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Gemeinderat in Soyen

„Fühle mich verarscht“: Soyener Gemeinderat sieht sich wegen Flüchtlings-Unterkunft übergangen

Das Haus am See in Soyen, ein seit 2017 geschlossenes Hotel, soll in eine Flüchtlingsunterkunft umgewandelt werden.
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Das Haus am See in Soyen, ein seit 2017 geschlossenes Hotel, soll in eine Flüchtlingsunterkunft umgewandelt werden.

Große Diskussionen gibt es in Soyen wegen der geplanten Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Hotel „Haus am See“. Auch der Gemeinderat ist über das Vorgehen des Landratsamts erzürnt. Warum sich das Gremium übergangen fühlt und sogar findet: „So geht man nicht mit Bürgern um.“

Soyen – Es ist das vorherrschende Thema in Soyen: die geplante Flüchtlingsunterkunft im leerstehenden Hotel „Haus am See“. Rund 80 Asylbewerber sollen dort einziehen. Bei einer Bürgerversammlung am 16. November stand Landrat Otto Lederer den Soyenern Rede und Antwort. Es war eine emotionale Zusammenkunft, in der die Einwohner ihre Bedenken zum Ausdruck brachten.

Emotional war auch die jüngste Sitzung des Gemeinderats. Eigentlich hätte das Gremium das gemeindliche Einvernehmen zur Umnutzung des Hotels in eine Flüchtlingsunterkunft erteilen sollen. Eigentlich. Doch aufgrund einer versäumten Frist sei dies nicht mehr möglich, wie Bürgermeister Thomas Weber (GWS) in der Sitzung erklärte.

Der Grund: Aufgrund des „hohen öffentlichen Interesses“ hatte der Bauausschuss den Tagesordnungspunkt auf die nächste Sitzung des Gemeinderats verschoben, um darüber im gesamten Gremium abzustimmen. Der Ausschuss hielt sich laut Weber an die „bekannten Fristvorgaben“. Allerdings sei der Verwaltung am 20. Oktober mitgeteilt worden, dass in diesem Fall das Baugesetzbuch greife und die Frist zum Zeitpunkt der Bauausschuss-Sitzung bereits verstrichen gewesen sei. Somit sei das gemeindliche Einvernehmen erteilt, erklärte der Rathauschef.

Keine Gelegenheit, Stellung zu nehmen

Das Problem: Von der Frist habe niemand gewusst. Zwar hätte das Gremium nur aus „bauplanungsrechtlicher Sicht“ über den Nutzungsantrag des Hotels zu einer Asylunterkunft abstimmen dürfen, dennoch sei der Kommune so die Gelegenheit verwehrt worden, zu der Thematik Stellung zu nehmen, erklärte Weber. „Ich komme mir schon ein bisschen verarscht vor“, brachte es Johann Hinterberger (GWS) auf den Punkt. „Jeder Beschluss wird vom Landratsamt geprüft und zerpflückt. Über diese Frist sind wir gestolpert, weil wir es nicht wussten. Das ist für mich ein Taschenspielertrick“, sagte er. „Ich weiß, dass wir den Beschluss in diesem Fall rechtlich gesehen nicht in der Hand haben, aber die Art und Weise, wie wir hier vorgeführt worden sind, ist für mich nicht in Ordnung. Für alles andere bekommen wir Informationen, aber für heikle Themen nicht? Das kann ich nicht akzeptieren“, so Hinterberger.

Dem schloss sich Martin Krieg (GWS) an: „Das Landratsamt hat uns hintergangen, sondergleichen. Die Behörde wusste von der Frist und hätte uns davon in Kenntnis setzen können. So geht man nicht mit Bürgern um“, schimpfte Krieg. Er beanstandete ebenfalls, dass es vonseiten des Landratsamts vor einiger Zeit geheißen habe, die Container-Anlage, in der die Gemeinde Geflüchtete beherberge, komme weg. „Und jetzt kommen noch mehr Asylbewerber zu uns“, so Krieg.

„Das ist so nicht in Ordnung“

„Wir haben der Behörde erklärt, dass es zu viele Geflüchtete sind, die die Gemeinde unterbringen soll“, erläuterte Weber. „Wir können nur darauf einwirken. Die Entscheidung liegt nicht bei uns“, so der Bürgermeister, woraufhin Krieg entgegnete: „Dann können wir über gar nichts bestimmen – und dann ist auch der Bürger nichts wert“. Auch Peter Müller (BLS) zeigte sich erzürnt über das „linke Vorgehen“ des Landratsamts. „Es spielt keine Rolle, ob es sich um zwei oder 80 Asylbewerber handelt. Das ist so nicht in Ordnung. Wir sollten das bei jeder Gelegenheit kundtun“, meinte er. Ludwig Maier (BLS) schlug vor, „noch einen Schritt weiterzugehen“ und rechtliche Schritte einzuleiten. „Unsere Stimme wird durch die Behörde ersetzt. Wir sollten klagen“, sagte er.

Der Bürgermeister erklärte, dass dies nicht möglich sei, da „der Beschluss gefallen und die Frist verstrichen“ sei. Dem schloss sich Dr. Tassilo Singer (GWS) an. „Die Rechtskraft ist verbraucht, deswegen ist eine Klage unsinnig. Sobald der Vertrag zwischen Landratsamt und Hotelbesitzer unterschrieben und rechtskräftig ist, ist die Sache abgeschlossen“, erläuterte er. „Im Endeffekt hätten wir sowieso nichts mehr machen können. Irgendwo müssen wir die Geflüchteten auch unterbringen“, meinte Singer.

Das sah Afra Zantner (GWS) ähnlich. „Wir bewegen uns in einer Dauerschleife juristischer Feinheiten“, sagte sie. „Die Sache ist durch. Letztendlich hätten wir uns sowieso dafür bekennen müssen“, war ihre Meinung. Einen Schritt weiter ging Christine Böhm (BLS), die sich gezwungen sah, „eine Lanze für Landrat Lederer zu brechen“. „Er hat in der Bürgerversammlung das Vorgehen erklärt, alles offen dargelegt und war absolut zugänglich. So einen ehrlichen und geradlinigen Politiker habe ich noch nie erlebt“, verdeutlichte Böhm.

„Moralisch nicht in Ordnung“

Müller erwiderte, dass es ihm nicht „ums Rechtliche“ gehe, sondern darum, wie „die Sache vonstattengegangen“ sei. „Das Landratsamt ist nicht offen damit umgegangen“, begründete er erneut seine Meinung, der sich Frieder Meidert (GWS) anschloss. „Rechtlich war es vielleicht in Ordnung, moralisch nicht“.

Peter Thaller (GWS) schlug vor, den vorliegenden Beschlussvorschlag abzuändern und die Bedenken des Gemeinderats miteinzubringen. Der Vorschlag fand Anklang beim Gremium und wurde wie folgt formuliert: Der Gemeinderat Soyen möchte keinen Beschluss über das gemeindliche Einvernehmen zum Antrag auf Nutzungsänderung des Hotels zu einer Asylunterkunft fassen. Die Niederschrift zur Bürgerinformationsveranstaltung wird dem Landratsamt zugestellt. Landrat Otto Lederer hat zugesagt, dass die hierin aufgeführten Ausführungen zu allgemeinen Bedenken und Einwänden in Bezug auf die Unterbringung Asylsuchender in der Gemeinde Soyen in die weiteren Planungen mit einfließen und im Verfahren angemessen berücksichtigt werden. Der Gemeinderat sprach sich mit zwei Gegenstimmen dafür aus.

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