Ab dem Schuljahr 2026/27
Anspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen: Können das die Gemeinden am Chiemsee stemmen?
Wie steht es um den Ausbau der Ganztagsbetreuung? Ab dem Schuljahr 2026/27 haben Eltern von Grundschulkindern Anspruch darauf. Wie die Betreuungsangebote im Chiemgau ausgelastet sind und welche Herausforderungen es gibt – Wir haben uns umgehört.
Prien/Bernau/Breitbrunn – „Zweifelsohne sind die Personalgewinnung und die Bereitstellung von geeigneten Räumlichkeiten drängende und zentrale Aufgaben”, sagt eine Sprecherin des Bayerischen Kultusministeriums auf Anfrage. Am 10. September beginnt die Schule. Eltern von Grundschulkindern, die berufsbedingt nicht am Nachmittag auf diese aufpassen können, nutzen dann gerne ein Angebot der Ganztagsbetreuung.
Von den rund 522.000 Kindern im Grundschulalter (6-10 Jahre) in Bayern besuchten im vergangenen Schuljahr rund 58 % eine Form der ganztägigen Betreuung, heißt es weiter von der Sprecherin. Darunter fallen offener und gebundener Ganztag, Mittagsbetreuungen oder die Versorgung in einer Kindertageseinrichtung, wie zum Beispiel einem Hort. Doch es gibt eben ein Problem: In vielen Kommunen fehlt es an Räumlichkeiten oder dem Personal.
Große Nachfrage nach Ganztagsbetreuung
Wie sieht es in der Region aus? In Prien gibt es ein Angebot in der Freien Waldorfschule Chiemgau. Sie bietet ihren Schülern der 1. bis 4. Klassen nach Unterrichtsende eine Mittagsbetreuung bis 16 Uhr.
Kinder, welche die Grundschule Franziska-Hager in Prien sowie die Außenstelle in Wildenwart besuchen, bekommen nach Unterrichtsende eine Ganztagsbetreuung im „Haus für Kinder Franziska-Hager“ in Prien. Vier Gruppen von je 25 Grundschülern wurden dort im vergangenen Schuljahr betreut, hieß es vonseiten der Einrichtung. Einige Grundschüler wurden aber auch im Katholischen Kindergarten St. Irmengard betreut, wie Petra Süsens, Leiterin des Priener Ordnungsamts auf Nachfrage sagt. Sie fügt hinzu: „Wir bemühen uns immer sehr, einen Platz zu finden, und oft tut sich dann auch noch was, aber dass alle einen Platz bekommen, ist nicht möglich.”
An der Grundschule Bernau am Chiemsee befindet sich direkt nebenan ein Gebäude, in dem für die Schüler eine Mittagsbetreuung angeboten wird. Auch hier werden die Kinder aber nicht nur Mittags, sondern ebenso am Nachmittag betreut. Von den gut 200 Schulkindern haben im vergangenen Schuljahr etwa 120 dieses Angebot angenommen, jedoch nicht alle täglich, wie Bernaus Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber erklärt. 2020 wurde das dafür vorgesehene Gebäude räumlich aufgestockt, um mehr Platz zu schaffen, dennoch können nicht alle Kinder, die eine Ganztagsbetreuung benötigen, dort untergebracht werden.
In der Grundschule Breitbrunn-Gstadt a. Chiemsee wird eine Mittagsbetreuung angeboten – täglich von 11 Uhr bis 13 Uhr, heißt es auf der Homepage der Schule. Diese Betreuung wird vom Förderverein der Grundschule angeboten. Von den knapp 80 Grundschülern haben rund 60 Kinder im vergangenen Schuljahr dieses Angebot angenommen, erklärt Breitbrunns Bürgermeister Anton Baumgartner. Wer darüber hinaus noch eine Nachmittagsbetreuung benötigt, wird mit dem Bus ins Kinderhaus St. Johannes in Gstadt gebracht, wo es auch ein Mittagessen gibt. „Hier wurde vergangenes Schuljahr eine Gruppe von 15 Grundschülern betreut”, sagt Baumgartner. Da die Einrichtung saniert und erweitert wurde, könnte dort noch eine zweite Gruppe unterkommen.
Rechtsanspruch bringt Herausforderungen
Wie viele Grundschüler im kommenden Schuljahr eine Ganztagsbetreuung benötigen werden, darüber könne man in den Gemeinden noch keine Aussagen machen. Doch bald kommt eine neue Herausforderung auf sie zu: der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung.
Wie die Sprecherin des Bayerischen Kultusministeriums mitteilt, wird dieser ab dem Schuljahr 2026/2027 für Kinder im Grundschulalter eingeführt. Zuerst nur für die Kinder der ersten Klassen, in den Folgejahren soll er aber um jeweils einen Jahrgang erweitert werden. „Ab dem Schuljahr 2029/2030 gilt der Rechtsanspruch dann für alle Kinder im Grundschulalter.”
In Prien sieht man einen Neubau in Wildenwart als mögliche Lösung. Hier entsteht ein Kinderhaus, das eine Krippe, einen Kindergarten und einen Hort enthalten soll. Genutzt wird das Haus dann von den Gemeinden Frasdorf und Prien. Die Eröffnung ist laut Petra Süsens, Leiterin des Priener Ordnungsamts, für September 2025 geplant.
In Breitbrunn macht man sich keine Sorgen, dass man diesem Anspruch aufgrund der verfügbaren Plätze nicht gerecht werde. Bürgermeister Anton Baumgartner sieht jedoch eine andere Herausforderung: genügend Personal für die Betreuung zu bekommen. Für das kommende Schuljahr würden bereits Kräfte für die Mittagsbetreuung wegfallen. „Da müssen wir dann schauen, wie die Anmeldezahlen sind und ob wir noch alle Kinder aufnehmen können”, sagt Baumgartner. „Und wenn dann der Rechtsanspruch gilt, dann müssen wir schauen, wie wir genügend Personal auch für die Ferienzeiten stellen.”
Denn der Rechtsanspruch besteht Montag bis Freitag im Umfang von bis zu acht Stunden täglich – in Unterrichts- sowie auch in Ferienwochen, teilt eine Sprecherin des Bayerischen Familienministeriums mit. In den Schulferien kann über das Landesrecht eine Schließzeit von bis zu vier Wochen verankert werden.
Auch Bernaus Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber erklärt, dass es bezüglich der Betreuung in den Ferien noch Gespräche geben werde. Bezüglich der Räumlichkeiten soll es eine Aufteilung geben. In dem Gebäude, wo aktuell die Mittagsbetreuung stattfindet, wird es ab 2026 die Freizeitbetreuung geben, „in den Klassenzimmern der Grundschule findet dann die Hausaufgabenbetreuung statt”.
Die Sprecherin des Familienministeriums teilt weiter mit, dass die Staatsregierung außerdem ein Gesamtpaket zum Ausbau der Ganztagsbetreuung vorgelegt habe, mit dem sie den Städten, Märkten und Gemeinden bei der Umsetzung des Ganztagsausbaus weitere Unterstützung bietet. Für jeden Ganztagsplatz für Grundschulkinder, den die Kommunen bis zum Jahr 2029 schaffen, garantiere der Freistaat zum Beispiel eine finanzielle Unterstützung bei den Investitionskosten. Auch die Förderung von Um- und Erweiterungsbauten im Hortbereich werde erleichtert.
