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Fall im Jahr darauf vor Gericht

Ein „Exorzist“ und Zuhälter: 18-Jähriger ruinierte 1974 mit deren Tochter (15) Rosenheimerin

Kurz nach Weihnachten 1974 machte die Polizei dem Spuk ein Ende: Ein 18-Jähriger hatte zusammen mit deren 15-jähriger Tochter eine Frau um 38.000 Mark gebracht. Inspiriert vom damals kurz zuvor in den Kinos gestarteten Horror-Klassiker „Der Exorzist“ hatten sie ihr vorgetäuscht, dem Mädchen müsse im Gegenzug für viel Geld ein Dämon ausgetrieben werden. Vor Gericht kamen dann noch weitere kriminelle Aktivitäten des jungen Mannes ans Licht.
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Kurz nach Weihnachten 1974 machte die Polizei dem Spuk ein Ende: Ein 18-Jähriger hatte zusammen mit deren 15-jähriger Tochter eine Frau um 38.000 Mark gebracht. Inspiriert vom damals kurz zuvor in den Kinos gestarteten Horror-Klassiker „Der Exorzist“ hatten sie ihr vorgetäuscht, dem Mädchen müsse im Gegenzug für viel Geld ein Dämon ausgetrieben werden. Vor Gericht kamen dann noch weitere kriminelle Aktivitäten des jungen Mannes ans Licht.

Kurz nach Weihnachten 1974 machte die Polizei dem Spuk ein Ende: Ein 18-Jähriger hatte zusammen mit deren 15-jähriger Tochter eine Frau um 38.000 Mark gebracht. Inspiriert vom damals kurz zuvor in den Kinos gestarteten Horror-Klassiker „Der Exorzist“ hatten sie ihr vorgetäuscht, dem Mädchen müsse im Gegenzug für viel Geld ein Dämon ausgetrieben werden. Vor Gericht kamen dann noch weitere kriminelle Aktivitäten des jungen Mannes ans Licht.

Rosenheim - „Viermal verfolgte eine 15-jährige Schülerin aus dem Landkreis Rosenheim gebannt die dämonischen Szenen in dem Film ‚Der Exorzist‘. Dann schlüpfte das Mädchen in die Rolle der jugendlichen Hauptdarstellerin und gaukelte seiner Mutter vor, vom Teufel besessen zu sein. Die Schülerin schlug Lampen von der Decke, zertrümmerte Geschirr und krümmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden. Ziel des Theaters war, von der Mutter, die an einer unnatürlichen Angst vor allem Bösen und dem Schlechten im Menschen litt, Geld zu erpressen“, berichtete das OVB in seiner Ausgabe vom 4. Januar 1975, „Der Freund des Mädchens trat als Teufelsaustreiber auf und erhielt dafür von der alleinstehenden Frau im Laufe von sechs Wochen 38 000 Mark. Das Geld verputzte das Pärchen restlos.“

In der Rubrik „Die Rosenheimer Kinos zeigen“, war der Film bei seiner Premiere in der Region in der Ausgabe vom 2. November 1974 als „bemerkenswert“ vorgestellt worden. „Der Exorzist“ war bereits im Dezember 1974 in den USA in die Kinos gekommen, im Jahr darauf war er dann auch in europäischen Kinos zu sehen, wo er für allerhand Aufregung sorgte. „Riechsalz fürs Publikum. Schreckensszenen bei Europapremiere des ‚Exorzisten‘“, so etwa die Überschrift eines Artikels in der österreichischen „Kronen Zeitung“ vom 27. Februar 1974.

