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Anlage bei Feldkirchen-Westerham kommt

Schlafstörungen? Lärmbelastung? Vogelsterben? – So lebt sich‘s in Nachbarschaft zu einem Windrad

Das Windrad im Brucker Gemeindeteil Hamberg im Landkreis Ebersberg ist seit Ende 2016 in Betrieb. Die ersten Wohnhäuser sind nur wenige 100 Meter von der Windkraftanlage entfernt.
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Das Windrad im Brucker Gemeindeteil Hamberg im Landkreis Ebersberg ist seit Ende 2016 in Betrieb. Die ersten Wohnhäuser sind nur wenige 100 Meter von der Windkraftanlage entfernt.

Wie lebt es sich wirklich mit einem Windrad? Diese Frage stellen sich viele Feldkirchen-Westerhamer, nachdem sie nun bald die Windkraftanlage Riedholz als Nachbarn bekommen. OVB hat sich im Nachbarlandkreis Ebersberg umgehört. Dort dreht sich das Windrad Hamberg seit 2016.

Feldkirchen-Westerham/Bruck – Wer hinter Hohenthann bei Tuntenhausen, kurz vor der Landkreisgrenze, seinen Blick in Richtung Norden richtet, dem sticht zum ersten Mal das Bauwerk ins Auge: Dort, knapp vier Kilometer Luftlinie entfernt, ragt das Windrad Hamberg bei Bruck (Landkreis Ebersberg) mit einer Gesamthöhe von 179 Metern in den Himmel. Ein Windrad, das vor seiner Realisierung – wie aktuell bei einigen Bürgern in Feldkirchen-Westerham – diverse Ängste und Befürchtungen ausgelöst hat. Doch wie lebt es sich tatsächlich in direkter Nachbarschaft zu einer Windkraftanlage? Ein Besuch im Brucker Ortsteil Hamberg.

Ein Blickfang am Rande des kleinen Weilers

„Was? Das Windrad in Feldkirchen-Westerham soll noch rund 70 Meter höher werden, als unser Windrad?“ Albert Kellerer senior, der an diesem Montagnachmittag vor seinem landwirtschaftlichen Anwesen in Hamberg steht, kann die Dimension, die die Windkraftanlage Riedholz in einem Waldstück zwischen Großhöhenrain und Elendskirchen haben soll, zunächst gar nicht glauben. Hat doch das Hamberger Windrad nur eine Höhe von rund 150 Metern – und ist mit dieser Größe schon ein absoluter Blickfang am kleinen Weiler.

Was für Kellerer senior aber überhaupt kein Problem ist. „Mich stört es nicht“, sagt der Landwirt. „Das ist mir lieber, als wenn dort ein Atomkraftwerk stehen würde.“ Seit gut sieben Jahren lebt der Hamberger nun in Nachbarschaft zum Windrad. An die Argumente gegen die Anlage kann er sich noch gut erinnern. So hatten Kritiker im Vorfeld beispielsweise vor Schlafstörungen und einer hohen Lärmbelästigung durch die Bewegung der Rotoren gewarnt.

Das Hamberger Windrad dreht sich nur wenige 100 Meter von den Wohnhäusern des Brucker Weilers entfernt.

Eingetreten ist davon nichts, wie Kellerer senior sagt. „Selbst das komische Flapp-Flapp-Flapp-Geräusch, von dem zunächst die Rede war, hören wir nicht“, sagt der Landwirt, dessen Anwesen rund 500 Meter vom Windrad entfernt liegt. „Die Flugzeuge, die vom Münchner Flughafen im Erdinger Moos starten und uns dann überfliegen, sind da wesentlich störender.“ Sein Sohn, der mit Vornamen ebenfalls Albert heißt, kann seinem Vater nur beipflichten. „Die Anlage ist nur ganz selten, und dann nur ganz leise zu hören“, sagt Kellerer junior. „Und dann muss es schon ganz leise sein. Da darf kein Auto auf der Straße unterwegs sein.“ Im Haus selbst sei vom Windrad nie etwas zu hören.

Nachts „wie ein leichtes Meeresrauschen“

Knapp 100 Meter weiter in Richtung der Anlage wohnt Thomas Mair, dessen Schlafzimmer sogar in Richtung Windrad liegt. „Wenn ich nachts die Fenster geöffnet habe, dann höre ich hin und wieder ein leises Rauschen“, sagt der junge Mann. „Mich stört das aber überhaupt nicht. Das hört sich für mich eher wie ein leichtes Meeresrauschen an.“ Er selbst habe bislang jedenfalls noch keine negativen Auswirkungen des stromerzeugenden Bauwerks gespürt.

