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Bauernverband stellt Erntebilanz vor

Die ersten Biolandwirte in der Region werfen das Handtuch: Das sind die Gründe

Feldarbeit am Abend
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Rund 3000 Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe, in denen circa 130.000 Rinder gehalten werden, gibt es in der Stadt und im Landkreis Rosenheim.

Zahlreiche Biobauern im Landkreis Rosenheim stehen wirtschaftlich unter Druck. Erste Betriebe haben bereits aufgegeben und kehren zurück zur konventionellen Produktion. Das sind die Gründe für die Kehrtwende.

Rosenheim - Die Analyse von Josef Andres, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), ist ernüchternd und lässt an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. „Der Bio-Markt ist gesättigt. Viele Leute haben einfach das Geld nicht mehr, sich diese teuren Produkte leisten zu können. Daran ändert sich auch nichts, nur weil der Ampelkoalition 20 bis 30 Prozent Bio-Anteil bei der landwirtschaftlichen Produktion vorschwebt.“ Im Landkreis Rosenheim liegt die Quote derzeit bei etwa 14 Prozent.

Kreisbäuerin Katharina Kern pflichtet Andres bei. „Staatliche Vorgaben bringen nichts, wenn der Markt das nicht hergibt.“ Dass die ersten Biobauern in der Region das Handtuch werfen, ist aus Sicht von Josef Steingraber von der BBV-Kreisgeschäftsstelle in Rosenheim aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine zwangsläufige Konsequenz. „Arbeitsaufwand und Preis passen einfach nicht mehr zusammen.“

Im Großen und Ganzen hat alles gepasst

BBV-Kreisobmann Josef Andres zur Erntebilanz

Neben schmerzlichen Erfahrungen gab es aber durchaus auch erfreuliche Entwicklungen, auf die der BBV im Exclusivgespräch mit den OVB-Heimatzeitungen über die Erntebilanz dieses Jahres zurückblicken konnte. „Im Großen und Ganzen hat alles gepasst“, sagt der BBV-Kreisobmann und ist sich in dieser Einschätzung mit Kern und Steingraber einig.

Was den Wettereinfluss auf die Arbeit der Bauern betrifft, macht Andres heuer nicht zum ersten Mal „unterschiedliche Betroffenheiten im Süden und Norden des Landkreises“ aus. Das Frühjahr sei im Norden zu nass gewesen, die Pflanzen seien teilweise „ersoffen“. Hinzu käme Spätfrost, der sich bis in den Mai hineingezogen habe. Die Bauern im Inntal hätten hingegen mit Hagelschauern und Starkregen und deren Folgen zu kämpfen gehabt.

„Das ist der Wahnsinn, wie negativ sich das in Einzelfällen auf die Erntebilanz ausgewirkt hat“, betont Steingraber. Die Kreisbäuerin weiß, dass der Hagel vor allem bei den Obstbauern große Schäden verursacht habe. Dennoch: „Der Regen war auch Segen für die Pflanzen und gut im Kampf gegen die Borkenkäfer-Plage. Wir freuen uns auch, dass die Grundwasserstände wieder gestiegen sind und sich die Böden sehr gut erholt haben“, beleuchtet Josef Steingraber die zweite Seite der Medaille.

Rund 3000 Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe

Rund 3000 Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe, in denen circa 130.000 Rinder gehalten werden, gibt es in der Stadt und im Landkreis Rosenheim. 62.000 Kühe gäben Milch. „Die Zahlen sind im Vergleich zum Vorjahr ziemlich konstant geblieben“, weiß Steingraber. Kreisbäuerin Katharina Kern stellte insbesondere die große Bedeutung der Milchwirtschaft für die Region heraus. „Wir sind der zweitgrößte Milch-Landkreis in ganz Bayern.“ Erfreulich aus Sicht der Kreisbäuerin, die selber eine Alm bewirtschaftet: „Der Almsommer ist insgesamt gut abgelaufen, auch wenn es zum Teil Probleme mit Murenabgängen und Überschwemmungen gegeben hat.“

Bauerndemos: Kommt es im Winter zu neuen Protesten?

Als großen Erfolg werteten die BBV-Vertreter die zahlreichen Demonstrationen, bei denen die Bauern zu Beginn des Jahres ihrem Unmut über die politischen Rahmenbedingungen für ihre Arbeit freien Lauf ließen. Neben drei großen Demonstrationen in Bayern und zwei Großkundgebungen in Berlin habe es auch in der Region größere und kleinere Demonstrationen gegeben. Erfreulich sei, dass sich auch andere Berufsgruppen dem Protest der Bauern angeschlossen hätten.