Ein „Exorzist“ und Zuhälter: 18-Jähriger ruinierte 1974 mit deren Tochter (15) Rosenheimerin

Was genau nun aber geschehen war, erfuhren die OVB-Leser erst einige Monate später, in der Ausgabe vom 3. Oktober 1975: „ORIS, ‚der Bewahrer des Guten‘, schützte die Raumpflegerin vor NATAS, ‚dem Herrscher des Bösen‘, der sich nach dem Strickmuster des Leinwandschockers ‚Der Exorzist‘ in der Tochter eingenistet hatte. Um teuflischem Unheil zu entgehen, machte die Frau in vier Wochen 38.000 Mark locker. ORIS, ein 19-jähriger Rosenheimer, und die 15-jährige ‚Besessene‘ hatten keine Mühe, das Geld unter die Leute zu bringen. 100 ‚Zorro‘- und ‚Kung-Fu‘-Filme, zwei Collie-Rassehunde und eine Schlangensammlung waren nur die farbigsten Investitionen des Pärchens. Jetzt standen beide wegen räuberischer Erpressung vor dem Rosenheimer Jugendschöffengericht. Er wurde zu zwei, sie zu einem Jahr Jugendstrafe verurteilt.“

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38.000 Mark entsprechen, laut Angaben der Bundesbank, einer Summe von 61.940 Euro. „Als die Polizei kurz nach Weihnachten 1974 zugriff, waren noch 2000 Mark da. Aus dem Erlös der noch verkäuflichen Gegenstände blieben der Frau 700 Mark“, erfahren wir aus dem Bericht vom Oktober 1975, „Am Ende war aber auch die Frau, die noch heute ein nervliches Wrack ist und an den Schulden noch Jahre zu tragen haben wird“, heißt es. „Als Putzfrau in einem Rosenheimer Kaufhaus hatte sie seit eh und je geschuftet, bis es zu einem kleinen Einfamilienhaus in Achenmühle gereicht hatte. Die kargen Ersparnisse waren gleich weg.“ Daher habe sie noch auf das Heim eine Hypothek aufgenommen.

Pfarrer brachte den Fall zur Polizei

„Schon zu Beginn der Teufelei wollte sich die einfältig-gottesfürchtige Frau einem Pfarrer anvertrauen. Der hielt wohl alles für Spinnerei und — so kam es zumindest in der Verhandlung zur Sprache — wollte die Sache nach seinem Urlaub regeln. Wochen später suchte ihn die Frau dann noch einmal auf. Der Pfarrer schaltete jetzt schnell, verständigte den Bürgermeister, der wiederum die Polizei, und der satanische Spuk war zu Ende“, erfahren wir dazu, wie die ganze Sache aufgeklärt werden konnte.

„Dem Verfahren vor dem Rosenheimer Amtsgericht wegen räuberischer Erpressung gegen das Pärchen war ein zweites wegen Zuhälterei gegen den 19-Jährigen und einen gleichaltrigen Freund angegliedert. Die beiden hatten ein 17-jähriges Mädchen aus dem Rosenheimer ‚Milieu‘ auf den Strich geschickt, nachdem die Exorzisten-Quelle in Achenmühle versiegt war. Zwei Wochen wurden in Türkenquartieren Tagesumsätze zwischen 80 und 100 Mark gemacht, die für drei ‚Teilhaber‘ gerade so reichten. Dann gab es Unstimmigkeiten, und das Mädchen verpfiff ihre Zuhälter bei der ‚Sitte‘“, erfahren wir darüber hinaus.

„Der Hauptangeklagte wurde zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, unter Einbeziehung einer alten zehnmonatigen Strafe wegen räuberischer Erpressung von 80 Mark an einem Lehrling, die er zur Zeit gerade verbüßt. Dabei berücksichtigte das Gericht, daß sich der Rosenheimer, der bisher von Arbeit gar nichts hielt, in der Jugendstrafanstalt bislang ausgezeichnet geführt hat. Das Mädchen erhielt ein Jahr Jugendstrafe mit Bewährung. Die inzwischen 16-Jährige geht jetzt in die neunte Klasse der Hauptschule und möchte einmal Krankenschwester werden“, führt der Bericht zum Ende hin aus, „Der Zuhälterkumpan, wegen zahlreicher schwerer Diebstähle mit einer Jugendstrafe in der Bewährung stehend, muß jetzt unter Einbeziehung dieser Strafe 14 Monate absitzen. Dabei spielte für das Gericht weniger das Delikt eine Rolle, als die Tatsache, daß sich der junge Mann in der Bewährungszeit nie ernsthaft darum bemüht hat, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen.“ (hs)

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