Nach Angaben von Landwirt Albert Kellerer senior seien die Kritiker der Anlage auch nicht im Weiler Hamberg direkt am Windrad, sondern eher in den umliegenden Brucker Gemeindeteilen zu finden. Was laut dem Hamberger damit zu tun haben könnte, dass die dortigen Brucker nicht selbst an der Windkraftanlage beteiligt sind. „Die Akzeptanz für eine derartige Anlage ist sicherlich höher, wenn man selbst finanziell daran beteiligt ist und sich dadurch wahrscheinlich auch mehr damit auseinandersetzt“, so die Theorie des Landwirts, der selbst Anteile an der Windkraftanlage, betrieben durch die Windenergie Osterkling GmbH & Co KG, besitzt. Er jedenfalls habe nicht die Erfahrung gemacht oder gehört, dass „Kühe in der Nähe des Windrads weniger Milch geben“, wie manch Landwirt aus der Region behauptet hätte.

Bruck vs. Feldkirchen-Westerham: Das sind die Unterschiede der beiden Windrad-Modellen

Deutlich höher, aber nicht lauter: So lautet das Fazit eines Vergleichs zwischen der bereits bestehenden Windkraftanlage in der Gemeinde Bruck im Landkreis Ebersberg und der geplanten Anlage in Feldkirchen-Westerham, die die Brucker Anlage um rund 70 Meter überragen wird. Beide Anlagen stammen vom Hersteller Enercon, der 1984 im niedersächsischen Aurich gegründet worden war.

Die Anlage in Hamberg bei Bruck trägt die Modellbezeichnung E-82, ist 179 Meter hoch und einen Rotordurchmesser von 82 Metern. Die Nennleistung, also die bestmögliche Leistung bei perfekten Windbedingungen, wird mit maximal 2300 Kilowattstunden pro Stunde angegeben, der Schallleistungspegel der Anlage liegt bei maximal 106,0 Dezibel.

Bei der Anlage, die in Feldkirchen-Westerham errichtet wird, handelt es sich um das Modell E-160 EP5 mit einer Gesamthöhe von 246,5 Metern sowie einem Rotordurchmesser von 160 Metern. Die Nennleistung bei dieser Anlage ist seitens des Herstellers mit 5560 kW pro Stunde angegeben, der Schallleistungspegel mit maximal 106,8 Dezibel.

„Solche Behauptungen sind absolute Fake-News“, sagt Sepp Biesenberger, Kreisvorsitzender des Bundes Naturschutz Ebersberg, und kann über derartige Gerüchte nur schmunzeln. Biesenberger selbst wohnt in Brucks Nachbarstadt Grafing, gut drei Kilometer Luftlinie von Hamberg entfernt. Er beschäftigt sich nach eigenen Angaben seit rund 20 Jahren mit dem Thema Windenergie und unterstützt vollends die derzeit geltende Losung des Bundes Naturschutz, die „mit Bedacht“ auch eine „Naturzerstörung“ zulasse, wenn auf der anderen Seite „ein Beitrag zum globalen Klimaschutz“ geleistet werde.

Zwar habe der Bund Naturschutz damals den Windrädern im Landkreis Ebersberg „mit Bauchgrimmen“ zugestimmt. Letztlich ginge es ja aber darum, immer abzuwägen, ob die geringen Nachteile für die Natur durch die Vorteile deutlich aufgewogen werden. Und dazu hat Biesenberger eine klare Meinung: „Es ist lächerlich, wenn man jedes einzelne Gegenargument dann so hoch gewichtet, dass es ein sinnvolles Projekt zu Fall bringt.“

Gefahr für die Tiere? „Die sind viel schlauer, als wir denken.“

Auch Thesen von Windrad-Kritikern, unzählige Vögel fänden durch Windräder den Tod, hält der BN-Vorsitzende für völlig überzogen. Zumal es bei der Anlage in Hamberg „überhaupt keine Probleme“ damit gebe. „Auch das sind Fake-News“, sagt Biesenberger. „Die Tiere sind nämlich viel schlauer, als wir oftmals denken.“ Klar könne es in Ausnahmefällen vorkommen, dass ein abgelenktes Tier einem Windrad zu nahe komme und durch die Rotoren sogar getötet werden, aber: „Wenn ein Mensch aufs Handy schaut und dadurch einen Unfall baut, dann verbiete ich ja auch nicht das Autofahren.“

An der Gemeindegrenze zwischen den Gemeinden Bruck und Moosach – genauer gesagt zwischen den beiden Weilern Fürmoosen und Taglaching – wird derzeit sogar ein weiteres Windrad errichtet, das dann eine Höhe von 228 Metern haben wird – also nahezu die Dimensionen der Feldkirchen-Westerhamer Anlage. Was Brucks Bürgermeister Josef Schwäbl persönlich davon hält, dazu will der CSU-Politiker auf OVB-Anfrage keine Angaben machen. Ihm sei wichtig, „dass derartige Projekte im Sinne der Gemeindebürger entschieden werden“. Ob seitens der Bürger zum bereits bestehenden Windrad viele Beschwerden an ihn oder die Gemeindeverwaltung herangetragen werden, dazu kann Schwäbl aber eine klare Aussage treffen: „Nein, überhaupt nicht. Das Windrad bereitet keine Probleme.“

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