Gemeinderat wehrt sich
500 Flüchtlinge in Rott: So will die Gemeinde die Lagerhallen-Pläne stoppen
Bis zu 500 Flüchtlinge sollen in einer Lagerhalle im Rotter Gewerbegebiet untergebracht werden. Doch der Landkreis hat die Rechnung ohne den Gemeinderat Rott gemacht. Der hat einige Tricks auf Lager.
Rott – Die Gemeinde Rott will sich mit allen Mitteln gegen die Sammelunterkunft für Flüchtlinge im eigenen Gewerbegebiet wehren, das hatte Bürgermeister Daniel Wendrock (parteifrei) schon vor Wochen angekündigt. Nun wird es konkret: Im Gemeinderat wurden einige Maßnahmen beschlossen, mit denen die Pläne des Landratsamts gestoppt werden sollen.
Gut gefüllt war der Sitzungssaal. Das Zuschauerinteresse an der Sitzung war groß, unter anderem Vertreter der Bürgerinitiative „Rott Rotiert“ waren zusammengekommen. Doch auch am Tisch der Gemeinderäte tummelten sich in der jüngsten Sitzung weitere Menschen. Rechtsanwalt Jürgen Greß von der Partnerschaft der Rechtsanwälte aus München war gekommen. Er ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Sozialrecht sowie Referent für öffentliches Baurecht. Eingeladen war auch der Architekt und Stadtplaner Otto Kurz mit seiner Partnerin Pauline Kurz-Müller aus München.
Rahmenplan und Veränderungssperre
Die Idee der Mannschaft, wie die Sammelunterkunft gestoppt werden kann: Ein neuer Rahmenplan soll über das Gewerbegebiet „Am Eckfeld“ gelegt werden, bis dahin gilt eine Veränderungssperre für den Teilbereich rund um die vom Landratsamt angemietete Lagerhalle.
Bürgermeister Daniel Wendrock (parteifrei) erläuterte, dass das Areal als reines Gewerbegebiet den Betrieben die Möglichkeit geben solle, sich zu entwickeln. Dafür habe die Gemeinde die Bebauungspläne aufgestellt, die eine gewerbliche Nutzung festsetzen. Sie enthielten aber keine Festsetzungen zu ausnahmsweise zugelassenen Nutzungen wie Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie Betriebsinhaber und Betriebsleiter oder auch zu Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
Die Untersuchung der tatsächlich vorhandenen Nutzungen in dem Gebiet „Am Eckfeld“ zeigten aber vermehrt Wohnnutzungen in der Form von Betriebsleiterwohnungen, vor allem im nordöstlichen und südöstlichen Bereich des Geltungsbereichs des Rahmenplanes. Hierin sehe die Gemeinde eine Zweckentfremdung. Hinzu kommt die vom Landratsamt angemietete Gewerbehalle, die als Erstaufnahme von rund 500 Flüchtlingen genutzt werden soll.
„Irrsinn“: Wohnbereich im Gewerbegebiet
Rechtsanwalt Jürgen Greß bezeichnete es als „Irrsinn“, einen Wohnbereich in ein Gewerbegebiet zu setzen. Architekt und Stadtplaner Otto Kurz wurde deshalb mit einer Rahmenplanung beauftragt.
Ziele der Rahmenplanung seien dabei die Stärkung und Schutz der vorhandenen Gewerbeflächen durch Regelungen zum Ausschluss von Nutzungen, die mit gewerblichen Nutzungen in Konflikt stehen können, der Umgang mit dem Bestand von vorhandenen Wohnnutzungen, Realisierung eines Lärmschutzkonzeptes. Wichtig sei die Sicherung von Bestandsbetrieben mit relevantem Gewerbesteueraufkommen und qualifizierten Arbeitsplätzen.
Stadtplaner Kurz betonte, dass alle Maßnahmen sich nicht etwas dagegen richten dürfte. Das wäre eine Negativplanung, die Gemeinden verwehrt sind. Sie seien angehalten, für etwas zu planen. In etwa einem halben Jahr könne der Rahmenplan stehen, schätzte Kurz. Dabei würden auch die Bebauungspläne angepasst.
Sperre gilt für mindestens zwei Jahre
Damit hierfür ausreichend Zeit bleibt, erließ der Gemeinderat eine Veränderungssperre für einen Teilbereich zur Sicherung der gemeindlichen Bauleitplanung. Darin enthalten ist die Flurnummer 1098/3 mit der Gewerbehalle, die das Landratsamt angemietet hatte, um es als Erstaufnahmezentrum für Flüchtlinge zu nutzen.
Rechtsanwalt Jürgen Greß erläuterte, dass eine Veränderungssperre für zwei Jahre gelte. Sie könne aber um ein Jahr verlängert werden. Mit dem Erlass einer Veränderungssperre könne die Gemeinde während des Zeitraums der Aufstellung eines Bebauungsplans die Errichtung von baulichen Anlagen, die den Vorgaben des künftigen Bebauungsplans entgegenstehen würden, ausschließen. Bauanträge müssen nicht mehr behandelt werden.
Die Veränderungssperre trete am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Es bliebe den betroffenen Anliegern oder dem Landratsamt frei, dagegen gerichtlich vorzugehen. Doch Rechtsanwalt Jürgen Gress sah die Veränderungssperre als ausreichend begründet und damit wenig anfechtbar an.
Gemeinderat steht geschlossen
Die Gemeinderäte stimmten geschlossen für das Vorhaben der Rahmenplanung zu. Sie beschlossen ebenso unisono den jeweiligen Aufstellungsbeschluss zur Änderung der drei Bebauungspläne. Außerdem waren sie einstimmig für die Veränderungssperre für den Teilbereich.
Dritter Bürgermeister und Gemeinderat Christoph Sewald (SPD) betonte, dass das Rotter Gewerbe geschützt werden müsse. Es ist mit seinen Arbeitsplätzen und der Gewerbesteuer ein wertvoller Schatz der Gemeinde.