1500 Fahrzeuge bei Sternfahrt

„Bei einer Sternfahrt durch den Landkreis lag die Beteiligung bei 1500 Fahrzeugen“, ruft Josef Steingraber in Erinnerung. „Etwa 500 Traktoren, 170 Lkw und 270 Pkw kamen aus dem Süden, rund 600 Fahrzeuge aus dem Norden“, schlüsselt BBV-Kreisobmann Josef Andres die Zahlen auf. „Die Unterstützung für uns war deshalb so groß, weil wir immer geschaut haben, dass wir die Bevölkerung mitnehmen“, resumiert Kreisbäuerin Katharina Kern. „Wir waren Schulter an Schulter mit den Menschen“, so Kern.

Steingraber stellt Politik „Armutszeugnis“ aus

Dass insbesondere der Mittelstand mit den Bauern so gut „mitgezogen“ habe, wertet Josef Steingraber als besonders positiv. Dennoch differenziert er. „In Europa sind unsere Forderungen durchaus angekommen,“ bilanziert er. Unter anderem habe die EU geplante Flächenstilllegungen zurückgenommen und Anbauplanungen vereinfacht. „In Deutschland dagegen ist eigentlich nichts passiert, was uns Erleichterung bringt. Es ist ein Armutszeugnis, dass unser Signal in Berlin so verpufft ist“, sagt er.

Kreisbäuerin Katharina Kern pflichtet ihm bei. „Wir haben in der Gesellschaft viel Verständnis für unsere Anliegen gefunden, die deutsche Politik hat sich dagegen nicht bewegt.“

Aussagen und Versprechen werden evaluiert

Neue Proteste schließen die BBV-Vertreter nicht aus. „Der Druck bei den Bauern ist weiter da“, räumt Josef Steingraber freimütig ein. Im Herbst werde man die Aussagen und Versprechen der Politik evaluieren und dann weitersehen und die praktischen Ergebnisse bewerten. „Es kann durchaus sein, dass wir im Winter über neue Proteste reden“, meint Steingraber.

Was die Grünfutter-Ernte betrifft, spricht der Kreisobmann von einer sehr guten Bilanz. „Bereits die erste Mahd war hervorragend. Mittlerweile haben die meisten Bauern die fünfte eingebracht.“

48,5 Cent für den Liter Milch

Zufrieden sind die BBV-Vertreter in der Region auch mit dem aktuellen Milchpreis, in den vergangenen Jahren oftmals ein großes Sorgenkind der Betriebe. 48,5 Cent gebe es derzeit als Grundvergütung pro Liter, weiß der Kreisobmann. Das rühre unter anderem daher, dass die Liefermenge im Vergleich zum Vorjahr heuer etwa ein bis 1,5 Prozent geringer sei. Das knappere Angebot stabilisiere den Preis. „Dadurch werden vor allem die kleineren Betriebe gestärkt“, ergänzt Steingraber.

Mit aus ihrer Sicht erfreulichen Fakten warteten die BBV-Vertreter auch vom Schlachtviehmarkt auf. „Der ist praktisch leergefegt. Das nützt den Bauern und wirkt sich positiv auf den Preis aus“, bringt der Kreisobmann die aktuelle Situation auf einen kurzen Nenner. Bei Schweinefleisch liege der Kilopreis derzeit etwa bei 2,20 Euro, bei Kühen sei er in den vergangenen Wochen von 4,20 auf 4,39 Euro gestiegen.

Fleisch wird knapper

Josef Steingraber von der BBV-Kreisgeschäftsstelle

„Fleisch wird knapper. Die Preissteigerungen tun den Bauern gut, sind aber nicht gigantisch.“ So schätzt Josef Steingraber die Entwicklung ein. Die Verknappung des Angebots habe auch damit zu tun, dass nach wie vor Betriebe aufgäben, erläutert Josef Andres. „Es gibt beispielsweise kaum noch Ferkelerzeuger“, weist der Kreisobmann auf ein großes aktuelles Problem hin.

Was den Eierabsatz betrifft, macht Kreisbäuerin Katharina Kern hingegen eine Beobachtung, der sie nur Positives abgewinnen kann. „In immer mehr Supermärkten gibt es Eier aus regionaler Produktion. Das freut uns natürlich sehr.“

Rund 67.700 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche in der Region

Fast schon gebetsmühlenartig tritt der Bauernverband Jahr für Jahr der Annahme entgegen, der Anteil des Maisanbaus an der landwirtschaftlichen Gesamtfläche im Landkreis Rosenheim sei zu groß. In Stadt und Landkreis Rosenheim gibt es nach seinen Angaben derzeit rund 67.700 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Rund 70 Prozent davon werden als Grünland bewirtschaftet. Von der verbleibenden Fläche werden 52 Prozent als Ackerland genutzt, das auch dem Maisanbau dient. 25 Prozent sind dem Getreideanbau vorbehalten.

„Damit hat sich im Vergleich zum Vorjahr eigentlich nichts geändert. „Der Mais ist halt auffällig, weil er eine solch große Pflanze ist. Sein Anteil am Gesamtanbau ist aber sicher nicht übermäßig“, sagt Josef Steingraber.

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