner Festrede sparte Holetschek auch die generelle Gesundheitspolitik nicht aus. Ein Knackpunkt: „Als erstes müssen wir die Frage der Pflege lösen. Denn ohne die Menschen, die am Bett stehen, funktioniert keine Krankenhausreform.“ Und die sei, nebenbei bemerkt, auch nicht zum Nulltarif zu haben. Da müsse die Bundesregierung schon Mittel bereit stellen. Entscheidungen vom grünen Tisch in Berlin gehen nach Ansicht von Holetschek sowieso nicht, denn die Bundesländer sind für die Krankenhausplanung zuständig. Wenn 80 Prozent und mehr der Krankenhäuser defizitär oder gar hoch defizitär seien, so Peter Berek, der Verbandsvorsitzende, sei das eindeutig ein Fehler im System. Der müsse dringend behoben werden.
Ganz wichtig für den bayerischen Gesundheitsminister: „Gute Medizinische Versorgung darf kein Privileg der Metropolen sein.“ Die müsse auch in ländlichen Gebieten geboten werden. Sagte er mitten in einem Landkreis, der nach Aussage seines Landrats mit die größte Klinikbettendichte in Europa hat. In dem viele tausende Arbeitsplätze an Kliniken und Kureinrichtungen hängen.
Bad Endorfs Bürgermeister Alois Loferer sagte, dass die starke Therme, die gute Klinik und die schöne Natur kuren in Bad Endorf nicht zum Selbstläufer machten. Da müsse - auch in Netzwerken wie dem Heilbäder-Verband oder dem Chiemsee-Alpenland-Tourismus - durchaus etwas getan werden. Bei allen Unterschieden hätten die Bäder doch ein übergeordnetes gemeinsames Ziel. Und darauf müssten sie auch bei der Frühjahrstagung im Jubiläumsjahr - der Heilbäderverband ist heuer 75 Jahre alt - hinarbeiten. Taten die Teilnehmer und verschwanden nach dem offiziellen Teil in Workshops. Unter anderem zur Digitalisierung des Kurwesens und zu den Energiekosten.
Wirtschaftsfaktor Bädertourismus
83 Millionen Übernachtungen werden pro Jahr in Heilbädern und Kurorten in Bayern gezählt.
4,9 Milliarden Euro Bruttoumsatz resultieren aus der touristischen Nachfrage
464,8 Millionen Euro Mehrwert- und Einkommenssteuer bekommt der Staat durch Bädertourismus
87.560 Personen beziehen ein durchschnittliches Haupteinkommen durch den Bädertourismus
2,5 Milliarden Euro direktes und indirektes Einkommen kommen aus der Tourismuswirtschaft
59,90 Euro gibt jedes Gast durchschnittlich am Tag aus
Quelle: Studie „Wirtschaftsfaktor Tourismus in den Kurorten und Heilbädern Bayerns“ ,2019; gefördert vom bayerischen Wirtschaftsministerium
Die Corona-Pandemie habe schonungslos gezeigt, wo das deutsche Gesundheitssystem Probleme hat, so Holetschek. Die Frage, die sich ihm in diesem Zusammenhang aufdränge: „Wie machen wir die Menschen widerstandsfähiger gegen Krisen?“ Da seien die bayerischen Heilbäder der perfekte Ansprechpartner. Denn für ihn gehe Prävention vor, die Reha komme deutlich danach. Deswegen müsse die Politik auch das betriebliche Gesundheitsmanagement stärken, so Holetschek.
Ich will nicht wissen, dass es nicht geht. Ich will wissen, wie es geht.
Gut und schön, befand Berek, aktuell Landrat in Wunsiedel, vorher Bürgermeister und Kurdirektor in Personalunion in Bayerns kleinstem Heilbad, Bad Alexandersbad. Dann könne es aber nicht sein, dass die Krankenkassen immer geiziger würden bei der Zusage von präventiven Kuraufenthalten. Und im Gegenteil noch Prämien an die Versicherten auszahlen, die eben keine Prävention betreiben.
Solches Verhalten der Krankenkassen und die aktuellen Gedankenspiele zur Krankenhausreform brächten die Heilbäder und Kurorte ins Schlingern, so der Verbandsvorsitzende. Zumal sich die Kostenstrukturen ja ohnehin schon durch den Ukraine-Krieg massiv geändert hätten. Aber, so Berek: „Wir sind zäh und wir sind zukunftsorientiert. Mit uns kann und muss man rechnen.“
